Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Die Kläger erwarben im Mai 1996 ein 1956 erbautes Einfamilienhaus für 187 861,69 DM (Gebäudeanteil). Seit dem bewohnen die Kläger das Haus selbst. Ab 1996 erhalten sie die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz.
Nach dem Erwerb ließen sie folgende Arbeiten ausführen:
Abflussrohre erneuert,
Bad/Toiletten erneuert,
Elektroinstallation/Zählerschrank erneuert,
Haustüre ausgetauscht,
Heizung teilweise erneuert (neue Heizkörper, neue Zuleitungen),
Innenputz ausgebessert,
Innentüren erneuert,
zwei schadhafte Fenster erneuert,
schadhafte Terrassentür erneuert,
schadhafte Wasserinstallation erneuert,
schadhafter Holzfußboden erneuert oder ausgetauscht,
Teppichböden erneuert.
Ferner ließen sie einen Kachelofen für 14 200 DM einbauen. Vor dem Einzug wandten die Kläger 67 090,70 DM auf, von denen sie 51 692,06 DM als Erhaltungsaufwendungen werteten.
In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger neben der Vorkostenpauschale gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 3 500 DM weitere Vorkosten in Höhe von 22 500 DM gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2 EStG geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die Vorkostenpauschale, lehnte aber den weiteren Abzug von Aufwendungen gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2 EStG ab, weil es sich dabei um anschaffungsnahe Herstellungskosten handele.
Nach erfolglosem Einspruch erhoben die Kläger Klage. Im Rahmen des Klageverfahrens verständigten sich die Beteiligten dahin, dass jedenfalls ein Betrag von 47 395,77 DM auf Baumaßnahmen entfalle, mit denen keine zusätzlichen Ein- und Ausbauten durchgeführt worden seien. Das FA hielt danach die Klage in Höhe von 5 266 DM für begründet; die Klägerin habe ihren Anteil an dem Grundstück von einer Erbengemeinschaft erworben, an der sie zu 11,11 v.H. beteiligt gewesen sei (11,11 v.H. von 47 395,77 DM = 5 266 DM).
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2000, 1316):
Die Qualifizierung der Aufwendungen als Herstellungskosten richte sich im Rahmen des § 10i Abs. 1 Nr. 2 EStG allein nach § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB). Auf die für das FA maßgebende Erwägung, dass für 11,11 v.H. der Aufwendungen wegen des insoweit gegebenen unentgeltlichen Erwerbs anschaffungsnahe Aufwendungen nicht angenommen werden könnten, komme es nicht an.
Im Streitfall handele es sich um Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen jedenfalls insoweit, als die Aufwendungen dafür 47 395,77 DM betragen hätten. Das ergebe sich aus der Beschreibung der durchgeführten Arbeiten und aus den Belegen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 10i Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
Zwar stelle das FG zutreffenderweise auf den Herstellungsbegriff des § 255 Abs. 2 HGB ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe aber entschieden, dass für die Frage, ob eine wesentliche Verbesserung vorliege, beim Erwerber auf den Zeitpunkt des Erwerbs abzustellen sei (Hinweis auf das , BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, 634). Baumaßnahmen im Anschluss an den Erwerb könnten daher zu einer Verbesserung führen, während die gleichen Baumaßnahmen ohne zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb das Gebäude gegenüber seinem Zustand bei Herstellung nicht wesentlich verbessern würden.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und gemäß § 10i Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nur einen Betrag von 5 266 DM zum Abzug zuzulassen.
Die Kläger haben bisher keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zum Vorbringen des FA geäußert.
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat die streitigen Aufwendungen zu Recht in voller Höhe als Vorkosten gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zum Abzug zugelassen.
1. Nach dieser Vorschrift kann der Steuerpflichtige Erhaltungsaufwendungen bis zu 22 500 DM, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken entstanden sind, als Vorkosten wie Sonderausgaben abziehen. Voraussetzung ist weiter, dass die Aufwendungen nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Wohnung gehören (§ 10i Abs. 1 Satz 2 EStG).
Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich für die Gewinneinkünfte und Überschusseinkünfte, mithin auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, nach § 255 HGB (vgl. , BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968). Für § 10i Abs. 1 EStG gilt das entsprechend.
Die Höhe der Aufwendungen und ihre Nähe zur Anschaffung können allein weder zu Anschaffungs- noch zu Herstellungskosten führen (zur Begründung vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, zu II. 3. b).
Nach den Feststellungen des FG sind die Baumaßnahmen, jedenfalls soweit deren Kosten als Aufwendungen gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG geltend gemacht werden, vor der erstmaligen Nutzung der Wohnung durch die Kläger durchgeführt worden. In diesem Fall stellt sich lediglich die Frage, ob die Aufwendungen Anschaffungskosten oder sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG (Vorkosten) sind. Herstellungskosten scheiden in diesem Fall aus (vgl. , BFHE 198, 85, BFH/NV 2002, 966, zu II. 2. b aa).
2. Anschaffungskosten gemäß § 255 Abs. 1 HGB sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten.
a) Ein Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut, hier: Wohngebäude) ist betriebsbereit, wenn er entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Zu den Anschaffungskosten zählen daher die Aufwendungen, die erforderlich sind, um den erworbenen Vermögensgegenstand bestimmungsgemäß nutzen zu können (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 198, 85, BFH/NV 2002, 966, zu II. 2. b aa). Soll das Gebäude zu Wohnzwecken genutzt werden, dann gehört zur vom Erwerber zu treffenden Zweckbestimmung auch die Entscheidung, welchem Standard die Wohnung entsprechen soll (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchsvoll). Baumaßnahmen vor der erstmaligen Nutzung eines Gebäudes, deren Schwerpunkt nicht die Reparatur und Ersetzung des Vorhandenen, sondern die funktionserweiternde Ergänzung in mindestens drei der wesentlichen Bereiche der Wohnungsausstattung (Heizung, Sanitär- und Elektroinstallation sowie Fenster) zum Gegenstand haben, können den Standard eines Gebäudes erhöhen (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968, zu II. 3. a cc).
b) Unter Berücksichtigung dessen sind die Kosten der hier vorgenommenen Baumaßnahmen nicht als Anschaffungskosten gemäß § 10i Abs. 1 Satz 2 EStG zu werten. Nach den Feststellungen des FG ist durch die Baumaßnahmen im Wesentlichen Vorhandenes durch zeitgemäßes Neues ersetzt worden, ohne dass dies mit einer deutlichen Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten verbunden war. Das gilt insbesondere für die Heizungsanlage; der Austausch von Heizkörpern und Zuleitungen bedeutet noch nicht eine Erweiterung des Nutzungswerts der Heizungsanlage als Ganzes. Im Übrigen hat das FG zwar nicht im Einzelnen festgestellt, welche Maßnahmen bei den Elektro- und Sanitärinstallationen durchgeführt worden sind. Aber selbst wenn deren Nutzungswert wesentlich gesteigert worden sein sollte, kann dies noch nicht zu einer Standarderhöung des ganzen Wohnhauses geführt haben; dazu hätte es der wesentlichen Verbesserung von mindestens drei der o.a. Kernbereiche der Wohnungsausstattung bedurft. Verbesserungen durch Reparaturarbeiten in anderen Bereichen der Ausstattung des Hauses sind für den Wohnungsstandard von untergeordneter Bedeutung.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 452
BFH/NV 2003 S. 452 Nr. 4
KAAAA-71548