OFD Nordrhein-Westfalen - S 2223-2015/0029-St 15

Sachzuwendungen; hier: insbesondere Kunstspenden

Die Zuwendung von Wirtschaftsgütern an steuerbegünstigte Körperschaften kann eine steuerlich abzugsfähige Spende i. S. d. § 10b EStG darstellen.

Es stellt sich jedoch vielfach die Frage, mit welchem Wert eine solche Sachzuwendung anzusetzen ist.

Bewertung

Grundsätzlich ist eine Sachzuwendung mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 10b Abs. 3 S. 3 EStG). Das ist der Preis, der bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 BewG). Um hier die Erzielung ungerechtfertigter Steuervorteile für den Zuwendenden zu vermeiden, unterscheidet der Gesetzgeber für die Höhe des Abzugs bei der Zuwendung von Wirtschaftsgütern folgende Fälle:

1. Das Wirtschaftsgut ist unmittelbar vor der Zuwendung einem Betriebsvermögen entnommen worden (Ankreuzkästchen auf der Zuwendungsbestätigung, vgl. Muster in Anlage 1)

--> Die Zuwendung bemisst sich nach dem bei der Entnahme angesetzten Wert, ggf. zuzüglich der bei der Entnahme angefallenen Umsatzsteuer (§ 10b Abs. 3 S. 2 EStG). Der Steuerpflichtige hat hier bei der Bewertung der Entnahme ein Wahlrecht zwischen Buch- und Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 4 EStG, sog. „Buchwertprivileg”).

Beispiel:

Ein namhafter Künstler spendet ein selbstgeschaffenes Kunstwerk an einen Museumsverein. Die Herstellungskosten (= aktueller Buchwert) betragen 5.000 €. Gleichwertige Kunstwerke werden zum Zeitpunkt der Zuwendung mit 50.000 € gehandelt.

--> Der Spender macht von dem sog. „Buchwertprivileg” Gebrauch und entnimmt das Kunstwerk mit einem Wertansatz von 5.000 €, so dass er den Mehrwert nicht der Einkommensteuer unterwerfen muss. Es fällt Umsatzsteuer nach § 3 Abs. 1b UStG an. Eine Zuwendungsbestätigung darf über 5.950 € ausgestellt werden.

Hier sollten die in der Gewinnermittlung als Entnahme und die als Sonderausgaben angesetzten Werte abgeglichen werden!

2. Das Wirtschaftsgut entstammt dem Privatvermögen. Eine Veräußerung im Zeitpunkt der Zuwendung würde einen Besteuerungstatbestand (z. B. § 23 EStG bei Grundvermögen, Kunstwerken u. ä. oder § 17 EStG bei Anteilen an Kapitalgesellschaften) erfüllen („steuerverhaftete Gegenstände des Privatvermögens”)

--> Es ist der gemeine Wert anzusetzen, maximal jedoch die fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten (§ 10b Abs. 3 S. 3 + 4 EStG).

Beispiel:

Kauf eines Gemäldes eines anerkannten Künstlers für 500.000 € am , Zuwendung an eine gemeinnützige Stiftung, die sich der Förderung der Kunst und Kultur verschrieben hat, am ; gemeiner Wert in diesem Zeitpunkt laut unabhängigem Wertgutachten: 800.000 €

--> Die Zuwendungsbestätigung darf gemäß § 10b Abs. 3 S. 3 + 4 EStG nur über 500.000 € ausgestellt werden, da eine Veräußerung des Gemäldes am einen Besteuerungstatbestand i. S. d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG ausgelöst hätte.

3. Das Wirtschaftsgut entstammt dem Privatvermögen und ist nicht steuerverhaftet.

--> Die Zuwendung bemisst sich nach dem gemeinen Wert (= Marktwert) des zugewendeten Wirtschaftsguts (§ 10b Abs. 3 S. 3 EStG).

Bei Gebrauchsgegenständen lässt sich dieser häufig aus Marktpreisen vergleichbarer Gegenstände (z. B. bei PKWs, Eigentumswohnungen, etc.) bzw. aus den tatsächlichen Anschaffungskosten (sofern die Anschaffung zeitnah zum Zeitpunkt der Zuwendung erfolgt) ableiten.

Kunstgegenstände

In Einzelfällen ist der Marktwert jedoch nicht ohne weiteres zu bestimmen, beispielsweise bei seltenen Einzel-/Sammlerstücken, insbesondere im Kunstbereich. Die Rechtsprechung hat sich mit der Frage der Bewertung von Kunstgegenständen bisher nur selten auseinandergesetzt. Der entschieden, dass bei Kunstgegenständen auf den Preis abzustellen sei, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des jeweiligen Kunstwerks bei einer Veräußerung zu erzielen wäre; dabei seien ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen. Zur Ermittlung des gemeinen Werts sei ein Verkauf auf einen bestimmten Stichtag zu fingieren. Im Urteilsfall hat der BFH zudem eine ungekürzte Wertableitung des gemeinen Werts aus den historischen Anschaffungskosten abgelehnt. Maßgebend für Kunstgegenstände ist somit der im Vergleichswertverfahren ermittelte Händlereinkaufspreis auf den Zeitpunkt der Zuwendung. Der gemeine Wert lässt sich daher nicht unmittelbar aus dem „Ladenpreis” bzw. dem „Hammer- oder Zuschlagspreis” eines Vergleichsobjektes, das nach Künstler, Schaffensperiode, Technik, Qualität, dargestelltem Sujet, Maß Provenienz und Erhaltungszustand in etwa vergleichbar ist, ableiten. Vielmehr ist dieser durch Abzug der Handelsspanne (bei Kauf in einer Galerie) bzw. der Auktionsmarge/des Aufgeldes (bei Ersteigerung auf einer Auktion) – i. d. R. 20–30 % – und der vom Verkäufer regelmäßig zu tragenden Verkaufskosten (Transport, Versicherung) dem Händlereinkaufspreis anzupassen (vgl. hierzu auch die angehängten Aufsätze von Viskorf – DStZ 2002, Nr. 24, Seite 881 ff., Anlage 2 – und Heuer – NJW 11/2008, Seite 689 ff., Anlage 3)

Beispiel:

Ein privater Sammler hat vor fünf Jahren bei einer Auktion eine Skulptur ersteigert und 250.000 € gezahlt; das Aufgeld dieses Auktionshauses beträgt 25 % des Zuschlagspreises, vom Verkäufer waren keine weiteren Kosten zu tragen. Das Kunstwerk möchte der Sammler nun einem städtischen Museum schenken. Ein unabhängiges Wertgutachten bestätigt, dass vergleichbare Kunstwerke nach wie vor für den gleichen Preis ohne Kosten für den Verkäufer „unter den Hammer” kommen.

--> Da in der Zuwendungsbestätigung lediglich der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung zu erzielende Preis anzusetzen ist, kann eine Zuwendungsbestätigung nur über 200.000 € (= Zuschlagspreis = 250.000 € „Hammerpreis” ÷ 125 x 100) ausgestellt werden.

In der Praxis werden nur selten Wertgutachten eines Sachverständigen eingereicht, die als Grundlage für die Besteuerung verwendet werden können. Vielmehr werden häufig Wertansätze erklärt, die Zweifel wecken, ob es sich dabei um realistische Werte handelt, die einer Schätzung zugrunde gelegt werden können. Treten solche Bewertungsprobleme auf, muss der gemeine Wert unter Beachtung des Vorsichtsprinzips sachgerecht geschätzt werden.

Ermittlungspflichten des Finanzamts des Spenders

Für den Nachweis des Wertes einer Sachspende trägt stets der Spender die Darlegungs- und Beweislast. Dieser muss der steuerbegünstigten Empfängerkörperschaft sämtliche Unterlagen, die zur Ermittlung des Werts herangezogen wurden, vorlegen und diese muss sie mit dem Doppel der erstellten Zuwendungsbestätigung in die Buchführung aufnehmen und auf Anforderung vorlegen. Das Wohnsitzfinanzamt des Spenders ist an die Wertangabe in der Zuwendungsbestätigung nicht gebunden ( BStBl 1989 II S. 879). Bei der Zuwendungsbestätigung handelt sich hierbei nicht um eine Art „Grundlagenbescheid”, so dass das Veranlagungsfinanzamt des Spenders eigene Ermittlungen durchführen darf.

OFD Nordrhein-Westfalen v. - S 2223-2015/0029-St 15

Fundstelle(n):
DB 2018 S. 2468 Nr. 41
MAAAG-97128