§ 8c KStG wird zurechtgestutzt
Was § 8c KStG mit Würsten gemein hat
Otto von Bismarck soll gesagt haben: „Je weniger die Leute
wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen
sie.“ Dies trifft ganz besonders auf die schon mehrfach geänderte
Verlustvernichtungsregelung des § 8c KStG zu, die den Steuerpflichtigen und
Steuerberatern nicht nur Schlaf, sondern auch Nerven raubt. Nach der Vorschrift
gehen steuerliche Verluste und Verlustvorträge einer Körperschaft verloren,
wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % der
Anteile an einer Körperschaft an einen Erwerber oder Erwerbergruppe übertragen
wurden. Bei Übertragungen von mehr als 50 % der Anteile kommt es zum totalen,
bei Übertragungen von mehr als 25 % bis zu 50 % zu einem partiellen
Verlustwegfall.
Mit seinem Beschluss vom erklärte das BVerfG
den pro-rata-Verlustwegfall nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG bei schädlichen
Beteiligungserwerben über 25 % und bis zu 50 % für die Zeiträume bis 2015 für
unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG und erteilte dem Gesetzgeber einen
Änderungsauftrag bis . Dieser ließ sich lange Zeit, bevor man sich zu
der jetzt vorgesehenen kompletten Streichung des Satzes 1 der Vorschrift
durchrang. Die Gesetzesänderung rutschte dann auch recht spät in die
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses für den „Entwurf eines
Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im
Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (BT-Drucks.
19/5595 v. ). Diese wurde am vom Bundestag verabschiedet und
bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.
Leider wurde die
bisherige Praxis der unklaren Gesetzgebung in der Anwendungsregelung des § 34
Abs. 6 KStG-E perpetuiert: Ursprünglich sollte geregelt werden, dass der
bisherige § 8c Satz 1 bzw. Abs. 1 Satz 1 KStG auf schädliche
Beteiligungserwerbe nach dem und vor dem nicht anzuwenden
sind. Die jetzt verabschiedete Anwendungsregelung erwähnt die frühere Regelung
des § 8c Satz 1 bzw. Abs. 1 Satz 1 KStG gar nicht mehr. Vielmehr steht dort
nur, dass die fortbestehenden und zum Totalverlustwegfall führenden Regelungen
erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 Anwendung finden. In der Folge
bliebe die frühestens für den Veranlagungszeitraum 2018 entfallende
pro-rata-Verlustwegfallregelung damit für sämtliche Zeiträume bis
einschließlich Veranlagungszeitraum 2017 grds. in Kraft (!) und stünde in
Anwendungskonkurrenz zur Neuregelung. Auch wenn es in der Gesetzesbegründung
heißt, dass der quotale Verlustuntergang „für die Zeit ab 2007 auch für
schädliche Beteiligungserwerbe nach dem aufgehoben wird“,
spiegelt sich diese Absicht im Gesetzeswortlaut nicht eindeutig wider. Die
Konsequenz der wenig nachvollziehbaren rückwirkenden
„Gesetzesüberschreibungstechnik“ ist nach derzeitigem Stand des
Gesetzgebungsverfahrens, dass dem Regelungsauftrag des BVerfG nicht wirklich
nachgekommen sein dürfte. Weitere Folge wäre, dass § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG
a. F. nach dem 3. Leitsatz des BVerfG-Beschlusses für die Jahre ab seinem
Inkrafttreten bis zum aufgrund richterlich angeordneter Nichtigkeit
nicht anzuwenden ist.
Ein klassisches Beispiel dafür, dass sich
jedenfalls in der Herstellung von Gesetzen seit Bismarck nicht viel geändert zu
haben scheint ...
Ingmar Dörr
Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 3425
NWB RAAAG-99319