Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Der 1968 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) absolvierte nach bestandener Reifeprüfung von 1989 bis 1992 die Ausbildung zum staatlich geprüften Wirtschaftsinformatiker (BA) an der Berufsakademie der Wirtschaftsakademie…(WAK). Das Modell der Berufsakademie verbindet eine praktische Ausbildung im Betrieb mit einem wissenschaftlichen Studium an der Wirtschaftsakademie. Ziel der Ausbildung ist es, Nachwuchskräfte in mittleren und gehobenen Positionen praxisnah zu schulen. Die Ausbildung des Klägers umfasste auch einen betriebswirtschaftlichen Studienteil, der neben kaufmännischem Grundlagenwissen eine vertiefte Behandlung der für die Informationsverarbeitung besonders bedeutsamen Fächer Rechnungswesen und Organisation vorsah.
Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung im Jahr 1992 arbeitete der Kläger in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis als Systementwickler. Laut schriftlicher Bestätigung seiner Arbeitgeberin benötigte er umfangreiche betriebswirtschaftliche Kenntnisse, um die Problemstellungen der Fachbereiche verstehen, Projektmanagement leisten und Projekte auch unter betriebswirtschaftlichen Kostenaspekten bewerten zu können.
Auf Hinweis und Vorschlag seiner Arbeitgeberin begann der Kläger im Streitjahr 1995 ein berufsbegleitendes Aufbaustudium der Betriebswirtschaftslehre an der ...akademie. Diese Akademie ist eine staatlich anerkannte private Fachhochschule mit dualen Studiengängen. Der vom Kläger besuchte Aufbaustudiengang wendete sich ausschließlich an Absolventen der WAK und bereitete in drei Semestern berufsbegleitend auf die Erlangung des Hochschulgrades Diplom-Betriebswirt/in (FH) vor. Das Aufbaustudium gliederte sich in Zeiten mit Abend- oder Wochenendveranstaltungen und sogenannten Präsenzphasen von jeweils einer Woche. Die Arbeitgeberin unterstützte das Aufbaustudium des Klägers durch die Gewährung von Bildungsurlaub und Erleichterungen in der Gleitzeitverordnung. Der Kläger schloss das Studium im Herbst 1997 erfolgreich mit der Diplom-Prüfung ab.
In der Einkommensteuererklärung für 1995 machte der Kläger Kosten des Aufbaustudiums (Studiengebühren, Fahrten zu Lehrveranstaltungen, Verpflegungsmehraufwendungen, Fachbücher) in Höhe von 3 845 DM und daneben Aufwendungen für Arbeitsmittel (Büroschrank, Schreibtisch, Schreibtischstuhl, Absetzung für Abnutzung für Computer, Drucker und Computerzubehör) in Höhe von 1 870 DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) sah die mit dem Studium zusammenhängenden Kosten als Berufsausbildungskosten an und ließ diese nur mit dem Höchstbetrag von 900 DM nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben zum Abzug zu. Die Aufwendungen für Arbeitsmittel erkannte es in Höhe von 936 DM (zur Hälfte) als Werbungskosten an. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 780 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der vom FG zugelassenen Revision trägt das FA unter Hinweis auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung vor, Fortbildungs- und somit Werbungskosten seien nicht gegeben, weil es sich um ein Erststudium handele. Die gegenteilige Ansicht des FG führe zu kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten.
Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger tritt der Revision entgegen.
Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen für das berufsbegleitende Erststudium des Klägers dem Grunde nach als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind. Diese Aufwendungen sind keine Kosten der Berufsausbildung i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Mit Urteil vom VI R 137/01 (DB 2003, 127) wurde die Auffassung aufgegeben, wonach Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar sind. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das genannte Urteil verwiesen.
Im Streitfall sind die Bildungsaufwendungen des Klägers beruflich veranlasst. Der berufliche Anlass ist gegeben, weil der Kläger nach mehrjähriger Berufstätigkeit auf Anregung seiner Arbeitgeberin das berufsbegleitende Studium der Betriebswirtschaftslehre aufgenommen hat, um in seinem Beruf besser voranzukommen, seine Kenntnisse zu erweitern und seine Stellung im Unternehmen zu festigen. Er hat die Studienkosten aufgewandt, um höhere Einnahmen zu erzielen bzw. diese zu sichern.
Das FG hat aber keine ausreichenden Feststellungen über die Art und Höhe der Werbungskosten getroffen. Dies wird es nachzuholen haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 475
BFH/NV 2003 S. 475 Nr. 4
KÖSDI 2003 S. 13708 Nr. 5
UAAAA-70859