Grunderwerbsteuer | Herabsetzung des Kaufpreises innerhalb 2-Jahresfrist (FG)
Die Herabsetzung des Kaufpreises innerhalb der Zweijahresfrist des § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG stellt kein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar (; Revision anhängig, BFH-Az. II R 15/18).
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb 2007 Grundvermögen, sodass das beklagte FA im selben Jahr noch Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin festsetzte. Mit Schreiben v. beantragte die Klägerin eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Zur Begründung trug sie vor, der Grundstückskaufpreis sei nachträglich gemindert worden. Verkäufer und Klägerin hätten im Rahmen der Vertragsverhandlungen vereinbart, dass der Verkäufer nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages weitere Grundstücksteile vermieten. Zur Absicherung der Klägerin sei deshalb ein Teilbetrag auf ein Notaranderkonto überwiesen worden, um den, sollte es dem Verkäufer nicht gelingen, die Mietverträge abzuschließen, der Kaufpreis reduziert werden sollte. Nachdem es dem Verkäufer in der Folgezeit nur in geringem Umfang gelungen sei, weitere Mietverträge abzuschließen, habe es nachfolgend zwischen dem Verkäufer und der Klägerin Streitigkeiten hinsichtlich der Voraussetzungen der Auskehrung des hinterlegten Kaufpreises gegeben. 2009 sei dann ein Vergleich geschlossen worden. Die Kaufpreisminderung sei gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO als rückwirkendes Ereignis steuermindernd zu berücksichtigen.
Das FG München wies die Klage als unbegründet ab:
§ 16 GrEStG ist keine Steuerbefreiungs-, sondern eine „sonst gesetzlich zugelassene” besondere Korrekturvorschrift i. S. d. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2d AO über Aufhebung oder Änderung einer Grunderwerbsteuerfestsetzung. § 16 GrEStG lässt mithin die Anwendbarkeit der allgemeinen Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO auf die Grunderwerbsteuer unberührt.
Das Nebeneinander des § 16 GrEStG und der §§ 172 AO ist deshalb bedeutsam, weil § 16 GrEStG nicht auf alle fehlgeschlagenen Erwerbsvorgänge Anwendung finden kann. So fehlt es an dem von § 16 GrEStG tatbestandlich vorausgesetzten Erwerbsvorgang, wenn ein Rechtsgeschäft kraft wirksamer Anfechtung als von Anfang an nichtig anzusehen ist. In diesem Fall bestimmen sich die Rechtsfolgen im Hinblick auf die Änderung der GrESt nicht nach § 16 GrEStG, sondern ausschließlich nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Die nachträgliche Aufhebung von Grunderwerbsteuerbescheiden nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO setzt voraus, dass das grunderwerbsteuerrechtliche Rechtsgeschäft von Anfang an unwirksam war oder nachträglich durch Anfechtung unwirksam geworden ist.
Die Ausübung von vertraglichen oder gesetzlichen Gestaltungsrechten (Rücktritt oder Wandlung) stellt hingegen kein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit dar; ebenso ist kein Fall des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO gegeben, wenn die Gegenleistung durch den Abschluss einer Vergleichsvereinbarung innerhalb von zwei Jahren nach Kaufvertragsschluss herabgesetzt wird.
Wird der Kaufpreis innerhalb von zwei Jahren nach der Steuerentstehung herabgesetzt, ist die Korrektur des Grunderwerbsteuerbescheides vielmehr nur gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG möglich.
Das FG hat die Revision zugelassen, weil zu der Frage, ob die Herabsetzung des Kaufpreises innerhalb der Zweijahresfirst des § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt, bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist.
Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)
Fundstelle(n):
NWB TAAAG-91437