(Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - kein doppeltes Elterngeld für Zwillinge - Honorierung der Betreuungs- und Erziehungsleistung durch Basisbetrag von 300 Euro - Mehrlingszuschlag - Verfassungswidrigkeit von § 1 Abs 1 S 2 BEEG - Darlegungsanforderungen)
Gesetze: § 1 Abs 1 S 2 BEEG, § 2a Abs 4 S 1 BEEG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG
Instanzenzug: SG Chemnitz Az: S 18 EG 24/15 Urteilvorgehend Sächsisches Landessozialgericht Az: L 7 EG 22/16 Urteil
Gründe
1I. Mit Urteil vom hat das LSG den vom Kläger geltend gemachten Anspruch, ihm Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate seiner am geborenen Zwillingstochter M. zusätzlich zum monatlichen Mehrlingszuschlag iHv 300 Euro zu bewilligen, verneint.
2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
3II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
4Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
6Der Senat lässt offen, ob der Kläger damit in der gebotenen Weise eine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG bezeichnet hat. Denn er hat die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Fragestellungen nicht hinreichend dargetan. Eine Rechtsfrage ist ua dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das BSG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten Rechtsfrage geben. Deshalb muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem geltend gemachten Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (stRspr, vgl zB Senatsbeschluss vom - B 10 EG 15/17 B - RdNr 8; - Juris RdNr 10).
7Dies ist hier nicht in gebotenem Maße geschehen. Anlass hierzu hätte aber schon deshalb bestanden, weil das LSG in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich auf die - WzS 2013, 309; B 10 EG 8/12 R - BSGE 114, 26 = SozR 4-7837 § 1 Nr 4) hingewiesen hat. Der Kläger trägt selbst vor, dass der Senat dort bis zum gültigen alten Rechtslage entschieden hat, dass im Falle von Mehrlingsgeburten beiden Elternteilen bei Verzicht auf ihre Erwerbstätigkeit jeweils ein Anspruch auf Elterngeld für je ein Kind zusteht. Der Kläger trägt aber auch vor, dass das LSG in dem angefochtenen Urteil auf § 1 Abs 1 S 2 BEEG in der ab geltenden Fassung des Gesetzes zur Einführung des ElterngeldPlus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternteilzeitgesetz (BEEG) vom (BGBl I 2325) verweist, wonach bei Mehrlingsgeburten nur noch ein Anspruch auf Elterngeld besteht und für die weiteren Mehrlinge jeweils (nur) der Mehrlingszuschlag nach § 2a Abs 4 S 1 BEEG gezahlt wird. Soweit die Beschwerde es für weiterhin klärungsbedürftig hält, ob dennoch bei Zwillingsgeburten jeweils ein eigenständiger Anspruch auf Elterngeld für jeden Zwilling pro Elternteil besteht, hat sie nicht dargelegt, warum sich diese Frage auch nach den inzwischen geänderten Vorschriften des BEEG noch in derselben Weise stellen sollte. Wie bereits die angefochtene Berufungsentscheidung ausführt, erfolgte die Gesetzesänderung im BEEG zum als Reaktion auf die oben genannten Entscheidungen des Senats vom und sollte klarstellen, dass bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld - neben einem Zuschlag - besteht (vgl Senatsbeschluss vom - B 10 EG 2/16 B - BeckRS 2016, 71166 RdNr 10). Der Kläger legt nicht dar, ob sich aus dem Gesetz und/oder mithilfe welcher anerkannten juristischen (Auslegungs-)Methode(n) Möglichkeiten ergeben, den zusätzlichen Anspruch auf Elterngeld für das weitere Zwillingskind neben dem Zuschlag zu begründen (s hierzu Senatsbeschluss vom - B 10 EG 19/17 B - Juris RdNr 6 und 7). Diesbezüglich weiterer Erörterungsbedarf hätte aber schon deshalb bestanden, weil der Gesetzgeber der Auslegung des Gesetzes durch das BSG in den genannten Entscheidungen gerade nicht folgen wollte. Insoweit hätte es auch einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Begründungen der oben genannten Entscheidungen des Senats vom bedurft, weil der Einkommensverlust durch die Kinderbetreuung bei einer geburtsbezogenen Sichtweise auch bei Mehrlingsgeburten nur einmal eintreten kann und die Erziehungsleistungen für den Zwilling mit dem Sockelbetrag iHv 300 Euro anerkannt wird. Das Elterngeld setzt anders als das für Geburten vor dem noch anzuwendende BErzGG einen Bedarf oder eine Bedürftigkeit des betreffenden Elternteils nicht mehr voraus. Während es sich für den Bereich ab dem Basisbetrag von 300 Euro bis zum Höchstbetrag von 1800 Euro um den wirtschaftlichen Ausgleich für den Verzicht auf die Erwerbsausübung und die dadurch eintretenden Einkommensausfälle handelt, wird der Basisbetrag ausschließlich für die Betreuungs- und Erziehungsleistung des Berechtigten gewährt (vgl Senatsurteil vom - B 10 EG 17/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 57). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung ebenfalls keinerlei Ausführungen. Dass der Gesetzgeber entgegen der von ihm geschaffenen neuen Regelung in § 1 Abs 1 S 2 BEEG bei Mehrlingsgeburten dennoch mehrfache Elterngeldansprüche zubilligen wollte, um auf diese Weise (zusätzlich) die besondere elterliche Belastung bei Mehrlingsgeburten zu honorieren, behauptet der Kläger selbst nicht. Entsprechendes ergibt sich im Übrigen - wie bereits ausgeführt - auch nicht aus der oben dargestellten Gesetzesentwicklung und den insoweit einschlägigen Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 18/2583 S 18, 23).
8Soweit der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde in seiner zweiten Frage einen Verfassungsverstoß (hier: Verletzung von Art 3 Abs 1 GG und Art 6 Abs 1 GG) geltend machen und insoweit noch bestehenden höchstrichterlichen Klärungsbedarf aufzeigen will, darf er sich nicht auf die bloße Benennung des angeblich verletzten Grundrechts beschränken. Vielmehr muss er unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu der gerügten Verfassungsnorm und der ihr zugrunde liegenden Prinzipien und Grundsätze in substantieller Argumentation darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden, einfach gesetzlichen Norm aufgezeigt, die Sachgründe ihrer Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG im Einzelnen dargetan werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Grenzen seines weiten Gestaltungsspielraums im Elterngeldrecht (siehe hierzu Senatsurteil vom - B 10 EG 8/15 R - BSGE 121, 222 = SozR 4-7837 § 2b Nr 1, RdNr 28; BVerfG <Kammer> - BVerfGK 19, 186, 189, 193) überschritten und in unzulässiger Weise verletzt hat (vgl - Juris RdNr 7; - Juris RdNr 8). Entsprechender substantiierter Beschwerdevortrag fehlt jedoch.
9Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
10Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
11Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2018:060818BB10EG518B0
Fundstelle(n):
UAAAG-96376