Bayerisches Landesamt für Steuern - S 0335.1.1-1/9

Folgen der Verletzung der Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 3 AO bei Auslandssachverhalten; Festsetzung eines Zuschlages nach § 162 Abs. 4 AO

Bezug: BStBl 2005 I S. 570

1. Allgemeines

Für Wirtschaftsjahre beginnend ab dem ist die o. g. GAufzV zu zitieren, für vorangehende Wirtschaftsjahre ist noch die GAufzV vom (BStBl. 2003 I S. 739) maßgeblich.

Aufzeichnungen i. S. des § 90 Abs. 3 AO sollen regelmäßig nur für Zwecke der Durchführung einer Außenprüfung angefordert werden (vgl. § 2 Abs. 6 GAufzV).

Verstößt der Steuerpflichtige dadurch gegen seine Aufzeichnungspflichten nach § 90 Abs. 3 AO, dass er trotz Anforderung durch das Finanzamt

  • keine Aufzeichnungen,

  • im Wesentlichen unverwertbare Aufzeichnungen oder

  • verwertbare Aufzeichnungen verspätet

vorlegt, ist ein Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO gegen ihn festzusetzen.

Dies gilt auch bei entsprechenden Verstößen in Fällen grenzüberschreitender Betriebsstätten und Personengesellschaften (§ 90 Abs. 3 Satz 4 AO) und in Fällen des § 6 GAufzV, wenn die dort geregelten Pflichten nicht erfüllt werden.

Bei der Bemessung des Zuschlags sind zwei Fallgruppen (vgl. auch Tz. 4.6.3 des a. a. O.) zu unterscheiden:

  • Nichtvorlage von Aufzeichnungen bzw. Vorlage unverwertbarer Aufzeichnungen (§ 162 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO)

    In diesen Fällen ist ein Zuschlag von mindestens 5 v. H. und höchstens 10 v. H. eines positiven Mehrbetrags der Einkünfte aus den Geschäftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen festzusetzen, mindestens jedoch 5.000 €. Innerhalb dieser Grenzen hat die Finanzbehörde den Zuschlag nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen festzusetzen. Der Mindestzuschlag von 5.000 € ist in den Fällen festzusetzen, in denen es zu keiner Berichtigung kommt oder in denen der prozentuale Zuschlag weniger als 5.000 € betragen würde.

  • Verspätete Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen (§ 162 Abs. 4 Satz 3 AO)

    In diesen Fällen ist unabhängig von einer Berichtigung ein Zuschlag von mindestens 100 € für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung, höchstens ein Betrag von 1.000.000 € für alle Fälle verspäteter Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen (s. u. Buchstabe d) je Veranlagungszeitraum festzusetzen.

Für die Festsetzung des Zuschlags ist der Innendienst des Veranlagungs-Finanzamts zuständig, nicht das BP-Finanzamt. Bei der Festsetzung und der rechtlichen Beurteilung des Zuschlags ist Folgendes zu beachten:

  1. Der Zuschlag ist eine steuerliche Nebenleistung gemäß § 3 Abs. 4 AO, der auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer entfällt. Er ist nicht abzugsfähig (§§ 8 Abs. 1 KStG, 4 Abs. 5 Nr. 12 EStG).

  2. Die Festsetzung eines Zuschlags nach § 162 Abs. 4 AO schließt weder die Festsetzung eines Verspätungszuschlags (§ 152 AO) noch die Durchführung eines Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahrens (§§ 369 ff. AO) aus.

  3. Der Zuschlag kann gegen jeden durch § 90 Abs. 3 AO Verpflichteten festgesetzt werden, nicht aber für den gleichen Sachverhalt doppelt, z. B. gegen eine Personengesellschaft und gegen die an ihr beteiligten Gesellschafter. Bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflichten ist der Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO vorrangig gegen denjenigen festzusetzen, der die Aufzeichnungen zu erstellen und vorzulegen hat, d. h. bei Mitunternehmerschaften in der Regel gegen die Mitunternehmerschaft.

  4. Der Zuschlag ist einheitlich für jeden Veranlagungszeitraum, für den Aufzeichnungen angefordert wurden, festzusetzen und bezieht sich jeweils auf die vom Prüfer geforderten Aufzeichnungen. Die Anforderung kann sich unter Berücksichtigung der Einschränkungen des § 2 Abs. 6 GAufzV z. B. auf Aufzeichnungen für das von der Finanzbehörde ausgewählte Prüfungsfeld und letztlich auf Aufzeichnungen für einen einzelnen (z. B. außergewöhnlichen) Geschäftsvorfall beziehen. Die grundsätzlich zulässige Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen ist zu beachten (§ 3 GAufzV). Deswegen kann der einheitliche Zuschlag nebeneinander und jeweils in Bezug zu verschiedenen Anforderungen der Finanzbehörde auf mehreren Pflichtverletzungen beruhen:

    • auf der Nichtvorlage von Aufzeichnungen,

    • auf der Vorlage unverwertbarer Aufzeichnungen,

    • auf der verspäteten Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen.

    Die Zusammensetzung des Zuschlags ist bei der Festsetzung jeweils im Einzelnen darzulegen. Die Ermessensausübung ist jeweils zu begründen. Dabei sind vor allem das Verschulden des Steuerpflichtigen, die Dauer der Fristüberschreitung und insbesondere die vom Steuerpflichtigen gezogenen Vorteile zu berücksichtigen.

  5. Soweit ein nach § 162 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AO festgesetzter Zuschlag darauf beruht, dass der Steuerpflichtige in einer Außenprüfung keine bzw. nur im Wesentlichen unverwertbare Aufzeichnungen vorgelegt hat und dass eine Erhöhung der Einkünfte aufgrund einer rechtmäßigen Schätzung nach § 162 Abs. 3 AO vorgenommen wurde, sind im Rahmen der §§ 130 ff. AO Berichtigungen des Zuschlags möglich, wenn die betreffenden Einkünfte in einem Rechtsbehelfsverfahren, in einem Verständigungsverfahren oder in einem Schiedsverfahren (EU) niedriger angesetzt werden als aufgrund der Außenprüfung. Eine Berichtigung des Zuschlags (Neuberechnung) kommt in diesen Fällen nur in Betracht, soweit der Steuerpflichtige verwertbare Aufzeichnungen vorlegt.

    Werden in den genannten Verfahren nachträglich verwertbare Aufzeichnungen vorgelegt, ist der Zuschlag als solcher aufgrund des § 162 Abs. 4 Satz 3 und 4 AO wegen verspäteter Vorlage neu zu berechnen und festzusetzen.

2. Entschuldbare Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 AO (§ 162 Abs. 4 Satz 5 AO)

§ 162 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 AO sind nicht anwendbar, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 AO entschuldbar erscheint oder nur ein geringfügiges Verschulden vorliegt. Ein solcher Fall kann z. B. vorliegen, wenn Aufzeichnungen bzw. ihre Grundlagen unverschuldet vernichtet worden sind oder wenn Aufzeichnungen deswegen erst nach Ablauf der 60-Tage-Frist in deutscher Sprache vorgelegt werden, weil das Finanzamt nach Anforderung der Aufzeichnungen nicht unverzüglich über einen Antrag auf Erstellung und Vorlage in fremder Sprache entschieden hat.

Die Einschätzung der Frage, ob eine entschuldbare Nichterfüllung der Pflichten vorliegt, ist vom Prüfer zu treffen (vgl. hierzu Tz 3).

3. Zusammenarbeit zwischen Außenprüfung und Innendienst bei der Festsetzung des Zuschlags

Ist beabsichtigt, die Festsetzung eines Zuschlags nach § 162 Abs. 4 AO vorzunehmen, ist dies dem Betroffenen spätestens im Rahmen der Schlussbesprechung mitzuteilen (Gewährung des rechtlichen Gehörs). Die Grundlagen zur Festsetzung des Zuschlags sind im Prüfungsbericht nachvollziehbar zu erläutern, so dass bei der Festsetzung des Zuschlags zur Begründung auf diesen verwiesen werden kann. Dies betrifft insbesondere die folgenden Angaben:

  • Angabe des Aufzeichnungsverpflichteten (Tz. 3.4.4 des BMFS vom ),

  • Bezeichnung der mit Verwaltungsakt angeforderten Aufzeichnungen (Art und Umfang, Geschäftsbereiche, vgl. § 2 Abs. 6 GAufzV),

  • Benennung der nichtvorgelegten Aufzeichnungen,

  • Begründung für die Unverwertbarkeit vorgelegter Aufzeichnungen,

  • Darstellung der verspäteten Vorlage von Aufzeichnungen, soweit nicht entschuldbar,

  • Angabe der aus der Nichtvorlage von Unterlagen bzw. der verspäteten

  • Abgabe von Unterlagen gezogenen Vorteile,

  • sonstige einzelfallbezogene Ermessenserwägungen.

Als Anstoß zur Zuschlagsfestsetzung ist der zuständigen Veranlagungsstelle ein verbindlicher Entscheidungsvorschlag zu übermitteln. Dazu ist das Formblatt „Aktenvermerk zum Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO” zu verwenden, das in Form einer pdf-Datei im AIS (Ordner BP) zur Verfügung steht. Die Entscheidungsgrundlagen, die für die Festsetzung des Zuschlags erforderlich sind, sind durch Hinweis auf die entsprechende Tz. des Prüfungsberichtes anzugeben. Der Aktenvermerk ist nach abschließender Zeichnung durch den Bp-Sachgebietsleiter dem zuständigen Veranlagungsbezirk zu übersenden. Eine Kopie des unterschriebenen Aktenvermerks ist in den Handakten des Prüfers abzulegen.

Zur Festsetzung des Zuschlags steht die UNIFA-Vorlage „Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO” (Ordner Veranlagung, Bearbeitung Verwaltungsakte) zur Verfügung. Zur Begründung der Festsetzung ist als Anlage der entsprechende Auszug aus dem Prüfungsbericht beizufügen.

Wird gegen die Festsetzung des Zuschlags Einspruch eingelegt, ist dieser an den Prüfer, der die Festsetzung des Zuschlags angestoßen hat, zur Stellungnahme zuzuleiten.

Im Falle der Beteiligung eines Auslandsfachprüfers des BayLfSt (vgl. Verfügung S. 1531.1.1-12 St 44/45 vom ) ist der Entscheidungsvorschlag für den Innendienst Teil des Fachprüfungsberichtes.

4. Verbuchung des Zuschlags nach § 162 Abs. 4 AO

Die personellen Sollstellungen sind mit dem Bearbeitereingabeverfahren BiFi mit Programm 500 (BiFi-Verfahren 50) von den für die Festsetzung der Einkommen- oder Körperschaftsteuer zuständigen Veranlagungsstellen mit UNIFA-Wordvorlage „Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO” (vgl. Ordner Veranlagung > Bearbeitung Verwaltungsakte) anzuweisen.

Nähere Erläuterungen hierzu sind in der AL-Erhebung Fach 3 Teil 7 Tz. 6 und im AIS unter Themen > EDV > Verfahren > Erhebung > Bearbeitereingabeverfahren für die Finanzkasse (BiFi) zu finden.

Hinweis:

Die bisherige Karte 2 zu § 162 (Kontroll-Nr: 8/2009) ist auszureihen.

Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0335.1.1-1/9

Fundstelle(n):
XAAAH-00823