Verfahrensrecht | "Aufgabe zur Post" i.S. des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO (BFH)
Die Einschaltung eines privaten
Postdienstleisters sowie die weitere Einschaltung eines Subunternehmers können
für die Zugangsvermutung innerhalb der Dreitagesfrist von Bedeutung sein, weil
hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf gegeben ist. In diesen Fällen
ist zu prüfen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen
organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang
des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden
kann (; veröffentlicht am
24.10.2108).
Hintergrund: Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen, § 122 Abs. 2 Nr 1 AO.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, ob eine Klage fristgerecht erhoben worden ist. Nach dem Vortrag des Klägers hat dieser die Einspruchsentscheidung der Familienkasse erst am erhalten. Auf der Einspruchsentscheidung ist vermerkt: "abgesandt am " (Freitag). Nach Auskunft der Familienkasse wurde die versandfertige Ausgangspost am Freitag zwischen 12:30 Uhr und 13:00 Uhr durch den Kurierdienst, einen Subunternehmer der X (Y), abgeholt. Das FG der ersten Instanz ging davon aus, dass die Einspruchsentscheidung von der Familienkasse am zur Post gegeben worden war. Dem Kläger sei es nicht gelungen, die gesetzliche Vermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zu entkräften, nämlich dass die Einspruchsentscheidung drei Tage nach der Aufgabe zur Post am Montag, dem zugegangen sei.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Unter "Aufgabe zur Post" i.S. des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO wird auch die Übermittlung eines Verwaltungsakts durch einen privaten Postdienstleister erfasst.
Die Einschaltung eines privaten Postdienstleisters sowie die weitere Einschaltung eines Subunternehmers können für die Zugangsvermutung innerhalb der Dreitagesfrist von Bedeutung sein, weil hierdurch möglicherweise ein längerer Postlauf gegeben ist.
Im Streitfall ist insbesondere nicht bekannt, ob und wann das möglicherweise nur regional tätige Subunternehmen die von der Familienkasse empfangenen Schreiben an den privaten Postdienstleister weitergeleitet hat.
Weiterhin ist ungeklärt, ob der zwischen dem privaten Postdienstleister und der Familienkasse geschlossene Zustellvertrag bei Einschaltung eines Subunternehmers die zeitnahe Zustellung ihm übergebener Briefsendungen auch überregional sichert.
Bei dieser Sachlage und im Hinblick auf den auf einen Freitag fallenden Postaufgabetag hätte das FG den organisatorischen und betrieblichen Ablauf beim Postdienstleister und seinem Subunternehmer weiter aufklären und insbesondere prüfen müssen, ob nach den bei den privaten Dienstleistern vorgesehenen organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen regelmäßig von einem Zugang des zu befördernden Schriftstücks innerhalb von drei Tagen ausgegangen werden kann.
Quelle: , NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
PAAAG-97850