BFH Beschluss v. - III B 63/03

Erneute Entsch. über einen Antrag auf AdV trotz Unanfechtbarkeit der ablehnenden Entsch.; keine Beschwerde gegen einen die AdV ablehnenden Beschluss des FG ohne Zulassung; ao. Beschwerde nicht mehr statthaft

Gesetze: FGO § 69 Abs. 3, 6, §§ 70, 128, 129; ZPO § 321a

Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1995 bis 1998 mit Beschluss vom ab und ließ die Beschwerde nicht zu. Bezüglich der Hauptsache ist beim FG —nach erfolglosem Einspruch— eine Anfechtungsklage anhängig.

Mit Schriftsatz vom , beim FG eingegangen am , legten die Prozessvertreter namens des Antragstellers Beschwerde ein und trugen u.a. vor, der unanfechtbare Beschluss sei ihnen mit Schreiben vom zugestellt worden.

Der erkennende Senat verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom III B 153/01 als unzulässig.

Mit Schriftsatz vom , eingegangen beim FG am , legten die Prozessvertreter erneut Beschwerde namens des Antragstellers gegen den o.g. Beschluss des FG ein und tragen vor, ihnen sei dieser Beschluss erst am übersandt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ihnen nicht bekannt gewesen, dass die Aussetzungsanträge für die Einkommensteuer 1995 bis 1998 abgelehnt worden seien.

Bereits in den Jahren 1991 bis 1994 versteuerte Betriebseinnahmen würden für die Streitjahre 1995 bis 1998 nochmals besteuert. Unverständlich sei, weshalb das FG unter Mitwirkung des Berichterstatters, Richter am Finanzgericht X, der bereits einmal wegen Befangenheit abgelehnt worden sei, dies billige. Dem Gericht sei offensichtlich der Sachverhalt nicht verständlich.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den aufzuheben und die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für 1995 bis 1998 auszusetzen.

Das FG hat die Beschwerde dem Bundesfinanzhof (BFH) vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Ablehnende Beschlüsse des FG über Anträge nach § 69 Abs. 3 FGO erwachsen nicht in materielle Rechtskraft (, BFHE 116, 528, BStBl II 1976, 21). Trotz Unanfechtbarkeit der gerichtlichen Ablehnungsentscheidung darf mithin neu entschieden werden.

Nach § 69 Abs. 6 Satz 1 FGO kann das Gericht Beschlüsse über Anträge nach § 69 Abs. 3 FGO jederzeit ändern oder aufheben. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 FGO kann jeder Beteiligte einen entsprechenden Antrag wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

Indes hat der fachkundig vertretene Antragsteller keinen derartigen Antrag an das dafür sachlich zuständige FG gerichtet. Vielmehr hat er ausdrücklich eine Beschwerde eingelegt. Dass eine Beschwerde gewollt war, ergibt sich auch aus der Begründung, der angefochtene Beschluss sei den Prozessvertretern erst am übersandt und damit —so ist der Vortrag zu verstehen— auch erst wirksam geworden.

Die Verweisung eines Antrags nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO an das hierfür sachlich zuständige FG nach § 70 Satz 1 FGO kommt daher nicht in Betracht.

2. a) Die Beschwerde ist unstatthaft; denn das FG hat sie nicht zugelassen (§ 128 Abs. 3 FGO). Vielmehr hat das FG den Antragsteller im Beschluss vom ausdrücklich dahin gehend belehrt, dass der Beschluss unanfechtbar sei.

b) Unbeschadet der Statthaftigkeit einer außerordentlichen Beschwerde galt jedenfalls auch für sie die Beschwerdefrist gemäß § 129 Abs. 1 FGO (vgl. , BFH/NV 2000, 481). Ist der angefochtene Beschluss des FG, wofür der eindeutige Vortrag im Beschwerdeverfahren III B 153/01 spricht, den Prozessvertretern des Antragstellers schon im September 2001 bekannt gegeben worden (vgl. auch § 53 Abs. 1 FGO), dann ist die Beschwerdefrist für die erst am beim FG eingegangene Beschwerde ganz offensichtlich abgelaufen gewesen.

Wäre der angefochtene Beschluss den Prozessvertretern entsprechend ihrer —allerdings in eindeutigem Widerspruch zu ihrem eigenen früheren Vorbringen stehenden— nunmehr mit der Beschwerde vom aufgestellten Behauptung erstmals unter dem bekannt gegeben worden und hätte dementsprechend den Lauf der Beschwerdefrist ausgelöst, so wäre die Beschwerde ebenfalls unzulässig; denn nach der Rechtsprechung des BFH ist eine außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzwidrigkeit im FG-Prozess mit in In-Kraft-Treten des § 321a der Zivilprozessordnung zum generell nicht mehr statthaft (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 190/02, BFHE 200, 42, BStBl II 2003, 269; vom V B 185/02, BFHE 200, 46, BStBl II 2003, 270, und vom I B 114/02, BFHE 201, 11, BStBl II 2003, 317).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1211
BFH/NV 2003 S. 1211 Nr. 9
PAAAA-70288