Beurteilung für Reservedienstleistende; Plausibilisierung; Besorgnis der Befangenheit
Leitsatz
Aus dem Erfordernis, die Leistungen in einer dienstlichen Beurteilung "nachvollziehbar darzustellen" (§ 2 Abs. 2 SLV), ergibt sich die Verpflichtung des Dienstherrn, die jeweiligen Bewertungen zu plausibilisieren. Die Pflicht zur Plausibilisierung steht dabei in einer Wechselbeziehung zur Obliegenheit des Soldaten, Einwände gegen die Richtigkeit oder Nachvollziehbarkeit der Bewertungen im Einzelnen darzulegen.
Gesetze: § 2 Abs 2 SLV 2002
Tatbestand
1Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Beurteilung für Reservedienst Leistende.
2Die ... geborene Antragstellerin gehörte als Reservedienst Leistende in der Zeit vom 11. Juli bis dem ... Deutschen Einsatzkontingent ... in ... an und wurde dort in der Einsatzwehrverwaltungsstelle im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung als Bürosachbearbeiterin Haushalt/Finanzen im Soldatenstatus eingesetzt. Nach ihren Angaben hat sie an weiteren ähnlichen Auslandsverwendungen teilgenommen. Die dem Senat vorliegenden Personalunterlagen enthalten eine Beurteilung von Reservedienst Leistenden für eine Verwendung vom 21. Mai bis bei der Einsatzwehrverwaltungsstelle des ... Deutschen Einsatzkontingents ... in ... (Bewertung der Aufgabenerfüllung: "7" = "die Leistungserwartungen wurden ständig, teilweise auch erheblich übertroffen") und einen Beurteilungsbeitrag für eine Verwendung vom bis bei der Einsatzwehrverwaltungsstelle des ... Deutschen Einsatzkontingents ... in ... (Bewertung der Erfüllung der Anforderungen: "C" = "die Leistungserwartungen wurden ständig erfüllt und teilweise übertroffen").
3Zum Abschluss der besonderen Auslandsverwendung beim ... Deutschen Einsatzkontingent ... in ... erstellte der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle für die Antragstellerin unter dem eine Beurteilung von Reservedienst Leistenden. Die Antragstellerin erhielt dabei in der Bewertung der Aufgabenerfüllung auf der neunstufigen Skala (Höchstwert "9") den Wert "3" ("die Leistungserwartungen wurden erfüllt"). Im Textteil führte der beurteilende Vorgesetzte hierzu aus:
"Frau Stabsfeldwebel P. führte sämtliche in ihrem Aufgabengebiet als Bürosachbearbeiterin Haushalt/Finanzen anfallenden Tätigkeiten, sowie daneben zu erledigende allgemeine Verwaltungsaufgaben im Bereich der EinsWVSt, selbständig und insgesamt zu meiner vollen Zufriedenheit aus.
Sie hat sich nach einer nur kurzen Eingewöhnungsphase gut in die Aufgaben und deren Besonderheiten bei der EinsWVSt ... eingefunden und alle Vorgänge stets termingerecht bearbeitet.
Sie verfügt über das erforderliche Fachwissen und war aufgrund ihrer Erfahrung in der Lage, auch komplexere Sachverhalte zu erfassen und eigenständig zu bearbeiten. Ihre Zuverlässigkeit und Sorgfalt führten dabei auch in Zeiten erhöhter Arbeitsbelastung zu gut verwertbaren Arbeitsergebnissen, welche nur in Einzelfällen geringe Korrekturen erforderten.
Die Zusammenarbeit mit den lokalen Finanzbehörden wurde in Einzelfällen durch mangelnde Sprachkenntnisse beeinträchtigt, verlief aber insgesamt zielführend.
Frau Stabsfeldwebel P. unterlag den gleichen Bedingungen und Gefahren wie alle Kontingentangehörigen der Maritime Task Group ... Die Einbindung in einen flexibel gestalteten Tagesablauf unter bisweilen hoher zeitlicher Beanspruchung führte unter den gegebenen Bedingungen mitunter zu deutlich über die gewohnten Anforderungen hinausgehenden Belastungen für die Soldaten. Hierzu tragen auch die Trennung von der Familie, die klimatischen Bedingungen des östlichen Mittelmeerraumes und das mittlerweile latente Gefährdungspotential bei. Frau StFw P. zeigte sich diesen Belastungen physisch und psychisch gewachsen.
Wie unter 2. dargestellt, zeigte sich Frau StFw P. fachlich kompetent und leistungsfähig. Ihre Leistungen sind dem oberen Bereich der Wertungsstufe zuzuordnen. Insoweit halte ich sie aus fachlicher Sicht für weitere Verwendungen in Einsatzwehrverwaltungsstellen für geeignet.
Meiner Bewertung nach mangelt es ihr jedoch an soldatischem Selbstverständnis, insbesondere kameradschaftlichem Verhalten und Teamfähigkeit.
Dies wurde zum einen in ihrem meist sehr zurückhaltenden, in Einzelfällen jedoch wiederum impulsiven Auftreten deutlich, welches auf Vorgesetzte, Kameraden und auch zivile Vertragspartner häufig ablehnend und unmotiviert wirkte. In Konfliktsituationen und bei, aus ihrer Sicht, drohenden Benachteiligungen, reagierte StFw P. unsachlich und unangemessen. Eigene Bemühungen, sich in die Gemeinschaft einzufügen und aktiv zur Kameradschaft beizutragen, ließ sie weitgehend vermissen.
Verwendungen im Soldatenstatus erfordern eine gewisse Identifikation mit diesem besonderen Beruf und seinen Anforderungen an beispielhafte Pflichterfüllung und Haltung. Vor allem von lebenserfahreneren höheren Dienstgraden in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere mit Portepee wird ein beispielgebendes Verhalten erwartet. Mangelnder Integrationswille erschwert die Zusammenarbeit und hat darüber hinaus negative Auswirkungen auf das Ansehen der EinsWVSt, sowohl innerhalb des Kontingents als auch bei zivilen Vertragspartnern.
Aufgrund dieser in der Persönlichkeit liegenden Schwächen halte ich Frau Stabsfeldwebel P. für weitere Verwendungen im Soldatenstatus derzeit nicht für geeignet. Die Teilnahme an entsprechenden Lehrgängen zur Förderung der sozialen Kompetenz könnte helfen, diese Schwächen zu überwinden.
Für ihre berufliche und private Zukunft wünsche ich Frau StFw P. alles Gute."
4Im Abschnitt Verwendung bewertete der beurteilende Vorgesetzte nur die Verwendungsmöglichkeit "Stabsverwendungen", wo er die Antragstellerin für den Bereich/die Ebene "Einsatzwehrverwaltungsstelle" als "nicht geeignet" einstufte.
5In seiner unter dem erstellten Stellungnahme schloss sich der nächsthöhere Vorgesetzte, der Kontingentführer, der Beurteilung durch den Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle an und äußerte sich außerdem wie folgt zu einer schriftlichen Äußerung (Gegenvorstellung) der Antragstellerin vom :
"1. Eine Befangenheit des beurteilenden Vorgesetzten kann ich nicht erkennen, ebenso sehe ich keine Widersprüche in der Beurteilung. Den Vorwurf, Hptm G. [der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle] habe vorsätzlich die Arbeit für StFw P. behindert, weise ich zurück.
2. Es ist tatsächlich die Pflicht eines Vorgesetzten, frühzeitig auf sein Personal einzuwirken, wenn dort fachliche Schwächen erkennbar sind. In seiner Beurteilung hebt aber Hptm G. gerade hervor, dass die fachlichen Leistungen von StFw P. insgesamt gut waren und sie sich als kompetent erwiesen hat. Da StFw P. ihre Aufgaben den Leistungserwartungen ihres Vorgesetzten entsprechend erfüllt hat, hat sie die Note 3 erhalten - die erste Positivwertung im Beurteilungssystem. Entsprechend kann ich den Vorwurf eines 'vernichtenden Urteils' der dienstlichen Eignung und Befähigung nicht erkennen.
3. (...)
4. In ihrer Gegenvorstellung nimmt StFw P. keinerlei Bezug auf die Aussagen ihren Charakter betreffend. Auch ich muss leider feststellen, dass StFw P. sich weitgehend aus der Gemeinschaft des Einsatzkontingents zurückgezogen hat und darüber hinaus das Gefühl vermittelt hat, mit den anderen Soldaten nichts zu tun haben zu wollen. Ich finde ein solches Auftreten persönlich sowie in meiner Funktion als Kontingentführer bedauerlich."
6Mit Schreiben vom legte die Antragstellerin Beschwerde gegen "die Beurteilung vom " und mit Schreiben vom Beschwerde gegen "die Beurteilung vom " ein, wobei sie mit dem letzteren Schreiben zugleich klarstellte, dass sich die Beschwerde vom auf die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten beziehe. Außerdem gab sie unter dem eine "ausführliche Gegenvorstellung zur Beurteilung" ab. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom bezog sie sich zur Begründung ihrer Beschwerden auf die "ausführliche Gegenvorstellung" und machte ergänzend geltend, dass die Beurteilung gegen anerkannte Beurteilungsgrundsätze verstoße und sachfremde Erwägungen und Widersprüche aufweise. Außerdem liege eine Befangenheit des beurteilenden Vorgesetzten, des Leiters der Einsatzwehrverwaltungsstelle, vor.
7Die "ausführliche Gegenvorstellung" vom lautet auszugsweise wie folgt:
"Die Beurteilung meines Fachvorgesetzten, Herrn Hptm G., zu meiner Person ist sehr subjektiv, unsachlich und widersprüchlich gehalten. Ich nehme an, dass die nachfolgend dargelegten Vorfälle und Ereignisse eine persönliche Abrechnung/Abneigung gegenüber mir bei der Niederschrift dieser zum Teil auch beleidigenden Beurteilung darstellt.
Schon in den ersten Tagen meines Einsatzes erschreckte mich Hptm G. mit plötzlichen Jähzorn Attacken, die sich sogar in Schreiausbrüchen entluden (z.B. parkendes Auto der Tauchschule vor dem Parkplatz des Hotels, Lieferauto an der Wache vor dem Camp, ... ). Hervorzuheben ist ein Vorfall bei einer Autofahrt von ... zurück zum Camp, als er nach der Einweisung des neuen Zahlstellenverwalters und mir in der ... Bank plötzlich seine Fassung verlor und mit Dauerhupen zwischen den einheimischen Fahrzeugen in riskantem Fahrstil fuhr (Zeugen sind StFw R., OFw Ho.). Peinlich war dies vor allem, weil die deutschen Fahrzeuge eindeutig zu identifizieren sind.
Diesen Vorfall habe ich vorsorglich als Vorkommnis zur Verkehrssicherheit der Vertrauensperson für Unteroffiziere gemeldet.
Zu einem weiteren unvermittelten Ausbruch kam es, als ich nichtsahnend einen Klärungsfall im SAP System bearbeitete, was zu meinen regulären Tätigkeiten gehört. Er schrie (!) mich an und warf mir unvermittelt vor, dass 'ich nicht wüsste, was ich da tue' (OFw Ho. war anwesend). Diesen Vorfall nahm ich zum Anlass, mir Hilfe bei der Vertrauensperson der Unteroffiziere, OStBtsm Ha., einzuholen, da mir dieses Verhalten zunehmend Angst machte und mich auch sehr mitgenommen hat.
OFw Ho. und StFw R. wurden im Nachhinein durch die Vertrauensperson zu den aufgezeigten Vorfällen befragt. Danach hat Herr OStBtsm Ha. mit Herrn Hptm G. gesprochen. Auf mehrfache Nachfrage des Herrn OStBtsm Ha. erklärte ich ihm, dass ich Herrn Hptm G. in seinem Verhalten nicht einschätzen kann. Seine Jähzorn Attacken kamen immer ohne ersichtlichen Grund. Da ich nicht einschätzen konnte, zu welchen Gemütsausbrüchen er noch in der Lage ist, beschloss ich, nicht mehr mit Herrn Hptm G. zusammen in einem Dienstwagen mitzufahren.
Zu den einzelnen Punkten in der Beurteilung:
Zu 1. (...)
Zu 2. Bewertung der Aufgabenerfüllung:
(...)
Auf Nachfrage über die Bedeutung von '... verwertbaren Arbeitsergebnissen ... welche geringe Korrekturen erforderte.', meinte er nach eigenen Angaben drei Freigaben im SAP System! Diese Satzaussage impliziert aber, dass meine Arbeitsergebnisse ständiger Korrekturen bedürfen.
Nach meinem Verständnis beginnt bei einer Scala von 1 bis 9 eine Positivbewertung ab 5. In den vorangegangenen Beurteilungen wurde ich mit 7 beurteilt.
'Die Zusammenarbeit mit den lokalen Finanzbehörden ... wurde durch mangelnde Sprachkenntnisse beeinträchtigt, ... (griechisch? englisch?' nicht überall wurde englisch gesprochen.
Zu 3. Weitere Tätigkeiten (...)
Zu 4. Ergänzende Angaben in Bezug auf meinen Charakter
Beim Eröffnungsgespräch der Beurteilung am , an der Herr OBtsm G. als meine Vertrauensperson teilnahm, betonte Herr Hptm G., dass bei ihm der 'Nasenfaktor' eine große Rolle spielt. Seiner Meinung nach wäre es sein gutes Recht, seine persönliche Meinung in dieser Beurteilung niederzuschreiben. Er müsste keine Zeugen für mein '... angeblich impulsives Auftreten ..., welches auf Vorgesetzte, Kameraden und auch zivile Vertragspartner häufig ablehnend und unmotiviert wirkte' benennen. Was er mit desinteressiertem und unmotiviertem Verhalten und sozialer Inkompetenz meint, sollte er mir auf Nachfrage erläutern, tat es aber nicht. Auch wer für mich als ziviler Vertragspartner in Frage kommt, konnte er nicht benennen. Während meiner Dienstzeit bei ... hatte ich keine zivilen Vertragspartner (Mit 'zivilen Vertragspartnern' haben der Bereich 'Beschaffung', der 'N4-Bereich Logistik' und Herr Hptm G. selbst zu tun).
Warum erfahre ich diese Anschuldigungen erst zum Ende meiner Einsatzzeit, wenn er den Eindruck gehabt hat, ich würde mit diesem Verhalten das Ansehen der Wehrverwaltung schädigen?
Ich habe immer an den offiziellen Veranstaltungen des Kontingents teilgenommen (Kontingentfest, Fahrt nach N. zur politischen Bildung, Blutspende Aktion, ...), auch an den gemeinsamen Treffen (zusammen Essen gehen, Ausflüge der EinsWVSt nach Dienst, ...) habe ich teilgenommen. Mit den anderen Angehörigen der EinsWVSt kam es auch in meiner Freizeit zu Unternehmungen und Treffen, an denen Hptm G. allerdings nicht teilnahm.
Weshalb ich für den Einsatz im Bereich EinsWVSt nicht geeignet bin, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. In den Beurteilungen meiner vorherigen Auslandseinsätze wurde ich dafür als 'außergewöhnlich gut geeignet' beurteilt. Hier klafft ein großer Widerspruch und ich werte diese Beurteilung als persönliche Abrechnung und Beleidigung. Ich lehne diese Beurteilung ab."
8Mit Bescheid vom wies der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Beschwerden vom 7. Oktober und als unbegründet zurück.
9Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom weitere Beschwerde ein. Zur Begründung nahm sie im Wesentlichen Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen.
10Mit Bescheid vom wies der Generalinspekteur der Bundeswehr die weitere Beschwerde zurück. Die Beurteilung und die zu ihr ergangene Stellungnahme ließen keinen Rechtsverstoß erkennen. Es bestehe kein Anhaltspunkt für eine Befangenheit des beurteilenden Vorgesetzten. Diese könne sich insbesondere nicht aus einem Verhalten ergeben, das im Zusammenhang mit Erziehungs- und Führungsaufgaben stehe. Insgesamt habe der beurteilende Vorgesetzte ein durchaus positives Bild von der fachlichen Befähigung der Antragstellerin gezeichnet und ein differenziertes Werturteil abgegeben. Allein die Tatsache, dass er der Antragstellerin die Eignung für den konkreten Dienstposten abgesprochen habe, begründe nicht die Besorgnis der Befangenheit. Die Beurteilung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Zwischen textlicher Beschreibung und formaler Wertung bestehe kein Widerspruch. Die Rüge, dass die Antragstellerin nicht vor der Erstellung der Beurteilung auf die darin aufgezeigten Mängel hingewiesen worden sei, begründe keine Rechtswidrigkeit.
11Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom die gerichtliche Entscheidung beantragt. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.
12Zur Begründung verweist die Antragstellerin im Wesentlichen auf ihren Vortrag im vorangegangenen Wehrbeschwerdeverfahren sowie auf ihre Gegenvorstellungen zur angefochtenen Beurteilung.
13Die Antragstellerin beantragt,
die Beurteilung vom und die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom in der Gestalt der Beschwerdebescheide vom und aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr, der Antragstellerin, fehlerfreie Neufassungen der Beurteilung und der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten zu erteilen.
14Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
15Er bezieht sich im Wesentlichen auf die Gründe seines Beschwerdebescheids.
16Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R I 6 - Az.: ... - und eine Kopie der Personalakte der Antragstellerin haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Gründe
17Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.
181. Der Antrag ist zulässig.
19a) Das Bundesverwaltungsgericht ist sachlich zuständig, weil der Generalinspekteur der Bundeswehr über die weitere Beschwerde der Antragstellerin entschieden hat (§ 22 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO).
20b) Dienstliche Beurteilungen im Sinne des § 2 SLV i.V.m. Nr. 201 der Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (ZDv A-1340/50, früher ZDv 20/6) stellen nach ständiger Rechtsprechung des Senats dienstliche Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar, die vor den Wehrdienstgerichten angefochten werden können (vgl. 1 WB 43.12 - juris Rn. 18). Dies gilt auch für Beurteilungen von Reservedienst Leistenden im Sinne von Nr. 201 Buchst. a Satz 1 (5) i.V.m. Nr. 212 bis 216 ZDv A-1340/50 (vgl. 1 WB 33.08 - Rn. 17 m.w.N.), wie hier die Beurteilung der Antragstellerin als Reservedienst Leistende im Rahmen einer besonderen Auslandsverwendung beim ... Deutschen Einsatzkontingent ... in ... (Nr. 212 Satz 2 Punkt 3 ZDv A-1340/50). Anders als der Beurteilungsbeitrag, der für einen aktiven Soldaten nach einer besonderen Auslandsverwendung zu erstellen ist (Nr. 201 Buchst. a Satz 2 Punkt 1 i.V.m. Nr. 505 ZDv A-1340/50), ist die Beurteilung von Reservedienst Leistenden keine bloß vorbereitende und deshalb nicht selbstständig anfechtbare Stellungnahme (vgl. dazu 1 WRB 1.17 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 97 Rn. 25 ff.), sondern eine der fünf in Nr. 201 Buchst. a Satz 1 ZDv A-1340/50 genannten Arten von (abschließenden) dienstlichen Beurteilungen.
21c) Die Beurteilung durch den Disziplinarvorgesetzten, die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten und ggf. die Stellungnahme eines weiteren höheren Vorgesetzten bilden jeweils selbstständig anfechtbare Maßnahmen (stRspr, vgl. 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 22 m.w.N.). Vorliegend hat sich die Antragstellerin mit den Beschwerden vom 7. Oktober und sowohl gegen die (Erst-)Beurteilung als auch gegen die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten gewandt. Gegenstand des Verfahrens ist damit die gesamte Beurteilung.
22d) Nach der Rechtsprechung des Senats ist dabei nicht nur der Anfechtungsantrag zulässig, sondern auch der zusätzlich gestellte Verpflichtungsantrag (vgl. 1 WB 38.13 - juris Rn. 18). Zwar erfolgt die Neufassung einer aufgehobenen dienstlichen Beurteilung grundsätzlich von Amts wegen. Im Hinblick auf die zwischen den Beteiligten strittigen Fragen ist jedoch ein Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin anzuerkennen, dass im Falle ihres Obsiegens eine Verpflichtung zur Neufassung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ausgesprochen wird.
23e) Die Antragstellerin ist schließlich antragsbefugt. Zwar sind Aussagen und Wertungen in Beurteilungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung und Leistung der Beurteilten grundsätzlich nicht anfechtbar (siehe auch Nr. 1101 Satz 1 ZDv A-1340/50). Sie sind als höchstpersönliche Werturteile einer inhaltlichen gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Ein Soldat kann jedoch eine Beurteilung oder eine hierzu abgegebene Stellungnahme eines höheren Vorgesetzten mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (stRspr, vgl. 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 27 m.w.N.). Das ist hier durch die Antragstellerin geschehen, die insbesondere die Befangenheit des Beurteilenden (Nr. 305 ZDv A-1340/50) und Verstöße gegen Beurteilungsgrundsätze, namentlich die Gebote der Sachgerechtigkeit und Widerspruchsfreiheit (Nr. 401 Abs. 1 Satz 2 ZDv A-1340/50), geltend macht.
242. Der Antrag ist auch begründet.
25Die Beurteilung des Leiters der Einsatzwehrverwaltungsstelle vom und die Stellungnahme des Kontingentführers des ... Deutschen Einsatzkontingents ... vom sowie die Beschwerdebescheide des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom und des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom sind rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten. Sie sind deshalb aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, für die Verwendung der Antragstellerin beim ... Deutschen Einsatzkontingent ... in ... eine neue Beurteilung von Reservedienst Leistenden unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen.
26a) Allerdings liegen keine Verfahrensfehler vor.
27aa) Die Beurteilung der Antragstellerin als Reservedienst Leistende war auf Anforderung durch die personalbearbeitende Stelle zu erstellen (Nr. 213 Buchst. a Punkt 4 ZDv A-1340/50). Zuständig waren der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle als nächster Disziplinarvorgesetzter und - für die Stellungnahme - der Kontingentführer des ... Deutschen Einsatzkontingents ... als nächsthöherer Disziplinarvorgesetzter der Antragstellerin (Nr. 301 Buchst. a und b ZDv A-1340/50).
28Die Vorschriften über die Eröffnung von Beurteilungen (Nr. 618 ff., 701 ff. ZDv A-1340/50) wurden beachtet. Die Antragstellerin hat zu der Beurteilung eine (von ihr als Gegenvorstellung bezeichnete) schriftliche Äußerung abgegeben, die der Beurteilung beigefügt ist (Nr. 620 Buchst. c ZDv A-1340/50). Die Tatsache, dass die Antragstellerin die Unterschrift - sowohl unter die Beurteilung als auch unter die Stellungnahme - verweigert hat, stellt deren Wirksamkeit nicht in Frage (siehe auch Nr. 703 Buchst. c ZDv A-1340/50).
29Soweit die Antragstellerin die Verletzung von Dokumentationspflichten geltend macht, bezieht sie sich auf Grundsätze, die für Auswahlentscheidungen für höherwertige Verwendungen, nicht aber für die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen gelten.
30bb) Der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle war auch nicht wegen Besorgnis der Befangenheit bzw. Voreingenommenheit ausgeschlossen.
31Die Voreingenommenheit eines Beurteilers unterliegt der (uneingeschränkten) gerichtlichen Überprüfung (vgl. - auch zum Folgenden - - juris Rn. 32). Die Beurteilung durch einen voreingenommenen Vorgesetzten stellt einen Verfahrensfehler dar. Eine dienstliche Beurteilung ist aufzuheben, wenn der Dienstherr gegen seine selbstverständliche Pflicht verstoßen hat, den Beamten bzw. hier: den Soldaten gerecht, unvoreingenommen und möglichst objektiv zu beurteilen. Die Besorgnis der Befangenheit aus der subjektiven Sicht des zu beurteilenden Beamten oder Soldaten genügt insoweit allerdings nicht, vielmehr ist die tatsächliche Voreingenommenheit eines Beurteilers aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen (vgl. für das Beamtenrecht 2 C 16.97 - BVerwGE 106, 318 <320>). Tatsächliche Voreingenommenheit liegt vor, wenn der Beurteiler nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Beamten oder Soldaten sachlich und gerecht zu beurteilen. Die Feststellung einer tatsächlichen Voreingenommenheit des Beurteilers kann sich aus der Beurteilung selbst, aber auch aus seinem Verhalten in Angelegenheiten des zu Beurteilenden oder diesem gegenüber während des Beurteilungszeitraums und des Beurteilungsverfahrens ergeben.
32Dienstliche Beurteilungen werden nach ihrem Sinn und Zweck anders als Entscheidungen im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsprozess grundsätzlich durch Vorgesetzte und/oder Dienstvorgesetzte des Beamten erstellt, mithin in aller Regel aufgrund unmittelbarer dienstlicher Zusammenarbeit (vgl. für das Beamtenrecht: 2 C 16.97 - BVerwGE 106, 318 <321>). Gleiches gilt für die dienstlichen Beurteilungen der Soldaten, für deren Erstellung die nächsten und nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten berufen sind (Nr. 301 Buchst. a und b ZDv A-1340/50). Ständige dienstliche Zusammenarbeit und die Führungsaufgaben eines Vorgesetzten bringen naturgemäß auch die Möglichkeit von Konflikten mit sich (vgl. zum Folgenden für das Beamtenrecht und Soldatenrecht - übereinstimmend - 2 C 16.97 - BVerwGE 106, 318 < 321 f.> und Beschluss vom - 1 WB 8.11 - juris Rn. 28 m.w.N.). Entsprechend können grundsätzlich weder eine kritische Einschätzung der Arbeitsweise und des sonstigen dienstlichen Verhaltens des beurteilten Beamten oder Soldaten durch den beurteilenden Vorgesetzten noch das Bestehen dienstlich veranlasster Spannungen bereits Anlass geben, eine Voreingenommenheit des Vorgesetzten anzunehmen. Dadurch und auch durch gelegentlich erregte oder sonst emotional gefärbte Reaktionen wird grundsätzlich noch nicht die Erwartung in Frage gestellt, der Vorgesetzte wolle und könne seine Pflichten einschließlich derjenigen zur sachlichen und gerechten dienstlichen Beurteilung erfüllen. Dies gilt auch für einzelne unangemessene, saloppe, ungeschickte oder missglückte Formulierungen in der streitigen Beurteilung. Im Einklang mit diesen Grundsätzen bestimmt Nr. 305 Buchst. c Satz 1 ZDv A-1340/50, dass sich die Besorgnis der Befangenheit eines Beurteilenden nicht schon aus einem Verhalten ergeben kann, das mit dessen Erziehungs- und Führungsaufgaben im Zusammenhang steht (z.B. Hinweise auf Schwächen, Anweisungen zur Abstellung von Mängeln, erzieherische Maßnahmen oder Disziplinarmaßnahmen).
33Nach diesen Maßstäben liegt hier keine Voreingenommenheit des Leiters der Einsatzwehrverwaltungsstelle vor.
34Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die Äußerung des beurteilenden Vorgesetzten im Eröffnungsgespräch, bei ihm spiele der "Nasenfaktor" eine große Rolle, unangebracht und missverständlich ist. Allerdings deutet der Folgesatz ("Seiner Meinung nach wäre es sein gutes Recht, seine persönliche Meinung in dieser Beurteilung niederzuschreiben") darauf hin, dass der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle damit zum Ausdruck bringen wollte, dass es bei der Beurteilung um sein höchstpersönliches Werturteil gehe, und er nicht etwa erklären wollte, dass er eine vorgefasste Meinung über die Antragstellerin habe.
35Dem weiteren Vorwurf, er habe wissentlich die reibungslose Aufnahme der Tätigkeit der Antragstellerin verzögert und die Möglichkeit, im System HICO zu arbeiten, mit Absicht hinausgezögert, ist der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle in seiner Stellungnahme zur Gegenvorstellung plausibel entgegengetreten. Danach habe das Übergabeprotokoll zwar gewisse Mängel enthalten, die jedoch den für solche Unterlagen normalen Rahmen kaum überschritten hätten und abgestellt worden seien; die Freischaltung für das HICO-System, das lediglich eine unwesentliche Arbeitserleichterung darstelle, habe er bereits vor Eintreffen der Antragstellerin eingeleitet, wobei Verzögerungen nicht im Verantwortungsbereich der Einsatzwehrverwaltungsstelle gelegen hätten. Aus derartigen Holprigkeiten im Dienstbetrieb lässt sich eine böswillige Einstellung des beurteilenden Vorgesetzten, die berechtigte Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit begründen könnte, nicht herleiten.
36Gleiches gilt im Ergebnis für die Vorfälle, auf die sich die Antragstellerin einleitend in ihrer "ausführlichen Gegenvorstellung" vom bezieht. Soweit diese das Verhalten des beurteilenden Vorgesetzten im Straßenverkehr betreffen, ist ein Zusammenhang mit der Person der Antragstellerin nicht erkennbar. Im Übrigen lässt sich den von der Antragstellerin angeführten Situationen, in denen es nach ihrer Schilderung zu aufbrausenden Reaktionen des Vorgesetzten gekommen sei, zweifellos entnehmen - wie dies im Übrigen auch in den Beschwerdebescheiden anerkannt wird -, dass die dienstlichen Beziehungen zwischen der Antragstellerin und ihrem Vorgesetzten nicht frei von Konflikten waren. Solche Konflikte, wie sie im dienstlichen Verhältnis, zumal unter den angespannten Bedingungen einer besonderen Auslandsverwendung, immer wieder auftreten können, stellen nach dem oben Gesagten jedoch für sich genommen nicht die Befähigung des Vorgesetzten in Frage, eine der Person und den Leistungen des Beurteilten gerecht werdende Beurteilung zu erstellen.
37Schließlich ergeben sich auch aus der Beurteilung selbst keine Umstände, die eine Besorgnis der Befangenheit begründen. Die Beurteilung hat insbesondere nicht, wie die Antragstellerin meint, den Charakter einer "persönlichen Abrechnung". Der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle hat vielmehr in sachlicher und differenzierter Weise sowohl die von ihm positiv bewerteten als auch die von ihm kritisierten Punkte in einer dem begrenzten Rahmen der Beurteilung angemessenen Form ausgeführt. Beleidigende Aussagen, wie von der Antragstellerin angenommen, sind in der Beurteilung nicht enthalten. Auch die Tatsache, dass sich die Bewertung der Antragstellerin gegenüber einer früheren Beurteilung für eine besondere Auslandsverwendung beim Deutschen Einsatzkontingent ... in ... verschlechtert hat (dortige Bewertung: "7"), rechtfertigt nicht die Annahme der Befangenheit (vgl. 1 WB 8.11 - juris Rn. 30 sowie Nr. 305 Buchst. c Satz 2 ZDv A-1340/50). Schwankungen im Leistungs- und Persönlichkeitsbild, die aus unterschiedlichen Gegebenheiten und deren Bewertung durch die Beurteilenden herrühren, sind erfahrungsgemäß jederzeit möglich; sie geben für sich genommen objektiv keinen Anlass zu der Annahme, eine schlechte(re) Beurteilung müsse notwendigerweise Ausdruck einer Befangenheit des Beurteilenden sein. Eine Bindung an Bewertungen in früheren Beurteilungen besteht nicht (vgl. 1 WB 2.79 - juris Rn. 16).
38cc) Die Antragstellerin kann auch nicht mit der Rüge durchdringen, der Leiter der Einsatzwehrverwaltungsstelle sei verpflichtet gewesen, sie frühzeitig zu den ihr vorgehaltenen Defiziten anzuhören. Darin liegt keine Verletzung der Vorschriften über Beurteilungsgespräche (Nr. 507 f. ZDv A-1340/50). Beurteilungsgespräche kommen unter den Bedingungen einer besonderen Auslandsverwendung von vornherein nur in eingeschränkter Form in Betracht. Eine entsprechende Anordnung besteht insoweit nur für das Einführungsgespräch und auch insoweit nur, soweit es die dortigen Verhältnisse zulassen (siehe Nr. 507 Buchst. a Satz 3 ZDv A-1340/50). Auch sieht der Vordruck für die Beurteilung von Reservedienst Leistenden (Vordruck E), anders als der Vordruck für planmäßige Beurteilungen (Vordruck A, dort Nr. 6.1), keine Dokumentation des Zeitpunkts eines Beurteilungsgesprächs vor. Unabhängig davon führt nach der Rechtsprechung des Senats das Unterbleiben eines Beurteilungsgesprächs nicht zur Aufhebung der Beurteilung, weil ein solcher Verfahrensfehler - sein Vorliegen unterstellt - nicht nachträglich geheilt werden kann (vgl. 1 WB 51.10 - BVerwGE 141, 113 LS 1 und Rn. 29 ff.; siehe auch Nr. 508 Buchst. e Satz 1 ZDv A-1340/50).
39b) Die angefochtene Beurteilung ist jedoch in der Sache zu beanstanden.
40Dienstliche Beurteilungen und hierzu abgegebene Stellungnahmen sind gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung ein Beurteilungsspielraum zusteht (stRspr, vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 43.12 - juris Rn. 38 und vom - 1 WB 38.13 - juris Rn. 23). Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung bzw. Stellungnahme oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat das Bundesministerium der Verteidigung Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig orientiert, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den normativen Regelungen für Beurteilungen in Einklang stehen (stRspr, vgl. 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 30). Der inhaltliche Kern der Beurteilung, also die Ausfüllung des Persönlichkeits- und Leistungsbildes des Soldaten, ist dagegen einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen, weil es sich hierbei um ein höchstpersönliches, subjektives und insofern unvertretbares Werturteil des Beurteilenden handelt, das nicht durch die Einschätzung eines Außenstehenden ersetzt werden kann (vgl. 1 WB 34.12 - juris Rn. 23).
41aa) Die angefochtene Beurteilung von Reservedienst Leistenden verstößt gegen den allgemeingültigen Wertmaßstab der Widerspruchsfreiheit (vgl. zum Gebot der Widerspruchsfreiheit auch Nr. 101 Abs. 2 und Nr. 401 Abs. 1 Satz 2 ZDv A-1340/50) und ist bereits aus diesem Grunde aufzuheben.
42Der beurteilende Vorgesetzte und - bestätigend - der nächsthöhere Vorgesetzte haben die Aufgabenerfüllung der Antragstellerin (Nr. 2 des Formulars) mit "3" ("die Leistungserwartungen wurden erfüllt") bewertet. Mit dieser Bewertung fassen die Vorgesetzten zwei gegenläufige, im Textteil der Beurteilung näher ausgeführte Aspekte zusammen: Sie anerkennen einerseits die fachlichen Leistungen der Antragstellerin, die "insgesamt zur vollen Zufriedenheit" ausgefallen bzw. als "insgesamt gut" zu bewerten seien; auf der anderen Seite kritisieren sie übereinstimmend, dass es der Antragstellerin "an soldatischem Selbstverständnis, insbesondere kameradschaftlichem Verhalten und Teamfähigkeit" mangele bzw. sie "sich weitgehend aus der Gemeinschaft des Einsatzkontingents zurückgezogen" und das Gefühl vermittelt habe, "mit den anderen Soldaten nichts zu tun haben zu wollen".
43Im Abschnitt Verwendung (Nr. 3 des Formulars) hat der beurteilende Vorgesetzte - wiederum bestätigt durch den nächsthöheren Vorgesetzten - die Antragstellerin als "nicht geeignet" für den Bereich/die Ebene "Einsatzwehrverwaltungsstelle" eingestuft. Im Textteil der Beurteilung hält der beurteilende Vorgesetzte die Antragstellerin zwar "aus fachlicher Sicht für weitere Verwendungen in Einsatzwehrverwaltungsstellen für geeignet", derzeit jedoch nicht "für weitere Verwendungen im Soldatenstatus".
44Die Bewertung der Aufgabenerfüllung und die Einstufung der Eignung im Abschnitt Verwendung stehen zueinander im Widerspruch. Hat die Antragstellerin die Leistungserwartungen auf dem Dienstposten bei der Einsatzwehrverwaltungsstelle - auch unter Berücksichtigung der ihr vorgehaltenen Mängel in der soldatischen Einstellung - erfüllt, so ist sie nicht ungeeignet für eine solche oder für eine vergleichbare Verwendung im Soldatenstatus, sondern erfüllt zumindest die unterste der vier vorgesehenen positiven Stufen der Eignung. Die angefochtene Beurteilung leidet damit bereits an einem immanenten Widerspruch.
45bb) Die Beurteilung genügt darüber hinaus im Hinblick auf die Einwendungen, die die Antragstellerin in ihrer "ausführlichen Gegenvorstellung" vom erhoben und zum Gegenstand ihrer Beschwerde gemacht hat, nicht den Anforderungen an die Plausibilisierung der getroffenen Bewertung.
46(1) Nach der Rechtsprechung des für das Beamtenrecht zuständigen 2. Revisionssenats besteht eine Verpflichtung des Dienstherrn zur Plausibilisierung der Wertungen in einer dienstlichen Beurteilung, die ihrerseits in einer Wechselbeziehung zur Obliegenheit des Beamten steht, Einwände gegen deren Richtigkeit oder Nachvollziehbarkeit darzulegen (vgl. - auch zum gesamten Folgenden - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245 <247 ff.>, vom - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 20 f. sowie zuletzt vom - 2 A 10.17 - juris LS 1 und Rn. 32 und 37). Steht danach eine auf Werturteilen beruhende Beurteilung zur gerichtlichen Überprüfung an, kann das Gericht nicht die Darlegung und den Nachweis der einzelnen "Tatsachen" verlangen, die diesen Werturteilen in ihrem Ursprung auch zugrunde liegen, in ihnen selbst aber - entsprechend der dem Dienstherrn insoweit zustehenden Gestaltungsfreiheit - nicht in bestimmbarer, dem Beweis zugänglicher Weise enthalten sind. Ein solches Verlangen ließe außer Acht, dass die einem Werturteil zugrunde liegenden einzelnen tatsächlichen Vorgänge in der - zusammenfassenden und wertenden - persönlichen Beobachtung des Urteilenden verschmolzen und als solche nicht mehr feststellbar sind. Auch eine solche Beurteilung muss jedoch in einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Weise klar abgefasst sein. Etwaige Defizite kann der Dienstherr im Rahmen der Eröffnung und Besprechung der dienstlichen Beurteilung ausgleichen, indem er dem Beamten die getroffenen Werturteile und ihre Grundlagen näher erläutert. Die Verpflichtung zur Plausibilisierung der in einer dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile und die Darlegung von Zweifeln an der Richtigkeit dieser Werturteile stehen dabei in einer Wechselbeziehung zueinander. Hält der Beamte die dienstliche Beurteilung trotz einer Erläuterung durch den Dienstherrn für nicht hinreichend plausibel, liegt es an ihm, konkrete Punkte zu benennen, die er entweder für unklar oder für unzutreffend hält. Hat der Dienstherr seinen Standpunkt etwa in Gesprächen dargestellt, genügt es danach nicht mehr, Einzelbewertungen oder das Gesamturteil als nicht nachvollziehbar zu bezeichnen. In einer solchen Situation liegt es vielmehr am Beamten klarzustellen, hinsichtlich welchen Werturteils und aus welchem Grund er einen weiteren Erläuterungsbedarf sieht.
47Diese Grundsätze sind auf die dienstlichen Beurteilungen der Soldaten übertragbar, weil insoweit nach dem Zweck der Beurteilung, Leistungen nachvollziehbar darzustellen (§ 2 Abs. 1 SLV, § 49 Abs. 1 BLV), und hinsichtlich des dabei zu gewährleistenden Rechtsschutzes keine Unterschiede zu den dienstlichen Beurteilungen der Beamten bestehen.
48(2) Die beschriebene Verpflichtung zur Plausibilisierung wurde zwar hinsichtlich der schriftlichen Äußerung ("Gegenvorstellung") der Antragstellerin vom , nicht jedoch hinsichtlich ihrer "ausführlichen Gegenvorstellung" vom beachtet.
49Zu den in der schriftlichen Äußerung erhobenen Einwänden und Nachfragen hat sich der beurteilende Vorgesetzte mit seiner Stellungnahme vom erklärt. Der nächsthöhere Vorgesetzte ist auf die "Gegenvorstellung" im Rahmen der von ihm in der dienstlichen Beurteilung abzugebenden Stellungnahme eingegangen. Es ist davon auszugehen, dass die entsprechenden Gesichtspunkte auch Gegenstand der persönlichen Erörterungen anlässlich der Eröffnung der (Erst-)Beurteilung und der Stellungnahme waren. Insoweit ist der Einschätzung in dem Beschwerdebescheid des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom (Seiten 12/13) zuzustimmen, dass eine hinreichende Plausibilisierung erfolgt ist.
50Die Antragstellerin hat jedoch im Nachgang zu der Eröffnung der Beurteilung unter dem noch eine "ausführliche Gegenvorstellung zur Beurteilung" abgegeben, auf die sie sich auch ausdrücklich zur Begründung ihrer Beschwerde und des Antrags auf gerichtliche Entscheidung bezogen hat. Sie hat darin, über die schriftliche Äußerung vom hinausgehend, zahlreiche konkrete Einzelpunkte benannt, hinsichtlich derer sie die Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der Beurteilung beanstandet. Hervorzuheben sind insbesondere die Ausführungen zu dem Hauptpunkt der Kritik ihrer Vorgesetzten, nämlich dass es ihr an soldatischem Selbstverständnis fehle und sie sich weitgehend aus der Gemeinschaft des Einsatzkontingents zurückgezogen habe. Die Antragstellerin hat hierzu - unter anderem - erklärt, dass sie stets an den offiziellen Veranstaltungen des Kontingents (wie Kontingentfest, Fahrt nach N. zur politischen Bildung, Blutspende Aktion) und auch in der Freizeit an Unternehmungen und Treffen mit anderen Angehörigen der Einsatzwehrverwaltungsstelle (wie Essen gehen, Ausflüge nach Dienst) teilgenommen habe; mit zivilen Vertragspartnern habe sie dienstlich überhaupt nicht zusammengearbeitet, weshalb sie den in der Beurteilung erhobenen Vorwurf negativer Auswirkungen auf das Ansehen der Einsatzwehrverwaltungsstelle bei zivilen Vertragspartnern nicht nachvollziehen könne.
51Die Antragstellerin hat damit im Beschwerdeverfahren so konkrete, substantiierte und hinreichend gewichtige Punkte benannt, dass dies nach den oben dargelegten Grundsätzen einen neuen Plausibilisierungsbedarf auslöst, dem in den Beschwerdebescheiden nicht nachgekommen wurde. Aus den Tatbeständen der Beschwerdebescheide vom und vom ist zwar ersichtlich, dass die "ausführliche Gegenvorstellung" dort vorgelegen hat. In den Gründen der Bescheide wird jedoch nicht auf die Einwände und Nachfragen der Antragstellerin eingegangen, obwohl diese tragende Gesichtspunkte der angefochtenen Beurteilung betreffen und in Frage stellen. Auf Nachfrage durch das Gericht hat der Generalinspekteur der Bundeswehr mitgeteilt, dass im vorgerichtlichen Beschwerdeverfahren auch keine Stellungnahmen des beurteilenden und/oder des stellungnehmenden Vorgesetzten zu der "ausführlichen Gegenvorstellung" eingeholt wurden. Die Einholung einer solchen Stellungnahme ist zwar grundsätzlich nicht zwingend geboten, liegt aber in den Fällen nahe, in denen - wie hier - die Grundlagen der getroffenen Werturteile praktisch nur durch die beteiligten Vorgesetzten erläutert werden können.
52Bei der Neufassung sind deshalb die Wertungen der Beurteilung auch im Hinblick auf die Einwände der Antragstellerin in ihrer "ausführlichen Gegenvorstellung" zu plausibilisieren und dabei ggf. auch zu prüfen, ob die Beurteilung auf einem zutreffenden Sachverhalt beruht.
533. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2018:190718B1WB31.17.0
Fundstelle(n):
JAAAG-95091