BFH Beschluss v. - V R 93/01, V B 197/01, V B 201/01

Gründe

I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Revisionskläger (Kläger) hatte ursprünglich wegen Aussetzungszinsen in Höhe von 49,50 DM geklagt. Im Hinblick auf den geringen Streitwert und eventuell weitere Aufklärungsmaßnahmen hatte der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) beim Beklagten, Beschwerdegegner und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) angeregt, den Zinsbescheid aufzuheben. Nachdem das FA dies getan hatte, ist der Kläger unter Hinweis auf eine von ihm beabsichtigte Klage auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen. Das FG hat diese mangels Feststellungsinteresse als unzulässig verworfen; es sei nicht erkennbar, welcher Schaden dem Kläger über die Verfahrenskosten hinaus durch die eventuelle unrechtmäßige Festsetzung von 49,50 DM Zinsen entstanden sein könnte. Es hat deshalb die Klage kostenpflichtig abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht ausdrücklich zugelassen, in der Urschrift des Urteils aber das Kästchen ”Rechtsmittelbelehrung: HFG 501 b (13/ub)” angekreuzt, das auf die beim FG übliche Rechtsmittelbelehrung im Fall der Zulassung der Revision verweist. Demgemäß heißt es in der dem Kläger übersandten Ausfertigung des Urteils vom unter der Überschrift Rechtsmittelbelehrung: ”Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.” Mit Beschluss vom hat das FG die Rechtsmittelbelehrung unter Hinweis auf § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahin geändert, dass es nunmehr die Beteiligten über die Möglichkeit belehrte, die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde anzufechten. Wegen der Rechtsmittelbelehrung in dem Berichtigungsbeschluss wird auf diesen verwiesen.

Laut Postzustellungsurkunde ist der Berichtigungsbeschluss dem Kläger persönlich am zugestellt worden. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde (Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs —BFH—: V B 201/01); ein Fall einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 107 FGO liege nicht vor. Die Beschwerde (Telefax) ist beim FG am eingegangen. Auf den Hinweis der Geschäftsstelle des erkennenden Senats, die Beschwerde sei verspätet, bestreitet der Kläger die Zustellung am an ihn persönlich und beantragt, den Postzusteller hierzu zu vernehmen; gleichzeitig beantragt er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Ebenfalls am legte der Kläger Revision gegen das Urteil des FG ein, mit der er unter anderem Verletzung rechtlichen Gehörs geltend macht (Aktenzeichen des BFH: V R 93/01). Er meint, die Voraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO lägen nicht nur wegen des beabsichtigten Schadensersatzprozesses, sondern auch wegen Wiederholungsgefahr vor, die bei den Finanzämtern A und B zu besorgen sei.

Für den Fall, dass der o.g. Beschwerde gegen den auf § 107 FGO gestützten Berichtigungsbeschluss nicht stattgegeben wird, erhebt der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (Aktenzeichen des BFH: V B 197/01).

II. Die eingelegten Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss ist zwar zulässig aber unbegründet.

a) Die Beschwerdefrist des § 129 FGO war bei Einlegung der Beschwerde am noch nicht abgelaufen. Ist die Rechtsmittelbelehrung in einer gerichtlichen Entscheidung unterblieben oder unrichtig erteilt, so beginnt die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels gemäß § 55 FGO nicht zu laufen.

Die Rechtsmittelbelehrung in dem Beschluss vom war unrichtig. Sie gab den Kreis der vor dem BFH vertretungsberechtigten Personen unvollständig an; sie berücksichtigte nicht, dass ab dem auch die in § 62a FGO genannten Gesellschaften vertretungsberechtigt waren.

b) Die Beschwerde ist aber unbegründet.

Nach § 107 Abs. 1 FGO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit berichtigt werden. Im Streitfall ist offenbar, dass der Richter, der die Vorentscheidung fällte, die Revision nicht zulassen wollte, sondern aus Versehen das falsche Kästchen zur Rechtsmittelbelehrung angekreuzt hat. Er hielt nämlich ausdrücklich ”eine weitere Fortsetzung dieses…Bagatellverfahrens nicht für sachgerecht” und entschied nach § 94a FGO durch abschließendes Urteil. Selbst wenn eine Zulassung der Revision in der Rechtsmittelbelehrung zulässig wäre, müsste sie doch ausdrücklich durch besondere Entscheidung erfolgen; eine Rechtsmittelbelehrung, die lediglich von der Zulässigkeit der Revision ausgeht und nicht zu erkennen gibt, dass diese durch besondere Entscheidung begründet werden soll oder begründet worden ist, reicht zur Zulassung nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IV B 27/87, BFHE 150, 403, BStBl II 1987, 786, und vom VII B 116/93, BFH/NV 1994, 653). Mangels einer besonderen Entscheidung über die Zulassung der Revision war die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des FG unrichtig; sie beruhte erkennbar auf einem Versehen des Richters und konnte deshalb nach § 107 FGO berichtigt werden.

Eine andere Frage ist, ob die Übung des Hessischen FG, die Rechtsmittelbelehrung nicht in den Volltext des vom Richter unterzeichneten Urteils aufzunehmen, den Formerfordernissen des § 105 FGO genügt.

2. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat ebenfalls keinen Erfolg.

Das Urteil des FG leidet nicht unter den vom Kläger gerügten Verfahrensmängeln.

a) Das FG hat zu Recht ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Zinsbescheids verneint.

In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der Hinweis auf einen Schadensersatzprozess kann ein berechtigtes Interesse i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO begründen. Dies setzt jedoch voraus, dass ein Schadensersatzprozess, wenn nicht schon anhängig, so doch mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass die Entscheidung nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO für den Schadensersatzprozess nicht unerheblich ist und dass der Schadensersatzprozess nicht offenbar aussichtslos ist; die Voraussetzungen für das besondere Feststellungsinteresse müssen substantiiert dargelegt werden (, BFH/NV 1995, 322). Eine derartige substantiierte Darlegung des Feststellungsinteresses hat das FG zu Recht vermisst. Der Schriftsatz vom konnte diese Darlegung bereits deshalb nicht enthalten, weil damals der angefochtene Verwaltungsakt noch bestand und der Kläger demgemäß auch noch nicht zur Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen war.

b) Soweit der Kläger nunmehr sein Feststellungsinteresse auch mit ”Wiederholungsgefahr” begründet, kann hieraus ebenfalls kein Verfahrensfehler des FG hergeleitet werden, da der Kläger nicht dargelegt hat, dass er diesen Gesichtspunkt bereits vor dem FG geltend gemacht hatte.

c) Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der Kläger hätte in diesem Zusammenhang darlegen müssen, wozu er sich nicht äußern konnte (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 3 und § 116 Abs. 3 FGO).

3. Mangels Zulassung der Revision ist diese unzulässig (§ 115 Abs. 1 FGO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 643
BFH/NV 2003 S. 643 Nr. 5
IAAAA-70730