Aufwendungen einer sozialpädagogischen Assistentin für die Schulung zur Heilerzieherin als WK
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Streitig ist, ob bei der Zusammenveranlagung der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) zur Einkommensteuer 1999 die Aufwendungen der Klägerin für die Schulung zur Heilerzieherin als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Die 1956 geborene Klägerin ist sozialpädagogische Assistentin. Im April/Mai 1997 bewarb sie sich um eine Anstellung bei einem damals noch im Aufbau befindlichen integrativen Kindergarten e.V. Dieser suchte eine Heilerzieherin, weil dort auch behinderte und wahrnehmungsgestörte Kinder betreut werden sollten. Die Klägerin war bereit, eine Ausbildung als Heilerzieherin aufzunehmen. Daraufhin wurde sie vom Kindergarten eingestellt.
Am schloss die Klägerin mit einer Schule für Heilerziehungspflege einen Schulvertrag ab, um ”staatlich geprüfte Heilerzieherin” zu werden. Die Schulzeit begann im August 1997 und betrug vier Jahre. Die durchschnittliche wöchentliche Schulzeit umfasste 16 Schulstunden. Die Klägerin war verpflichtet, neben der Schulzeit mindestens 19,5 Stunden pro Woche in einem integrativen Kindergarten zu arbeiten. Ab November 1997 war sie zunächst als pauschal entlohnte Arbeitnehmerin (mit 630 DM monatlich) für den Kindergarten tätig. Ab Juli 1998 erhielt sie einen Dienstvertrag als ”Erzieherin” mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 11 Stunden.
In der Einkommensteuererklärung für 1999 machten die Kläger Aufwendungen der Ehefrau für die Schulung zur Heilerzieherin als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Im Einzelnen handelt es sich um Fahrten zur Schule (an 81 Besuchstagen x 152 km x 0,52 DM/km = 6 402 DM) und Schulgeld (3 120 DM). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) sah die Aufwendungen als Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Nach der Erläuterung im Einkommensteuerbescheid sollten Sonderausgaben in Höhe von 2 400 DM berücksichtigt werden, was tatsächlich aber nicht geschah. Der auf vollen Werbungskostenabzug gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) entschied, die Schulungskosten der Klägerin stellten Werbungskosten dar. Zwar seien diese Aufwendungen ihrem Wesen nach Berufsausbildungskosten. Gleichwohl seien sie als Werbungskosten zu qualifizieren, weil sie mit den Einnahmen der Klägerin als Arbeitnehmerin in so starkem Maße verknüpft seien, dass dies nicht unbeachtet bleiben könne. Die Klägerin habe die Anstellung im Kindergarten nur erhalten, weil sie bereits beim Bewerbungsgespräch ihr Interesse an einer derartigen Ausbildung deutlich gemacht habe. ”Aber unabhängig davon” bestehe vorliegend die Besonderheit, dass die Klägerin die Ausbildung nicht ohne gleichzeitige praktische Berufsausübung habe durchlaufen können. Bei diesem engen Zusammenhang zwischen der beruflichen praktischen Tätigkeit als zukünftige Heilerzieherin und der sie begleitenden theoretischen Ausbildung dienten die Kosten der Ausbildung bereits unmittelbar der Sicherung und Erhaltung der Erwerbsquelle mit der Folge des Werbungskostenabzugs.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA u.a. einen Verstoß gegen §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Aufwendungen für die Ausbildung zur Heilerzieherin seien lediglich als begrenzt abziehbare Sonderausgaben zu behandeln, weil ansonsten der Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG leer laufen würde. Werbungskosten seien nur dann vorrangig zu berücksichtigen, wenn sie die im Streitjahr ausgeübte Erwerbstätigkeit beträfen. Das sei hier aber nicht der Fall.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger treten der Revision entgegen und beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Bildungsaufwendungen können, sofern sie beruflich veranlasst sind, Werbungskosten sein. Liegt ein erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang vor, kommt es nicht darauf an, ob ein neuer, ein anderer oder ein erstmaliger Beruf ausgeübt werden soll. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die Urteile vom VI R 120/01 (BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403, zur Umschulung), vom VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, zum berufsbegleitenden Erststudium) und vom VI R 33/01 (BFH/NV 2003, 1119, zur erstmaligen Berufsausbildung) verwiesen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Bildungsaufwendungen der Klägerin dem Grunde nach als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Das auslösende Moment für diese Aufwendungen ist der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsphäre zuzuordnen. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin die Schulung zur Heilerzieherin aus beruflichen Gründen betrieben, nämlich um eine von diesem Beruf abhängige Anstellung im Kindergarten zu erlangen. Die Bildungsmaßnahme bereitete die Klägerin konkret und zielgerichtet auf eine künftige Tätigkeit als Heilerzieherin vor, welche für die Klägerin nach erfolgreichem Schulungsabschluss im Kindergarten auch vorgesehen war. Da die Schulung auf die Erzielung von steuerbaren Einnahmen gerichtet war, sind hiermit im Zusammenhang stehende Aufwendungen dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar.
Die Sache ist aber nicht spruchreif. Die Tatsachenfeststellungen des FG lassen keine abschließende Beurteilung zu, ob vorliegend die Schule als (weitere) regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusehen ist (vgl. , BStBl II 2003, 749). Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen; dieses wird die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
TAAAA-70881