Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG bei Umsätzen im Zusammenhang mit Bestattungswäldern
Nach dem niedersächsischen Bestattungsgesetz (BestattG) vom , Nds. GVBl 2005, S. 381, ist in Niedersachsen die Beisetzung von Urnen mit der Asche Verstorbener zwischen den Wurzeln von Bäumen in sog. Friedwäldern möglich, sofern der Friedwald ein Friedhof im Sinne des Gesetzes ist (§ 12 Absatz 5 Satz 1 BestattG). Träger von Friedhöfen können in Niedersachsen nur Gemeinden und Kirchengemeinden sein (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BestattG); sie können aber Dritte mit dem Betrieb von Friedhöfen beauftragen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BestattG).
Nach bundeseinheitlich abgestimmter Rechtsauffassung erfolgt die Unterhaltung eines Bestattungswaldes durch eine juristische Person öffentlichen Rechts (jPöR) nicht im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG. Ist das für den Betrieb eines Bestattungswaldes genutzte Grundstück allerdings einem bestehenden land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet, entfaltet die jPöR auch hinsichtlich der Leistungen des Bestattungswaldes eine unternehmerische Tätigkeit. Da es sich nicht um eine urproduktive Tätigkeit handelt, unterliegen die Leistungen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG (vgl. BStBl 2006 II S. 280) [1].
Soweit das Einräumen von Liegerechten zur Einbringung von Urnen unter Begräbnisbäumen hiernach als steuerbar zu beurteilen ist, kann es als Grundstücksvermietung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei sein. Erforderlich ist hierfür, dass räumlich abgrenzbare, individualisierte Parzellen überlassen werden, sodass Dritte von einer Nutzung der Parzelle ausgeschlossen sind. Die Überlassung ist nicht steuerfrei, wenn die Kunden lediglich das Recht zur Beisetzung einer Urne im Wurzelbereich eines bestimmten Baumes erlangt haben (BStBl 2018 II S. 372 und – BStBl 2018 II S. 370).
Steht der Bestattungswald nicht im Eigentum einer Gemeinde oder Kirchengemeinde, räumt der Waldbesitzer ihr eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) zur Nutzung bestimmter Bäume für die Waldbestattung ein und erhält hierfür einen Anteil an den Bestattungsgebühren („Baumpacht”). Im Übrigen wird der Wald weiterhin forstwirtschaftlich genutzt. In diesen Fällen bestehen Leistungsbeziehungen zwischen dem Waldbesitzer und der Gemeinde einerseits und zwischen Gemeinde und dem Kunden andererseits. Die Leistung des privaten Waldbesitzers an die Gemeinde besteht in der Überlassung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) zur Nutzung bestimmter Bäume für die Bestattung und die Leistung der Gemeinde an den Kunden in der Überlassung des Rechts auf Nutzung einer Ruhestätte.
Die Einräumung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit durch den Waldbesitzer an die Gemeinde ist umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 12 Buchstabe c UStG (Abschnitt 4.12.8. Abs. 1 UStAE). Hat der Waldbesitzer weitere Maßnahmen zur Erhaltung des Bestattungswaldes in einem angemessenen Zustand durchzuführen (z. B. Ersetzung eines abgestorbenen Bestattungsbaumes durch eine Jungpflanze), liegen insoweit steuerfreie Nebenleistungen im Sinne des Abschnitts 3.10. Abs. 5 UStAE vor. Alle weiteren Leistungen, die der Waldbesitzer im Zusammenhang mit dem Betrieb des Bestattungswaldes an die Gemeinde oder unmittelbar an den Kunden erbringt (z. B. Werbung für das Konzept, Kundenführungen, Unterhaltung der Ruhestättendatenbank, Durchführung von Beerdigungen, Einräumung des Rechts zur Nutzung einer Ruhestätte, Gebühreneinziehung und -verteilung, Anlegen und Unterhalten eines Parkplatzes), sind umsatzsteuerpflichtig und unterliegen der Regelbesteuerung.
Betreibt der Waldbesitzer den Bestattungswald im eigenen Namen, sind seine Leistungen gegenüber den Kunden unter den Voraussetzungen der o. b. und (a. a. O.) steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG.
LfSt Niedersachsen v. - S 7168 - 113 - St 173
Fundstelle(n):
DStR 2019 S. 10 Nr. 18
UR 2018 S. 695 Nr. 17
UAAAG-90871
1vorstehende Grundsätze gelten bei Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG