Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Handelt jemand, der für eigene Wohnzwecke ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, bei Erwerb oder Errichtung des Wohnhauses als Steuerpflichtiger, wenn er einen Raum des Gebäudes als sog. häusliches Arbeitszimmer für eine selbständige nebenberufliche Tätigkeit verwenden will?
Falls Frage 1 bejaht wird:
2. Ist bei gemeinsamer Bestellung eines Investitionsgegenstands durch eine Bruchteils- oder Ehegattengemeinschaft, die selbst nicht unternehmerisch tätig ist, von einem Erwerb durch einen Nichtsteuerpflichtigen, der nicht zum Vorsteuerabzug der auf den Erwerb fallenden Mehrwertsteuer berechtigt ist, auszugehen, oder sind die Gemeinschafter Leistungsempfänger?
Sofern Frage 2 bejaht wird:
3. Steht das Recht auf Vorsteuerabzug bei Erwerb eines Investitionsguts durch Ehegatten in Bruchteilsgemeinschaft, wenn der Gegenstand nur von einem der Gemeinschafter für seine unternehmerischen Zwecke verwendet wird,
a) diesem einen Gemeinschafter nur für den proportional auf seinen Anteil als Erwerber entfallenden Vorsteuerbetrag zu
oder
b) steht dem Gemeinschafter gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG der Vorsteuerbetrag zu, der auf den Anteil seiner unternehmerischen Verwendung des gesamten Gegenstands entfällt (vorbehaltlich der Rechnungsvoraussetzungen gemäß Frage 4)?
4. Bedarf es zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 18 der Richtlinie 77/388/EWG einer Rechnung i.S. von Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG, die auf diesen Ehegatten/Gemeinschafter allein —und mit den auf ihn proportional entfallenden Entgelts- und Steuerbeträgen— ausgestellt ist oder reicht die an die Gemeinschafter/Ehegatten ohne solche Aufteilung ausgestellte Rechnung aus?
Gesetze: UStG 1991 1993 UStG 1991UStG 1991 1993 1993 § 14 Abs. 1UStG 1991 1993 § 15 Abs. 1Richtlinie 77/388/EWG Art. 17, 18
Instanzenzug: (EFG 2001, 939),
Gründe
I. Sachverhalt
Der Kläger, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren 1991 bis 1993 (neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit) nebenberuflich Fachschriftsteller. Die Umsätze aus dieser Tätigkeit versteuerte er nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1991 und 1993. Ausweislich der —vom Finanzgericht (FG) erwähnten— Umsatzsteuer-Erklärungen bzw. -Bescheide waren folgende Umsätze angegeben:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1991: | 1 613 DM |
1992: | 9 168 DM |
1993: | 8 808 DM. |
Ende 1990 erwarben der Kläger und seine Ehefrau zu 1/4 bzw. 3/4 Miteigentum an einem Grundstück und beauftragten eine GmbH als Generalunternehmer mit der Errichtung eines Einfamilienhauses. Nach den Feststellungen des FG ist es ”nicht mehr feststellbar, ob die Eheleute aus diesem Vertragsverhältnis zu gleichen Anteilen oder entsprechend den Eigentumsanteilen gegenüber der GmbH Mitberechtigte auf Erhalt der Bauleistungen werden sollten”. Noch vor Fertigstellung des Objekts ging die GmbH in Konkurs. Mit der Fertigstellung beauftragten die Eheleute andere Unternehmer. Die Rechnungen waren an die ”Eheleute A und B NN” gerichtet. Der Kläger nutzte lt. FG ein sog. häusliches Arbeitszimmer des Einfamilienhauses für unternehmerische Zwecke. In den Umsatzsteuer-Erklärungen für die Streitjahre 1991 bis 1993 machte der Kläger aus den Rechnungen Vorsteuerbeträge anteilig geltend. Den nach seiner Ansicht abziehbaren Anteil ermittelte er nach der Fläche des Arbeitszimmers im Verhältnis zur Gesamtwohnfläche mit 12 v.H. Daraus ergaben sich Vorsteuerbeträge —soweit noch streitig— für
Tabelle in neuem Fenster öffnen
1991: | 2 873 DM |
1992: | 6 396 DM |
1993: | 103 DM. |
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) versagte dem Kläger den Vorsteuerabzug mit der Begründung, Bauherr und Leistungsempfänger sei die von den Eheleuten gebildete Grundstücksgemeinschaft gewesen.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Nach Auffassung des FG war der Kläger nur zu 1/4 zivilrechtlicher Auftraggeber und Empfänger der auf das Arbeitszimmer entfallenden Bauleistungen. Es stützte sich insoweit —mangels weiterer Anhaltspunkte— auf die Eigentumsverhältnisse am Grundstück (3/4-Beteiligung der Ehefrau). Als abziehbare Vorsteuerbeträge erkannte das FG dem Kläger daher nur 1/4 der auf das Arbeitzimmer entfallenden Vorsteuerbeträge zu, also 1/4 von 12 v.H. der gesamten Vorsteuerbeträge. Dass die Rechnung an beide Eheleute gerichtet war, hielt das FG für unschädlich.
Einen weiter gehenden Vorsteuerabzug aus Billigkeitsgründen (wie beantragt) hielt das FG für nicht möglich.
Gegen das FG-Urteil legten sowohl das FA als auch der Kläger Revision ein. Das FA rügt Verletzung von § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1991 bis 1993 mit der Begründung, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei zu unterscheiden, ob die Leistungen an die Gemeinschaft oder an einen Gemeinschafter erbracht worden seien; schon aus der Auftragserteilung müsse sich klar ergeben, wer Auftraggeber und damit Leistungsempfänger sei. Auftraggeber sei die Gemeinschaft, wenn im Außenverhältnis keine Aufteilung der Rechte und Pflichten aus dem gemeinsam geschlossenen Vertrag erkennbar sei. Aus den Eigentumsverhältnissen an einem Grundstück dürfe nicht auf den Berechtigten geschlossen werden. Die fehlende Aufteilung des Vorsteuerbetrags und die Erteilung der Rechnung an beide Ehegatten stehe jedenfalls dem Vorsteuerabzug des Klägers entgegen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger rügt ebenfalls Verletzung von § 15 UStG.
Richtig sei zwar der Ausgangspunkt der Vorentscheidung. Da ihm, dem Kläger, aber das alleinige Nutzungsrecht am ”Arbeitszimmer” zugestanden habe, müsse er als alleiniger Auftraggeber der Bauleistungen für diesen Raum angesehen werden. Sein gesamtschuldnerisch geleisteter Tilgungsbeitrag auf die Herstellungskosten (25 v.H.) habe die Herstellungskosten des Raumes (12 v.H.) abgedeckt.
Für die Berücksichtigung seines —des Klägers— Vorsteuerabzugs für das ”Arbeitszimmer” spreche auch der Beschluss des Großen Senats des BFH zum sog. Drittaufwand im Einkommensteuerrecht (vom GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778). Danach könne ein Ehegatte eine vorrangige Zuordnung von Aufwendungen für die Herstellungskosten eines Gebäudes zu bestimmten Gebäudeteilen vornehmen, wenn er z.B. einen Raum für seine beruflichen Zwecke alleine nutze.
Eine Versagung des beantragten Vorsteuerabzugs —allein aufgrund nationalen Zivilrechts— sei nicht mit dem gemeinschaftsrechtlichen Mehrwertsteuersystem vereinbar.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide dahin gehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer zusätzlich zu dem vom FG bereits berücksichtigten Betrag für 1991 um weitere 2 155 DM, für 1992 um weitere 4 797 DM und für 1993 um weitere 77 DM herabgesetzt werde.
II. Beurteilung nach deutschem Umsatzsteuerrecht
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Zum Vorsteuerabzug berechtigt ist danach ein Unternehmer, der als Leistungsempfänger eine auf ihn ausgestellte Rechnung mit Steuerausweis besitzt.
1. Leistungsempfänger ist regelmäßig der vertraglich festgelegte Auftraggeber der Leistung. Bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung durch mehrere Personen ist entscheidend, ob die Personenmehrheit als solche eine (umsatzsteuerrechtlich) eigenständige Rechtsperson —Personen- oder Kapitalgesellschaft— ist oder ob sie lediglich gemeinschaftlich verbunden ist. Im letzteren Fall ist nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich jeder Gemeinschafter mit dem für ihn vereinbarten Anteil Leistungsempfänger (, BFHE 194, 488, BFH/NV 2001, 989, und vom V R 49/99, BFHE 194, 270, BFH/NV 2001, 402; zuletzt Urteil vom V R 15/00, BFH/NV 2002, 1346). Danach sind grundsätzlich alle Auftraggeber auch Leistungsempfänger, sofern sie dazu keine abweichende Vereinbarung treffen.
Leistungsempfänger waren im Streitfall beide Ehegatten. Der Kläger und seine Ehefrau wurden mit den gemeinsam bestellten Leistungsbezügen nicht als Gesellschaft oder Gemeinschaft bürgerlichen Rechts unternehmerisch oder nichtunternehmerisch tätig (z.B. durch Vermietung oder unentgeltliche Nutzungsüberlassung des Gebäudes). Die Gemeinschaft als solche trat also umsatzsteuerrechtlich nicht auf —weder als Steuerpflichtige noch (entgegen der Verwaltungsauffassung) als Nichtsteuerpflichtige—.
2. Von den beiden Ehegatten als Leistungsempfängern war nur der Kläger —als nebenberuflicher Schriftsteller— in den Räumen des gemeinsam errichteten Gebäudes unternehmerisch tätig.
a) Nach den Feststellungen des FG nutzte der Kläger (allein) das darin eingerichtete Arbeitszimmer ”für sein Unternehmen”.
Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung (sog. häusliche Arbeitszimmer) werden im deutschen Steuerrecht herkömmlich dem betrieblichen/unternehmerischen Bereich (bei beruflich selbständiger Nutzung) zugeordnet. Als derartiges häusliches Arbeitszimmer gilt ”ein zur Wohnung gehörender, aber vom übrigen Wohnbereich abgetrennter Raum, der ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird” (vgl. zum Einkommensteuerrecht: , Rn. 7, BStBl I 1998, 863). Ertragsteuerrechtlich gelten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben/Werbungskosten. Dabei bleibt es auch nach den Einschränkungen gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgrund des Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 (BGBl I 1995, 1250); diese begrenzen lediglich den Abzug bei Arbeitszimmern, die nicht Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung sind, unter bestimmten Voraussetzungen auf bis zu 1 250 ( (vgl. dazu BMF-Schreiben in Rn. 4, BStBl I 1998, 863).
Der Senat braucht darauf nicht weiter einzugehen, weil das deutsche Umsatzsteuerrecht —jedenfalls in den Streitjahren— für die Zuordnung eines Arbeitszimmers zum Unternehmen (außer der 10 v.H.-Grenze gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG seit gemäß Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 —StEntlG 1999/2000/2002—, BGBl I 1999, 402) oder für das Recht auf Vorsteuerabzug für die Anschaffung und Ausstattung eines Gegenstandes weder eine ausdrückliche Begrenzung noch einen Ausschluss vorsah (wie seit 1996 gemäß § 12 Abs. 2 Ziff. 2 des österreichischen UStG 1994; vgl. Ruppe, Umsatzsteuergesetz 1994, 2. Aufl. 1999, § 1 Tz. 392/1 und § 12 Tz. 116/1). Soweit das Umsatzsteuergesetz seit in § 15 Abs. 1 a Nr. 1 Vorsteuerbeträge, die unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG fallen, als nicht abziehbar behandelt, wird nicht auf Nr. 6 Buchst. b dieser Vorschrift Bezug genommen.
b) Zum Umfang des Vorsteuerabzugs bei Erwerbsgemeinschaften hatte der Senat in Fällen zu entscheiden, in denen mehrere Unternehmer einen Gegenstand zur Nutzung in ihren Unternehmen erwarben; nach Ansicht des Senats steht in diesen Fällen jedem der Unternehmer der Vorsteuerabzug entsprechend seinem Anteil an der Gemeinschaft zu (, BFHE 187, 78, BFH/NV 1999, 575). Ferner hatte der Senat zum Vorsteuerabzugsrecht in Fällen zu entscheiden, in denen Ehegatten Geschäftsräume mieteten, die aber nur ein Ehegatte für seine unternehmerischen Zwecke nutzte. Mangels anderer Anhaltspunkte für die Zuordnung in diesen Fällen ging der Senat von der zivilrechtlichen Grundregel des § 742 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) aus, wonach die Gemeinschafter zur Hälfte berechtigt und verpflichtet sind. Er ließ demzufolge den Vorsteuerabzug des unternehmerisch nutzenden Ehegatten nur im Umfang der Hälfte der gesamten Vorsteuerbeträge zu (BFH-Urteile in BFHE 194, 270, BFH/NV 2001, 402, und in BFHE 194, 488, BFH/NV 2001, 989).
Das FG ging davon aus, dass der Kläger den Anteil der auf sein Arbeitszimmer entfallenden Herstellungskosten (und Vorsteuerbeträge) mit 12 v.H. der Gesamtherstellungsaufwendungen ermittelt hatte. Von diesem Anteil erkannte es dem Kläger gemäß seinem Miteigentumsanteil 25 v.H. zu (also 25 v.H. von 12 v.H. der gesamten Vorsteuerbeträge).
3. Die an den Kläger und seine Ehefrau ausgestellten Rechnungen stehen nach der Rechtsprechung des Senats dem Vorsteuerabzug des Klägers nicht entgegen (BFH-Urteile in BFH/NV 2002, 1346, und in BFHE 194, 270, BFH/NV 2001, 402).
III. Rechtslage nach Gemeinschaftsrecht
Nach Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) gilt als Steuerpflichtiger, ”wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis”.
Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG lautet: ”Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen: die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden.”
Art. 18 der Richtlinie 77/388/EWG sieht vor:
”(1) Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige a) über die nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a abziehbare Steuer eine nach Art. 22 Abs. 3 ausgestellte Rechnung besitzen; ...”.
1. Vorgreiflich für die Entscheidung des Falles ist, ob Leistungen zur Herstellung eines Wohngebäudes, in dem ein sog. häusliches Arbeitszimmer (s. oben II. 2.) eingerichtet wird, von dem darin tätigen Ehegatten ”als Steuerpflichtiger” und ”für Zwecke seiner besteuerten Umsätze” i.S. von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG oder für private Wohnzwecke bezogen werden. Diese Frage kann nach Ansicht des Senats nicht zweifelsfrei bejaht werden, zumal andere Mitgliedstaaten —z.B. Österreich (s. oben zu II. 2.)— das Recht auf Vorsteuerabzug insoweit ausschließen. Falls das Recht auf Vorsteuerabzug nicht schon nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen sein sollte, kommt noch in Betracht, dass Aufwendungen für die Errichtung eines sog. häuslichen Arbeitszimmers wie im Streitfall ”keinen streng geschäftlichen Charakter” haben und damit an sich gemäß Art. 17 Abs. 6 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen sind.
2. Soweit das Recht auf Vorsteuerabzug grundsätzlich besteht, ist entscheidungserheblich, wie die Frage des Leistungsempfängers bei Auftragsvergabe durch eine Bruchteils-/Ehegattengemeinschaft gemeinschaftsrechtlich zu beantworten ist.
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) hatte diese Zweifelsfragen zum Recht auf Vorsteuerabzug bei dem Erwerb eines Investitionsgegenstands durch eine Bruchteils- oder Ehegattengemeinschaft, die selbst nicht als Steuerpflichtiger tätig ist, bisher noch nicht zu entscheiden.
Der Senat geht insbesondere aufgrund der Leitlinie der Europäischen Kommission (TAXUD/2441/01-DE, vgl. Österreichische Steuer-Zeitung —ÖStZ— 2001, 601, vom Kläger im Revisionsverfahren vorgelegt) von gemeinschaftlichem Auslegungsbedarf in Bezug auf die dem Streitfall zugrunde liegende Gestaltung aus. In der Leitlinie heißt es:
”Alle Delegationen stimmen darin überein, dass der Erwerb eines Investitionsgegenstands durch eine Bruchteilsgemeinschaft, die aus Steuerpflichtigen besteht, selbst aber nicht steuerpflichtig ist, als Gemeinschaftskauf anzusehen ist. Die MwSt auf den Erwerb dieses Investitionsgegenstands ist demnach zunächst proportional zum Beitrag jedes einzelnen Steuerpflichtigen auf die Gemeinschafter aufzuteilen und der Vorsteuerabzug gemäß den normalen Regeln für jeden einzelnen Gemeinschafter zu gewähren.”
Weiter heißt es:
”Die Delegationen sind fast einstimmig der Auffassung, dass die MwSt auf Gegenstände oder Dienstleistungen, die von einer Ehegattengemeinschaft erworben werden, die als solche nicht MwSt-pflichtig ist, dann abzugsfähig ist, wenn diese Gegenstände und Dienstleistungen von einem der beiden Ehepartner in vollem Umfang zur Ausübung einer steuerpflichtigen Tätigkeit verwendet werden.”
Der Senat entnimmt diesen Ausführungen, dass für Ehegattengemeinschaften die Auffassung vertreten wird, dem einen als Steuerpflichtiger tätigen Ehegatten könne der volle Vorsteuerabzug —also unabhängig von seinem Erwerbsbeitrag— zustehen. Diese Beurteilung des Rechts auf Vorsteuerabzug ist für den Senat im Hinblick auf die wiedergegebenen Ausführungen zu Bruchteilsgemeinschaften allgemeiner Art (unter Fremden) nicht zweifelsfrei.
Da nach dem Armbrecht- (BStBl II 1996, 392) Gegenstände, die sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendet werden, als Unternehmensgegenstände behandelt werden können, dürfte im Übrigen auch ein Gemeinschafter bei einem sog. Gemeinschaftserwerb die Vorsteuer jedenfalls insoweit abziehen, als er seinen Anteil als Unternehmensgegenstand behandelt.
3. Aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Art. 22 Abs. 3 Buchst. a und c der Richtlinie 77/388/EWG ergibt sich, dass der Steuerpflichtige, um den Abzug gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie vornehmen zu können, grundsätzlich eine Rechnung oder ein an deren Stelle tretendes Dokument, das ihm von einem anderen Steuerpflichtigen ausgestellt worden ist, besitzen muss (vgl. 123/87, Lea Jeunehomme, Slg. 1988, 4517, Rdnr. 14, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 1989, 381, und vom Rs. C-85/95, Reisdorf, Slg. 1996, I-6254, Rdnr. 22, UR 1997, 144, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht —UVR— 1997, 46). Auch die Anwendung dieser Voraussetzungen auf den Fall des Gemeinschaftserwerbs ist nach Ansicht des vorlegenden Senats nicht zweifelsfrei zu beantworten, wenn er auch in seiner Rechtsprechung von geringen Anforderungen an zusätzliche Rechnungsangaben hinsichtlich der jeweiligen Erwerbsanteile ausgegangen ist.
4. Daraus ergeben sich folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 77/388/EWG:
1. Handelt jemand, der für eigene Wohnzwecke ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, bei Erwerb oder Errichtung des Wohnhauses als Steuerpflichtiger, wenn er einen Raum des Gebäudes als sog. häusliches Arbeitszimmer für eine selbständige nebenberufliche Tätigkeit verwenden will?
Falls Frage 1 bejaht wird:
2. Ist bei gemeinsamer Bestellung eines Investitionsgegenstands durch eine Bruchteils- oder Ehegattengemeinschaft, die selbst nicht unternehmerisch tätig ist, von einem Erwerb durch einen Nichtsteuerpflichtigen, der nicht zum Vorsteuerabzug der auf den Erwerb fallenden Mehrwertsteuer berechtigt ist, auszugehen, oder sind die Gemeinschafter Leistungsempfänger?
Sofern Frage 2 bejaht wird:
3. Steht das Recht auf Vorsteuerabzug bei Erwerb eines Investitionsguts durch Ehegatten in Bruchteilsgemeinschaft, wenn der Gegenstand nur von einem der Gemeinschafter für seine unternehmerischen Zwecke verwendet wird,
a) diesem einen Gemeinschafter nur für den proportional auf seinen Anteil als Erwerber entfallenden Vorsteuerbetrag zu
oder
b) steht dem Gemeinschafter gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG der Vorsteuerbetrag zu, der auf den Anteil seiner unternehmerischen Verwendung des gesamten Gegenstands entfällt (vorbehaltlich der Rechnungsvoraussetzungen gemäß Frage 4)?
4. Bedarf es zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 18 der Richtlinie 77/388/EWG einer Rechnung i.S. von Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG, die auf diesen Ehegatten/Gemeinschafter allein —und mit den auf ihn proportional entfallenden Entgelts- und Steuerbeträgen— ausgestellt ist oder reicht die an die Gemeinschafter/Ehegatten ohne solche Aufteilung ausgestellte Rechnung aus?
5. Die Anrufung des EuGH beruht auf Art. 234 Abs. 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BB 2003 S. 350 Nr. 7
BFH/NV 2003 S. 432
BFH/NV 2003 S. 432 Nr. 3
BFHE S. 111 Nr. 200
DB 2003 S. 430 Nr. 8
DStR 2003 S. 246 Nr. 7
DStRE 2003 S. 320 Nr. 5
INF 2003 S. 212 Nr. 6
KÖSDI 2003 S. 13603 Nr. 2
UR 2003 S. 148 Nr. 3
RAAAA-71897