Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erweiterte in den Jahren 1982 und 1983 (Streitjahre) ihr Werk. Um den erhöhten Energiebedarf zu decken, ließ sie auf ihrem Gelände auf eigene Kosten eine neue Übergabetransformatorenstation errichten. Außerdem stellte das Elektrizitätswerk (EW) einen neuen Versorgungsweg her, indem es zwei 10 KV-Kabel von einer auswärtigen Umspannungsanlage zur Übergabestation auf dem Gelände der Klägerin verlegte. Für die Verlegung der im Eigentum des EW stehenden Anschlussleitungen bis zum Anschlusspunkt an das Hauptverteilungsnetz des EW zahlte die Klägerin nach den Sonderbedingungen für Hochspannungsabnehmer des EW eine ”verlorene Beisteuer zu den Kosten der Leistungsbereitstellung an der Übergabestelle” in Höhe von ... DM. Die neue Übergabetransformatorenstation ersetzt die bisherige nicht erweiterbare Übergabetransformatorenstation, die in eine Unterstation umfunktioniert wurde. Das den Betrieb seither versorgende Kabel wurde um die bisherige Leistung entlastet. Der für dieses Kabel früher von der Klägerin bezahlte Baukostenzuschuss von ... DM wurde auf die Aufwendungen für die beiden neuen Kabel angerechnet.
Für die Verlegung der Kabel wandte die Klägerin im Jahr 1982 ... DM und im Jahr 1983 ... DM auf. Neben anderen Positionen beantragte sie für die Errichtung der Trafostation sowie für die Verlegung der Stromkabelzuleitung für die Streitjahre 1982 und 1983 die Gewährung einer Investitionszulage zur Förderung der Beschäftigung gemäß § 4b des Investitionszulagegesetzes (InvZulG) 1982, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gewährte.
Aufgrund einer Außenprüfung (vgl. den Bericht vom , Tz. 40) änderte das FA die Investitionszulagenbescheide für die Streitjahre und berücksichtigte die Zahlungen an das EW mit der Begründung nicht mehr, die Klägerin habe ein nicht zulagenbegünstigtes immaterielles Wirtschaftsgut ”gesicherte Stromversorgung” erworben.
Der hiergegen erhobene Einspruch und die Klage, die die Klägerin damit begründete, bei den Aufwendungen für die Kabelzuleitung handele es sich um Herstellungskosten der Trafostation, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus: Herstellungskosten seien die dem einzelnen Wirtschaftsgut unmittelbar (final) zurechenbaren Kosten. Diese Voraussetzung sei bei den Aufwendungen für die Kabelzuleitung nicht gegeben. Denn die Zahlungen hätten nicht der unmittelbaren Nutzbarmachung des Wirtschaftsguts ”Trafostation” gedient, sondern der Herstellung des sich außerhalb des Grundstücks der Klägerin befindlichen Wirtschaftsguts ”Kabelzuleitung”, das im Eigentum des EW stehe.
Der Beitrag der Klägerin zur Errichtung der Anschlussleitungen sei auch nicht dem Aufwand für Mieterein- oder -umbauten i.S. von § 4b Abs. 2 Satz 6 InvZulG 1982 gleichzustellen. Voraussetzung dafür sei, dass es sich um eine Baumaßnahme handele, die zur Herstellung eines Wirtschaftsguts führe, das im wirtschaftlichen Eigentum des Mieters bzw. des Nutzungsberechtigten stehe. Wirtschaftliches Eigentum der Klägerin liege indes nicht vor, da sie nicht in der Lage sei, den zivilrechtlichen Eigentümer (das EW) auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut (die Leitungen) auszuschließen. Im Übrigen fehle es auch an einer Baumaßnahme. Denn für bloße Baukostenzuschüsse komme eine Investitionszulage nicht in Betracht.
Die Frage, ob die Klägerin durch den Zuschuss ein immaterielles Wirtschaftsgut ”gesicherte Stromversorgung” erworben habe, könne offen bleiben. Denn immaterielle Wirtschaftsgüter seien nicht zulagenbegünstigt.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, durch den Beitrag eines Unternehmens zu den Aufwendungen eines Elektrizitätswerks für Anschlussarbeiten anlässlich der Umstellung der Stromversorgung werde kein immaterielles Wirtschaftsgut ”gesicherte Stromversorgung” erworben (, BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289). Denn die Zahlung sei keine Gegenleistung für die Stromversorgung. Diese werde durch den getrennt abgeschlossenen Stromlieferungsvertrag gewährleistet. Anders als in dem Fall des Urteils in BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289, in dem sich der Unternehmer lediglich an den Gesamtkosten einer von einer Vielzahl von Personen mitbenutzten Einrichtung beteiligt habe und in dem der BFH die Schaffung eines nicht bilanzierbaren Vorteils angenommen habe, habe sie, die Klägerin, die Gesamtkosten der Kabelverlegung, die ausschließlich ihr zugute gekommen sei, getragen. Die Kabelverlegung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung der Trafostation, die durch die Verlegung der neuen Stromkabel ihre höhere Kapazität erst richtig habe nutzen können. Es handele sich um eine technisch abgestimmte Gesamtmaßnahme, die nur wegen der Eigentumsverhältnisse und des größeren technischen Know-how zum Teil durch das EW habe erledigt werden müssen. Die Kabel dienten dazu, die Trafostation überhaupt nutzbar zu machen. Eine Nutzung durch Dritte sei ausgeschlossen. Somit bestehe ein enger Zusammenhang, der die Errichtung der Station und die Verlegung der Kabel als einheitliche Gesamtmaßnahme erscheinen lasse.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Investitionszulagenbescheide 1982 und 1983 die Investitionszulage 1982 um ... DM und die Investitionszulage 1983 um ... DM höher festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Die Zahlungen der Klägerin an das EW für die Herstellung der Kabelzuleitung sind nicht investitionszulagenbegünstigt.
1. Nach § 4b Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1982 sind unter den dort genannten näheren Voraussetzungen begünstigt u.a. die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sowie nachträgliche Herstellungsarbeiten an solchen Wirtschaftsgütern. Nach § 4b Abs. 2 Satz 6 InvZulG 1982 können auch Baumaßnahmen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten bei dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten begünstigte Investitionen sein, wenn sie bei der Gewinnermittlung des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten wie Herstellungskosten von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder wie nachträgliche Herstellungsarbeiten an abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zu behandeln sind.
a) Für die ertragsteuerrechtliche Beurteilung von Zahlungen eines Unternehmers an ein Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit der Errichtung von Erschließungsanlagen außerhalb des Betriebsgeländes ist zunächst entscheidend, ob es sich um die Errichtung einer erstmaligen Anlage oder um die Ersetzung bzw. Modernisierung bereits vorhandener Anlagen handelt. Beiträge für die Ersetzung oder Modernisierung vorhandener Erschließungsanlagen stellen sofort abziehbare Betriebsausgaben dar, es sei denn, das Grundstück wird durch die Maßnahme in seiner Substanz oder seinem Wesen verändert (Senatsurteil vom III R 114/95, BFHE 183, 504, BStBl II 1997, 811, m.w.N.).
Bei Beiträgen im Zusammenhang mit erstmals durchgeführten Erschließungsmaßnahmen ist darauf abzustellen, ob sie für die spezifisch betriebliche Nutzung oder für die allgemeine Versorgung des Grundstücks angefallen und damit grundstücksbezogen sind. Nicht die spezifisch betriebliche Nutzung betreffende Beiträge sind dem Grund und Boden des Betriebsgrundstücks zuzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob sie anlässlich der Errichtung eines Gebäudes erhoben wurden. Bei spezifisch betriebsbezogenen Beiträgen ist zu prüfen, ob durch sie die Versorgungssituation des Betriebs als Ganzes verbessert wurde. In diesem Fall kommt mit dem Erwerb einer selbständigen betrieblichen Nutzungsmöglichkeit, sofern es sich dabei überhaupt um ein Wirtschaftsgut handelt, ein immaterielles Wirtschaftsgut in Betracht, das aber nach § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zu aktivieren ist, weil es an einem entgeltlichen Erwerb fehlt. Denn Kosten für die bloße Mitbenutzung einer Versorgungseinrichtung sind Aufwendungen für die ursprüngliche Schaffung dieser Nutzungsmöglichkeit, nicht hingegen für einen abgeleiteten Erwerb des Nutzungsvorteils (BFH-Urteile in BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289, und vom X R 6/86, BFH/NV 1989, 494).
b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei den Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Verlegung der Kabel nicht um Herstellungskosten der neu errichteten Trafostation im ertragsteuerrechtlichen Sinne. Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung ist auch im Investitionszulagenrecht maßgebend (z.B. Senatsurteil vom III R 143/93, BFHE 182, 470, BStBl II 1997, 575).
Es ist schon fraglich, ob es sich um eine bloße Modernisierungsmaßnahme zur Entlastung der bisher bestehenden Kabelverbindung handelt, die zum sofortigen Betriebsausgabenabzug führt. Aber auch wenn von der erstmaligen Errichtung einer Erschließungsanlage ausgegangen wird, die auf die spezifischen betrieblichen Belange der Klägerin ausgerichtet ist, liegen keine Herstellungskosten der Trafostation vor. Denn die Umstellung der Energieversorgung diente der Verbesserung der Versorgungssituation des Betriebs der Klägerin im Ganzen. Die Aufwendungen sind deshalb nicht der Trafostation zuzuordnen. Die Station erfüllt den Zweck, die ankommende Energie den Anforderungen im Betrieb der Klägerin anzupassen und für die Weiterleitung zu den einzelnen mit Strom arbeitenden betrieblichen Einrichtungen bereitzustellen. Somit wurde durch sie die Versorgungssituation des Betriebs als Ganzen verbessert. Die Klägerin hat daher allenfalls ein immaterielles und damit nicht zulagenbegünstigtes Wirtschaftsgut erlangt (BFH-Urteile in BFHE 143, 50, BStBl II 1985, 289, und in BFH/NV 1989, 494). Es handelt sich um einen verlorenen Zuschuss auf die im Eigentum des EW stehende Kabelverbindung und damit auf ein fremdes Wirtschaftsgut. Damit scheidet auch eine Würdigung als Baumaßnahme eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten i.S. von § 4b Abs. 2 Satz 6 InvZulG 1982 aus. Denn danach sind nur Maßnahmen begünstigt, die wie Herstellungskosten oder nachträgliche Herstellungsarbeiten in Bezug auf materielle Wirtschaftsgüter zu behandeln sind.
2. Im Streitfall bestehen keine Besonderheiten, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Es handelt sich um Aufwendungen für die Herstellung einer Versorgungseinrichtung außerhalb des Geländes der Klägerin, d.h. nicht um sog. Hausanschlusskosten, die grundsätzlich zu den Herstellungskosten des Gebäudes bzw. der angeschlossenen Anlage gehören (, BFHE 91, 42, BStBl II 1968, 178, und vom IX R 138/88, BFH/NV 1989, 633). Unerheblich ist auch, dass es sich nicht um von der öffentlichen Hand, sondern um von einem Versorgungsunternehmen erhobene Kosten handelt (BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 494).
Ferner ist ohne Bedeutung, dass mit den neu verlegten Kabeln im Streitzeitraum ausschließlich der Betrieb der Klägerin versorgt wurde. Aus den Sonderbedingungen für Hochspannungsabnehmer des EW ergibt sich, dass der Abnehmer —hier die Klägerin— dem EW die kostenlose Mitbenutzung der Abnehmerstation z.B. zur Weiterführung seiner Leitungen oder zur Aufstellung von Ortsnetztransformatoren und zugehörigen Einrichtungen auf eigene Kosten gestattet. Für das EW bestand bzw. besteht somit die Möglichkeit, mit der neu errichteten Kabelverbindung über den Betrieb der Klägerin hinaus auch weitere Kunden zu versorgen. Wie der (BFH/NV 1988, 229) ausgeführt hat, kommt es für die rechtliche Wertung nicht darauf an, ob schon ab dem Zeitpunkt des Anfalls der Kosten tatsächlich auch weitere Abnehmer über die neue Anlage versorgt werden. Entscheidend ist, dass mit der Zahlung des Beitrags lediglich die Voraussetzungen für die verbesserte Belieferung mit Strom nach den allgemeinen Versorgungsbedingungen geschaffen wurden. Ob gleichzeitig oder später auch andere Abnehmer ebenfalls die Voraussetzungen für die Belieferung mit Strom schaffen, ist unerheblich.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 655
BFH/NV 2003 S. 655 Nr. 5
VAAAA-70341