Behandlung verbilligter Vermietung nach § 21 Abs. 2 EStG
Gesetze: EStG § 21 Abs. 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) vermietete sein für 657 229,34 DM errichtetes und in Höhe von 500 000 DM fremdfinanziertes Haus mit einer Wohnfläche von 104,90 qm ab 1995 unbefristet an seine Eltern zu einem Mietzins von 7 DM je qm (ortsübliche Marktmiete nach Angaben des Klägers: 12 bis 14 DM/qm). Der Kläger selbst bewohnte in den Streitjahren (1995 bis 1997) das Haus seiner Eltern, ohne ein Entgelt dafür zu entrichten. Er verpflichtete sich ihnen gegenüber, Sanierungsarbeiten an diesem Objekt vorzunehmen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte es mangels Einkünfteerzielungsabsicht nach einer Außenprüfung ab, die negativen Einkünfte aus der Vermietung des Hauses in den Streitjahren zu berücksichtigen.
Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wertete die erheblich verbilligte Miete als Indiz gegen die Einkünfteerzielungsabsicht, das zusammen mit den verwandtschaftlichen Beziehungen der Mietparteien und der wegen Verrechnens der Werbungskostenüberschüsse mit positiven Einkünften gegebenen Möglichkeit, Steuern zu sparen, zu einer Überprüfung anhand einer Prognose führen müsse. Da die Ertragsprognose im Streitfall bei einem Prognosezeitraum von jedenfalls 30 Jahren (unstreitig) negativ sei, müsse die Steuerbarkeit der Vermietung verneint werden.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Zur Begründung führt er aus, es handele sich um eine übliche Vermietung im Sinne des (BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771), so dass wegen bestehender Langfristigkeit grundsätzlich von einer Überschusserzielungsabsicht auszugehen sei. Sei eine Prognose anzustellen, müsse von einem Prognosezeitraum von 100 Jahren ausgegangen werden.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 1995 unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung von unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 46 338 DM, die Einkommensteuer 1996 unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides vom unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 101 149 DM und die Einkommensteuer 1997 unter Änderung des Einkommensteueränderungsbescheides vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 84 273 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Die Vorentscheidung verletzt § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung der Streitjahre.
a) Vereinbaren Angehörige —wie hier— eine verbilligte Miete und beträgt die vertraglich vereinbarte Miete mindestens 50 v.H. der ortsüblichen Marktmiete, so ist nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich von einem voll entgeltlichen Geschäft auszugehen. Führt eine wegen der verbilligten Miete veranlasste Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht (nach den Grundsätzen in den BFH-Urteilen vom IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, und vom IX R 57/00, BFHE 199, 422, BFH/NV 2002, 1394) zu einer negativen Überschussprognose, so ist die Vertragsmiete trotz des in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG angeordneten Aufteilungsverbots im Wege einer teleologischen Reduktion dieser Vorschrift in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen (, BFHE 201, 46, BFH/NV 2003, 253).
Beträgt der Mietzins weniger als 50 v.H. der ortsüblichen Marktmiete, sind die mit der Vermietungstätigkeit zusammenhängenden Werbungskosten gemäß § 21 Abs. 2 EStG insoweit abziehbar, als sie anteilig auf den entgeltlichen Teil der Vermietung entfallen.
b) Wird die Nutzungsüberlassung in beiden Fällen des § 21 Abs. 2 EStG in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt, so ist das in der verbilligten Vermietung liegende nicht marktgerechte Verhalten des Steuerpflichtigen für die Prüfung seiner Einkünfteerzielungsabsicht ebenso wenig bedeutsam wie für den Fremdvergleich. Die Aufteilung ist Rechtsfolge dieses nicht marktgerechten Verhaltens und führt bei teilentgeltlichen Rechtsgeschäften zu einer steuerrechtlichen Aufspaltung des zivilrechtlich einheitlichen Rechtsgeschäfts in einen steuerbaren entgeltlichen und in einen nicht steuerbaren unentgeltlichen Teil (, zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen).
Deshalb spricht es entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht gegen die Einkünfteerzielungsabsicht, wenn die vereinbarte Miete nicht einmal ein Viertel der (ungekürzten) Werbungskosten erreicht. Zwar hatte der BFH darin eine besondere Art der Nutzung gesehen, die für sich allein Beweisanzeichen für eine private, nicht mehr mit dem Erzielen von Einkünften zusammenhängende Veranlassung sein kann (, BFH/NV 1995, 11, und in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, unter 2. d am Ende). Indes ging er in seiner Entscheidung in BFH/NV 1995, 11 davon aus, die Werbungskosten seien auch dann nicht zu kürzen, wenn teilweise unentgeltlich vermietet werde. An dieser Rechtsprechung hat er aber im Rahmen der Auslegung des § 21 Abs. 2 EStG in seinem Urteil in BFHE 201, 46, BFH/NV 2003, 253, unter II. 1. b cc nicht mehr festgehalten.
c) Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich zu beanstanden; denn das FG hätte nicht offen lassen dürfen, ob und inwieweit der Kläger unentgeltlich an seine Eltern vermietet hat und in welcher Höhe die ortsübliche Marktmiete anzusetzen ist. Beträgt die zwischen den Mietparteien vereinbarte Miete mindestens 50 v.H. der ortsüblichen Marktmiete, so kommt es entgegen der Auffassung des FG auch dann zu einer Aufteilung des Mietverhältnisses und damit zu einer teilweisen Berücksichtigung von Werbungskosten, wenn die Ertragsprognose negativ ist. Bei der Prognose zur Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ist von einem Zeitraum von 30 Jahren nach den Grundsätzen des BFH-Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 auszugehen.
d) Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann wegen fehlender Feststellungen des FG zur Höhe der ortsüblichen Marktmiete nicht selbst entscheiden. In einer neuen Verhandlung und Entscheidung wird das FG die fehlenden Feststellungen nachzuholen und zu prüfen haben, ob die Angaben des Klägers zutreffen, dass die ortsübliche Marktmiete zwischen 12 und 14 DM pro qm beträgt. Gelangt es dabei zu dem Ergebnis, die Vertragsmiete, die der Kläger mit 7 DM/qm angibt, bewege sich —was nach dem klägerischen Vortrag nahe liegt— in einem Bereich zwischen mindestens 50 v.H. und 75 v.H. der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Ertragsprognose bei einem 30-jährigen Prognosezeitraum bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers negativ, so dass es zu einer verhältnismäßigen Kürzung der Werbungskosten kommt. Beträgt die vereinbarte Miete indes mindestens 75 v.H. der ortsüblichen Marktmiete, so sind die Werbungskosten nicht aufzuteilen. Dabei verbleibt es, denn Anhaltspunkte für weitere Ausnahmefälle, die zu einer Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht führen, bestehen nach den Feststellungen des FG nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 39
BFH/NV 2004 S. 39 Nr. 1
EAAAA-71589