Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) befasst sich als Kommanditgesellschaft mit dem Erwerb und der Verwaltung von gewerblich genutzten Grundstücken sowie der Verwaltung von Beteiligungen an anderen Unternehmen. Ihre Geschäftsführer A und B sind in gleicher Funktion bei der X-GmbH (GmbH) tätig, deren sämtliche Geschäftsanteile die Klägerin hält.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) erfasste in dem angefochtenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für Januar 2001 die sich aus der Tätigkeit der GmbH ergebenden Besteuerungsmerkmale bei der Klägerin, weil zwischen der Klägerin und der GmbH eine Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des Um-satzsteuergesetzes 1999 —UStG—) bestehe.
Mit der dagegen gerichteten Sprungklage macht die Klägerin geltend, es müsse dem Organträger überlassen bleiben, ob die Rechtsfolgen der Organschaft einträten. Dieses Wahlrecht hinsichtlich der Rechtsfolgen der Organschaft folge aus einer teleologischen Reduktion des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte es insbesondere aus, die Beteiligten gingen zwar zutreffend übereinstimmend vom Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der Organschaft aus; ein Wahlrecht hinsichtlich deren Rechtsfolgen bestehe aber nicht. Eine entsprechende teleologische Reduktion komme nicht in Betracht, weil diese eine —vorliegend nicht gegebene— Verfehlung des Gesetzeszwecks im Einzelfall voraussetze.
Die Klägerin erhob Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision. Sie macht die grundsätzliche Bedeutung der Frage geltend, ob ”die Rechtsfolgen der Organschaft gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwingend oder nur auf Antrag des Organträgers eintreten” (Wahlrecht). Sie trägt zur Begründung vor: Ein Wahlrecht sei erforderlich, weil eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Willen des Gesetzgebers bestehe und weil § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG gegen höherrangiges Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht (Grundsätze der Rechtsformneutralität und der steuerlichen Neutralität) verstoße.
Die von der Rechtsprechung angenommene zwingende Folge der Organschaft entspreche nicht dem wirklichen Willen des Gesetzgebers, der dieses Institut (nur) zur Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeit beibehalten habe; tatsächlich bedeute die Organschaft aber ein Mehr an Verwaltungsaufwand für die meisten Unternehmen. Mit der Einführung des Vorsteuerabzugs sei deren ursprünglicher Zweck entfallen. Die Differenzierung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nach der Rechtsform der beherrschten Gesellschaft —z.B. GmbH bzw. GmbH & Co KG— verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Dieses Grundrecht sei auch deswegen verletzt, weil der Gesetzgeber die zivilrechtliche Trennung der Haftungsmassen, die er sonst im Steuerrecht beachte, zu Gunsten des Steueranspruchs aufhebe; der Staat werde bei Insolvenz der Organgesellschaft gegenüber deren anderen Gläubigern ohne sachlichen Grund bevorzugt. Zudem habe der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) aus dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer ein Verbot der unterschiedlichen Besteuerung je nach der Rechtsform der Steuerpflichtigen abgeleitet. Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) lasse zwar die Einführung der Organschaft zu, rechtfertige jedoch nicht eine von der Rechtsform abhängige unterschiedliche Behandlung.
Die Klägerin beantragt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) zuzulassen.
Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nur wegen einer Rechtsfrage in Betracht, die im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Entscheidung erforderlich machen (vgl. z.B. , BFH/NV 2002, 1012, m.w.N.).
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. , BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, unter II. 2. b dd; die Verfassungsbeschwerde dagegen wurde nicht zur Entscheidung angenommen: ) ist es ”zweifelsfrei”, dass das Gemeinschaftsrecht für die finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch verbundenen Unternehmen kein Wahlrecht vorschreibt, von den Regeln der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft Gebrauch zu machen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. auch , Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 1050; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 37 Rz. 12; Fröschl, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2002, 257).
Ein solches Wahlrecht bei der Organschaft, wie es z.B. in Großbritannien und der Schweiz vorgesehen ist (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer), Kommentar, § 2 Anm. 624, 627), mag zwar rechtspolitisch sinnvoll sein. Es obläge aber dem Gesetzgeber, es vorzusehen.
b) Soweit die Klägerin ferner geltend macht, § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müsse entgegen dem Wortlaut der Vorschrift verfassungs- und gemeinschaftskonform dahin ausgelegt werden, dass nicht nur juristische Personen, sondern auch Personengesellschaften als Organgesellschaften in Betracht kommen müssten, stellt sich diese Frage im Streitfall nicht; sie wäre deshalb in einem Revisionsverfahren nicht klärbar.
Die —unstreitig— finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Klägerin eingegliederte Gesellschaft ist eine juristische Person (GmbH).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 515
BFH/NV 2003 S. 515 Nr. 4
MAAAA-70532