Darf ich mal sehen?
Erst schauen, dann prüfen, dann schätzen
Überraschend wurden in den Filialen diverser Fast-Food-Lieferanten Umsatzsteuer-Nachschauen durchgeführt mit dem Umfang „Feststellung des aktuellen Kassensystems“ und „Überprüfung der Einzelaufzeichnungspflicht“. Hintergrund waren Umsatzdaten über Bestellvorgänge aus einem Sammelauskunftsersuchen bei dem Betreiber eines Internetbestellportals. Dann ging alles ganz schnell. Nach Befragung zum verwendeten Kassensystem überreichten die Betriebsprüfer die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die dann mit der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens endete. Ist da alles korrekt gelaufen? Oder durfte der Prüfer vor Ort gar nicht zu einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung übergehen? In zwei vergleichbaren Sachverhalten haben nun zwei Senate des FG Hamburg unterschiedlich geurteilt. Während der 1. Senat die Umsatzsteuer-Nachschau nur für vorgeschoben hielt, um sich den Zutritt zu erschleichen und ohne Vorankündigung zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu wechseln, sah der 6. Senat da kein Problem. die gegensätzlichen Urteile und warnt, Unternehmer sollten nach Beendigung einer Umsatzsteuer-Nachschau ihre Geschäftsbeziehungen kritisch hinterfragen. Denn der Weg von einer Nachschau zu einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist möglicherweise äußerst kurz.
Zunächst geprüft und dann geschätzt, das war die Sachlage mit der sich der VIII. Senat des BFH auseinanderzusetzen hatte. Den Fall eines Steuerberaters, der den Gewinn seiner freiberuflichen Tätigkeit durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte, nahmen die Richter zum Anlass, um Finanzamt und Finanzgericht erneut darauf hinzuweisen, Verprobung und Schätzung nicht zu vermengen. Vielmehr seien Verprobung und Schätzung klar auseinanderzuhalten. Denn vor einer Schätzung ist zunächst die fehlende formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung festzustellen. Dabei gilt die Richtigkeitsvermutung der Buchführung auch für den Fall von Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der Einnahmenüberschussrechnung. Daraus folgt, erst dann, wenn die formelle Ordnungswidrigkeit der Buchführung feststeht, darf, ja muss geschätzt werden. auf, warum die formalisierte Herangehensweise der vom X. Senat – eigentlich als Auswahlkriterien für die Geeignetheit der unterschiedlichen Schätzungsmethoden – entwickelten „Drei-Stufen-Theorie“ an die zu untersuchenden Buchführungsfälle hilft, Verprobung und Schätzung nicht zu vermengen.
„Darf ich mal sehen?“ – unbefugte Dritte sollten auf den E-Mail-Verkehr zwischen Steuerberater und Mandant möglichst keinen Zugriff haben. Doch führt dies gleich zu einer Verschlüsselungspflicht? Dieser Frage geht nach.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2018 Seite 2825
NWB EAAAG-94757