Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte Garnelen aus Myanmar ein und ließ diese in den Jahren 1994 und 1995 in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Auf Grund der von ihr vorgelegten Ursprungszeugnisse nach Formblatt A wurde ihr eine Zollpräferenz gewährt.
Im Anschluss an eine Außenprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt —HZA—) zu dem Ergebnis, dass der für die Gewährung der Zollpräferenz erforderliche Direktbeförderungsnachweis nicht erbracht worden sei. Das HZA forderte deshalb mit Steueränderungsbescheid vom…... DM Zoll von der Klägerin nach.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG). Das FG wies die Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, das HZA habe den Zoll zu Recht nachgefordert, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung der Zollpräferenz gehabt habe. Denn die Klägerin habe den erforderlichen Direktbeförderungsnachweis nicht erbracht. Mit den von ihr vorgelegten Frachtbriefen, die als Ladehafen Singapur und Entladehafen Hamburg auswiesen, sowie den Bescheinigungen der Handelskammer von Singapur über den Ursprung und die Behandlung der Waren könne eine unmittelbare Beförderung in die Gemeinschaft nicht nachgewiesen werden. Da Singapur als allgemeiner Umschlagplatz für Waren der von der Klägerin eingeführten Art gelte und nicht auf der Beförderungsstrecke zwischen Myanmar und der Bundesrepublik Deutschland liege, sei ein Beförderungsnachweis für die Strecke von Myanmar nach Singapur unerlässlich. Von der Nacherhebung des Zolls könne auch nicht nach den abschließenden Regelungen des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 302/1) abgesehen werden. Es liege kein Irrtum der Zollbehörde vor, weil diese die Zollanmeldungen der Klägerin im Hinblick auf den erforderlichen Direktbeförderungsnachweis nicht überprüft habe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie Verfahrensfehler geltend macht. Sie trägt vor, das FG habe seinem Urteil nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt. Das FG habe ihren Vortrag nicht berücksichtigt, wonach sie durch die mit den Zollanmeldungen vorgelegten Unterlagen den erforderlichen Direktbeförderungsnachweis erbracht habe. Ergänzend habe sie in der mündlichen Verhandlung ein Telefax der International Enterprise Singapore vom ... April 2002 und ein Telefax der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Singapur vom ... April 2002 vorgelegt. Das FG habe diese Bescheinigungen nicht berücksichtigt, obwohl hiermit nachgewiesen worden sei, dass die Singapore International Chamber of Commerce befugt gewesen sei, den Ursprung der Waren aus Myanmar zu bestätigen. Ferner habe das FG entgegen ihrem schriftsätzlich gestellten Beweisantrag den Zeugen X nicht vernommen. Dieser Zeuge habe bestätigen können, dass Einvernehmen mit den für die Zollabfertigung zuständigen Beamten des HZA darüber bestanden habe, dass bei der Vorlage eines in Singapur ausgestellten Certificate of Origin/Processing Beförderungspapiere für die Vorfracht von Myanmar nach Singapur nicht verlangt würden, weil dieser Sachverhalt bereits durch die zuständige Behörde in Singapur geprüft worden sei. Das FG sei zudem auf Grund des Amtsermittlungsgrundsatzes verpflichtet gewesen, bei Zweifeln an der Zuständigkeit der Singapore International Chamber of Commerce eigene Ermittlungen durchzuführen.
Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift ein Grund, der zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) führen könnte, nicht schlüssig dargelegt ist, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt.
Soweit die Klägerin rügt, das FG habe seinem Urteil nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde gelegt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), weil es ihren Vortrag und die von ihr vorgelegten Unterlagen nicht berücksichtigt habe, ergibt sich hieraus nicht schlüssig der geltend gemachte Verfahrensfehler.
a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht von ihm entgegengenommenes Vorbringen bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Soweit geltend gemacht wird, dass dies im Einzelfall nicht geschehen ist, sind dafür konkrete Anhaltspunkte zu benennen (vgl. Senatsbeschlüsse vom VII B 127/98, BFH/NV 1999, 673, 675 sowie vom VII B 41/01, BFH/NV 2002, 932, 933). Ferner ist darzulegen, inwiefern die Entscheidung des FG auf der Nichtberücksichtigung des Vorbringens beruhen kann (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 4/99, BFH/NV 2000, 214, 215; , BFH/NV 2001, 186, 187).
Diesen Anforderungen an die schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin zeigt weder auf, warum das FG ihr erstinstanzliches Vorbringen und die von ihr vorgelegten Unterlagen nicht berücksichtigt haben soll, noch inwiefern die Entscheidung des FG auf der von ihr gerügten Nichtberücksichtigung der Akten beruhen kann. Tatsächlich hat das FG ausgeführt, mit den von der Klägerin vorgelegten Frachtbriefen sowie den Bescheinigungen der Handelskammer von Singapur über den Ursprung und die Behandlung der Waren könne eine unmittelbare Beförderung in die Gemeinschaft nicht nachgewiesen werden. Hieraus folgt, dass das FG das Vorbringen der Klägerin und die von ihr vorgelegten Unterlagen bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt hat.
Im Kern wendet sich die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung
gegen die Beweiswürdigung des FG in der angegriffenen Entscheidung. Sie macht damit aber keinen Verfahrensmangel geltend, sondern greift die sachliche Richtigkeit der Vorentscheidung an. Dies eröffnet jedoch nicht die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. , BFH/NV 1999, 1478; Senatsbeschluss vom VII B 193/01, BFH/NV 2002, 818, 819).
b) Die Klägerin hat einen Verfahrensfehler gleichfalls nicht schlüssig dargelegt, soweit sie rügt, das FG habe den von ihr schriftsätzlich benannten Zeugen X nicht vernommen.
Zur Darlegung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört insbesondere der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. BFH-Beschlüsse vom X B 222/94, BFH/NV 1995, 787; vom VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608; Senatsbeschluss vom VII B 40/01, BFH/NV 2002, 373, 376). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter —ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge— verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge.
Die Klägerin hat nicht vorgetragen, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem FG das Unterlassen der Einholung der beantragten Zeugeneinvernahme durch ihren fachkundigen Prozessbevollmächtigten gerügt hat. Auch sind keine Gründe dafür erkennbar, dass die rechtzeitige Rüge des behaupteten Verfahrensfehlers auf Grund des Verhaltens des FG nicht möglich gewesen wäre. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom ... April 2002 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Ausführungen zu seinem schriftsätzlichen Vorbringen gemacht, ohne den von ihm angekündigten Beweisantrag ausdrücklich zu wiederholen. Der Vorsitzende des Senats des FG hat nach Stellung der gegenseitigen Anträge die mündliche Verhandlung geschlossen, weil die Beteiligten keine weiteren Ausführungen mehr machen wollten. Die Klägerin hat zu diesem Zeitpunkt die Aufmerksamkeit des Gerichts nicht auf ihren schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag gelenkt bzw. das Übergehen gerügt. Auf die Rüge ist damit wirksam verzichtet worden.
c) Die Klägerin hat einen Verfahrensfehler auch nicht schlüssig dargelegt, soweit sie geltend macht, das FG sei auf Grund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verpflichtet gewesen, bei Zweifeln an der Zuständigkeit der Singapore International Chamber of Commerce eigene Ermittlungen durchzuführen. Das FG hatte keine Zweifel an der Zuständigkeit der Singapore International Chamber of Commerce. Es hat vielmehr angenommen, dass die Klägerin mit den von ihr vorgelegten Unterlagen den erforderlichen Direktbeförderungsnachweis nicht erbracht habe.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
FAAAA-70945