BGH Beschluss v. - II ZB 12/16

Handelsregistersache: Anforderungen an die wegen einer Geschäftsanteilsübertragung auf eine GbR einzureichende GmbH-Gesellschafterliste unter Berücksichtigung der Übergangsregelung

Leitsatz

Die wegen einer Veränderung im Sinne von § 8 EGGmbHG i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG aF einzureichende Gesellschafterliste hat den Anforderungen des § 40 Abs. 1 GmbHG in der Fassung vom zu genügen, wenn sie vor dem dem Handelsregister zwar vorgelegt, dort aber noch nicht aufgenommen wurde.

Gesetze: § 8 EGGmbHG, § 40 Abs 1 S 1 GmbHG vom , § 40 Abs 1 S 2 GmbHG vom

Instanzenzug: Az: I-27 W 27/16vorgehend AG Siegen Az: HRB 3311 Beschlussnachgehend Az: II ZB 12/16 Beschluss

Gründe

I.

1Die Beteiligte zu 1 ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Siegen eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Einer ihrer Gesellschafter übertrug die von ihm gehaltenen Geschäftsanteile durch notariellen Vertrag an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung "V.    E.        " Unternehmensbeteiligungsgesellschaft bürgerlichen Rechts. Daraufhin erstellte der Beteiligte zu 2 als beurkundender Notar eine geänderte Gesellschafterliste, in der die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Angabe ihrer Gesellschafter aufgeführt wird, und reichte die Liste am zum Handelsregister ein.

2Das Registergericht hat die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner mit der Begründung abgelehnt, die Angabe der neuen Gesellschafterin sei unvollständig, da bei Aufnahme einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in die Gesellschafterliste auch deren Gesellschafter aufzuführen seien. Die Beschwerde der Beteiligten ist zurückgewiesen worden. Hiergegen wenden sie sich mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

3Das Beschwerdegericht (OLG Hamm, ZIP 2016, 2021) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

4Die in der Literatur umstrittene und höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage, ob eine an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (künftig: GmbH) beteiligte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (künftig: GbR) unter Angabe ihrer Gesellschafter in die Gesellschafterliste einzutragen ist, sei dahin zu beantworten, dass die Angabe der Gesellschafter notwendig sei. Das Registergericht sei insoweit zur Überprüfung befugt, da es die Entgegennahme der Gesellschafterliste verweigern könne, wenn sie den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG (in der bis zum geltenden Fassung) nicht genüge.

5Der Wortlaut von § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG aF sehe zwar nicht vor, dass bei der Beteiligung einer GbR an einer GmbH auch die Gesellschafter der GbR in die Gesellschafterliste der GmbH aufzunehmen seien. Die rechtliche Notwendigkeit dieser Angabe, an der ein erhebliches praktisches Bedürfnis des Rechtsverkehrs bestehe, folge aber aus einer analogen Anwendung des § 162 Abs. 1 Satz 2 HGB, der ausdrücklich vorschreibe, dass im Falle der Beteiligung einer GbR an einer Kommanditgesellschaft auch die Gesellschafter der GbR zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind. Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke liege vor. Im Ergebnis sei nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom (BGBl. I S. 2026) und des Gesetzes zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG) vom (BGBl. I S. 2713) sich bewusst dagegen entschieden habe, bei der Aufnahme einer GbR in die Gesellschafterliste einer GmbH auch die Angabe der Gesellschafter der GbR zu verlangen.

III.

6Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

71. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis des beteiligten Notars ergibt sich daraus, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts zurückgewiesen wurde (, BGHZ 191, 84 Rn. 5). Der Notar war ferner dazu befugt, die Beschwerde gegen die Entscheidung des Registergerichts auch im eigenen Namen einzulegen (vgl. , BGHZ 191, 84 Rn. 8).

82. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Die Beteiligten können die Aufnahme der eingereichten Gesellschafterliste in den Registerordner nicht verlangen, weil die Liste keine Angaben zu den Gesellschaftern der GbR enthält, die neue Gesellschafterin der Beteiligten zu 1 geworden ist.

9a) Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, darf das Registergericht, das keine inhaltliche Prüfpflicht hat, jedenfalls prüfen, ob die Gesellschafterliste den formalen Anforderungen des § 40 GmbHG entspricht, und darf bei Beanstandungen die Entgegennahme verweigern (, BGHZ 191, 84 Rn. 10; Beschluss vom - II ZB 6/13, BGHZ 199, 270 Rn. 7 f.; Beschluss vom - II ZB 17/14, ZIP 2015, 732 Rn. 7). Diese formale Prüfungsbefugnis umfasst insbesondere auch die Überprüfung der Vollständigkeit der nach § 40 Abs. 1 GmbHG erforderlichen Angaben. Hiergegen erinnert die Rechtsbeschwerde auch nichts.

10b) Die eingereichte Gesellschafterliste entspricht den formalen Anforderungen nach § 40 Abs. 1 GmbHG nicht. Bei der neuen Gesellschafterin, der "V.    E.         " Unternehmensbeteiligungsgesellschaft bürgerlichen Rechts, sind auch deren Gesellschafter mit Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort anzugeben.

11§ 40 Abs. 1 GmbHG ist nach Einlegung der Rechtsbeschwerde durch Art. 14 des Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom (BGBl. I 2017, 1822, 1863 f.) mit Wirkung ab dem geändert worden. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 GmbHG sind jetzt bei nicht in ein Register eingetragenen Gesellschaften deren jeweilige Gesellschafter unter einer zusammenfassenden Bezeichnung mit Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort in die Gesellschafterliste aufzunehmen.

12Die Neuregelung, deren Anforderungen die von den Beteiligten eingereichte Gesellschafterliste nicht genügt, ist im vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren anzuwenden.

13aa) Maßgeblich für das Vorliegen einer Rechtsverletzung ist grundsätzlich das im Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts geltende Recht. Das Rechtsbeschwerdegericht hat daher auch ein nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung in Kraft getretenes Gesetz zu berücksichtigen, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst (, BGHZ 121, 305, 317; Bumiller in Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl., § 72 Rn. 6; Unger/Roßmann in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 5. Aufl., § 72 Rn. 7; Müther in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2. Aufl., § 72 Rn. 6).

14bb) Die Änderung des § 40 Abs. 1 GmbHG erfasst das hier im Streit stehende Rechtsverhältnis.

15Die Anwendbarkeit der Neuregelung richtet sich nach der hierzu ergangenen Übergangsvorschrift in § 8 EGGmbHG. Danach finden § 8 Abs. 1 Nr. 3 und § 40 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GmbHG in der seit dem geltenden Fassung auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die am in das Handelsregister eingetragen sind, mit der Maßgabe Anwendung, dass die geänderten Anforderungen an den Inhalt der Liste der Gesellschafter erst dann zu beachten sind, wenn aufgrund einer Veränderung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG in der vor dem geltenden Fassung eine Liste einzureichen ist.

16(1) Aus dem Wortlaut der Übergangsvorschrift ergibt sich nicht zweifelsfrei, ob hinsichtlich des maßgebenden Zeitpunkts für die Anwendbarkeit der Neuregelung bei "Altgesellschaften" auf die eine Pflicht zur Einreichung einer Gesellschafterliste auslösende Veränderung, auf die Entstehung der Pflicht zur (unverzüglichen) Einreichung der Liste, auf die tatsächliche Einreichung der Liste oder aber auf die Aufnahme der Liste in den Registerordner abzustellen ist.

17In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es zwar, worauf die Rechtsbeschwerde unter Bezugnahme auf Görner (in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 40 Rn. 3a) hinweist: „Für nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens am erstmals erstellte Listen der Gesellschafter gelten die Anforderungen an deren Ausgestaltung in der ab dem geltenden Fassung“ (BT-Drucks. 18/11555, S. 175). Daraus ergibt sich aber keine trennscharfe Klarstellung des für die Anwendbarkeit der Neuregelung maßgebenden Zeitpunkts, in dem Sinne, dass es auf den Vorgang der Erstellung der Liste ankäme. Dies folgt schon daraus, dass sich der zitierte Satz auf erstmals erstellte Listen und damit auf neu errichtete Gesellschaften bezieht. Diese Gesellschaften unterliegen aber nach dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut uneingeschränkt den neuen Anforderungen an die Gesellschafterliste, wenn sie nach dem in das Handelsregister eingetragen worden sind, mag auch die Gesellschafterliste früher erstellt worden sein. Denn die Übergangsregelung gilt ausdrücklich nur für Gesellschaften, die am bereits in das Handelsregister eingetragen sind.

18(2) Nach dem Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Liste in den Registerordner aufgenommen wird.

19Im Gesetzentwurf der Bundesregierung wird zur Begründung der vorgeschlagenen Übergangsregelung ausgeführt, für „Altlisten“ gelte, dass anlässlich einer Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 GmbHG die Liste der Gesellschafter an die neuen Anforderungen anzupassen sei. Eine solche Anpassung sei auch dann erforderlich, wenn eine sonstige Veränderung eingetreten sei, die zur Einreichung einer neuen Liste verpflichte; in diesem Fall solle die „bei Gelegenheit“ dieser Veränderung erstellte neue Liste insgesamt an die Anforderungen des neuen § 40 Abs. 1 GmbHG angepasst werden. Eine Pflicht zur Änderung bestehender Listen, ohne dass eine Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 GmbHG eingetreten wäre, bestehe nicht (BT-Drucks. 18/11555, S. 175).

20Demnach waren im Wesentlichen Praktikabilitätserwägungen dafür maßgebend, nicht sämtliche "Altlisten" den Anforderungen des § 40 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nF zu unterwerfen, sondern eine Anpassung an die neue Rechtslage nur "bei Gelegenheit" einer Veränderung zu verlangen, die ohnehin die Erstellung und Einreichung einer neuen Liste erforderlich macht. Der damit angesprochene Vorgang, der die Gelegenheit zur Anpassung an die neue Rechtslage bietet, ist erst mit der Aufnahme der neuen Liste in den Registerordner abgeschlossen. Die an eine Gesellschafterliste anknüpfenden Rechtswirkungen sind im Wesentlichen davon abhängig, dass die Liste im Handelsregister aufgenommen wurde (vgl. § 16 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GmbHG). Vor einer Aufnahme der Liste in den Registerordner ist zudem eine Änderung oder Ergänzung der Liste regelmäßig mit überschaubarem Aufwand möglich. Es wäre ferner nicht verständlich, wenn eine vom Registergericht aus anderen Gründen ohnehin als ergänzungsbedürftig beanstandete Gesellschafterliste den Anforderungen nach § 40 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nF nicht genügen müsste, weil die Liste schon vor dem einzureichen war bzw. eingereicht wurde.

21(3) Im Übrigen spricht die Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 40 Abs. 1 GmbHG dafür, die in der Übergangsvorschrift aus Gründen der Praktikabilität vorgenommene Einschränkung der Anpassungspflicht eng auszulegen. Zu der Neufassung des § 40 Abs. 1 GmbHG führt der Gesetzentwurf der Bundesregierung aus, die Vorschrift stehe im Zeichen der Verstärkung der Transparenz der Gesellschafterliste, was vor allem aus Gründen der Geldwäscheprävention wichtig sei (BT-Drucks. 18/11555, S. 173). Dies entspricht den Zielen der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und Rates vom zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (ABl. EU L 141 S. 73), deren Umsetzung das Änderungsgesetz vom dient. Nach Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass die in ihrem Gebiet eingetragenen Gesellschaften oder sonstigen juristischen Personen angemessene, präzise und aktuelle Angaben zu ihren wirtschaftlichen Eigentümern, einschließlich genauer Angaben zum wirtschaftlichen Interesse, einholen und aufbewahren müssen. Mit dieser Zielsetzung wäre es nicht zu vereinbaren, die Verpflichtung zur Erhebung grundsätzlich für notwendig gehaltener Angaben ohne triftigen Grund einzuschränken.

22c) Nach alldem kommt es für die hier zu treffende Entscheidung nicht mehr darauf an, ob bereits nach § 40 Abs. 1 GmbHG aF die Notwendigkeit bestand, in die Gesellschafterliste einer GmbH, der eine (namensführende) GbR als Gesellschafterin angehört, auch die Gesellschafter der GbR aufzunehmen (dafür mit beachtenswerten Gründen: Scheuch, GmbHR 2014, 568, 574; Wachter, GmbHR 2016, 1090, 1091; MünchKommGmbHG/Herrler, 2. Aufl., § 8 Rn. 22; Schäfer in Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl., § 8 GmbHG Rn. 5; Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 8 Rn. 4; ders., GmbHR 2012, 1, 2; Scholz/Seibt, GmbHG, 12. Aufl., § 40 Rn. 17; Ulmer/Casper in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl., § 8 Rn. 8; MHLS/Terlau, GmbHG, 3. Aufl., § 40 Rn. 8; Schmidt-Leithoff in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 6. Aufl., § 8 Rn. 6; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 8 Rn. 7; Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 8 Rn. 4; Winter in Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, 3. Aufl., § 40 Rn. 8; Krafka/Kühn, Registerrecht, 10. Aufl., Rn. 1101; Lautner, DNotZ 2011, 643, 650; a.A. Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 40 Rn. 10; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 40 Rn. 9; Heckschen/Glombik, GmbHR 2013, 1009, 1016; Link, RNotZ 2009, 193, 203).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:260618BIIZB12.16.0

Fundstelle(n):
DStR 2018 S. 10 Nr. 38
GmbH-StB 2018 S. 359 Nr. 11
GmbHR 2018 S. 958 Nr. 18
NJW 2018 S. 2794 Nr. 38
StuB-Bilanzreport Nr. 17/2018 S. 647
WM 2018 S. 1548 Nr. 33
ZIP 2018 S. 1591 Nr. 33
MAAAG-91302