Kosten für Räumungsprozess und Folgekosten der Räumung nicht als agw. Bel. abziehbar
Gesetze: EStG § 33
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab.
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist unzulässig.
1. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gestützt, ist u.a. darzutun, dass die aufgeworfenen Rechtsfragen klärungsbedürftig und entscheidungserheblich sind. Gibt es —wie im Streitfall zur Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung— bereits zahlreiche Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH), ist unter Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung zu begründen, weshalb weiterer oder ggf. erneuter Klärungsbedarf besteht (z.B. , BFH/NV 2002, 1615, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Kläger nicht.
a) Die Kläger tragen vor, nach der Rechtsprechung seien zwar die aus einem Zivilprozess folgenden Zahlungsverpflichtungen im Allgemeinen nicht zwangsläufig. Dieser Grundsatz sei jedoch —wie das Finanzgericht (FG) selbst ausgeführt habe— keine starre Regel, weil die Vielfalt der prozessualen Gestaltungen eine Berücksichtigung des jeweiligen Streitgegenstandes und der Ursachen des Streites erfordere. Das FG habe die Abweisung der Klage auf den Grundsatz gestützt, Kosten eines Zivilprozesses seien in der Regel keine außergewöhnliche Belastung. Entgegen der Rechtsprechung des BFH habe das FG aber den individuellen Streitgegenstand und die Ursachen des zivilrechtlichen Streites nicht berücksichtigt. Die Rechtssache sei daher von grundsätzlicher Bedeutung. Mit diesen Ausführungen legen die Kläger keine klärungsbedürftige Rechtsfrage dar, sondern rügen lediglich, das FG habe die BFH-Rechtsprechung nicht angewendet.
b) Von grundsätzlicher Bedeutung ist nach Auffassung der Kläger ferner die Rechtsfrage, ob die wirtschaftlichen Folgen von gerichtlichen Entscheidungen —hier die Kosten eines Räumungsprozesses und Folgekosten der Räumung— als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden könnten, wenn die Entscheidungen unter Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes nicht ordnungsgemäß verkündet worden seien. Die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage haben die Kläger nicht dargelegt.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit von Zivilprozesskosten —für sonstige Leistungsverpflichtungen aufgrund oder infolge gerichtlicher Entscheidung gilt nichts anderes— nicht auf die Zwangsläufigkeit der Zahlungsverpflichtung selbst abzustellen, sondern darauf, ob das Ereignis, durch das der Rechtsstreit letztlich veranlasst worden ist, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war, er mithin dem Prozess aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung oder einer tatsächlichen Zwangslage nach den Gegebenheiten des Einzelfalles nicht ausweichen konnte (z.B. , BFH/NV 2001, 1391, m.w.N.).
Von dem Grundsatz, dass Kosten eines Zivilprozesses keine außergewöhnlichen Belastungen sind, hält der BFH dann eine Ausnahme für möglich, wenn der Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich berührt und der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren. Auch die Kosten einer Ehescheidung und bestimmter Scheidungsfolgesachen, die nach § 623 der Zivilprozessordnung (ZPO) zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und zu entscheiden sind und deshalb mit der Scheidung in einem unlösbaren prozessualen Zusammenhang stehen, erkennt der BFH in ständiger Rechtsprechung als außergewöhnliche Belastung an (vgl. , BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382, unter II. 2., m.w.N.). Dagegen kann sich die außergewöhnliche Belastung durch Kosten des Räumungsprozesses und durch Folgekosten der Räumung nicht daraus ergeben, dass die zivilprozessuale Entscheidung unter Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit zustande gekommen ist. Verfahrens- oder auch materiell-rechtliche Fehler einer gerichtlichen Entscheidung sind Folgen der Prozessführung. Kommt es für die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung auf die Zwangsläufigkeit des den Prozess auslösenden Ereignisses an, so sind Folgen der Prozessführung naturgemäß für die Beurteilung unbeachtlich.
2. Die Kläger haben auch nicht dargelegt, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO eine Entscheidung des BFH im vorliegenden Fall erfordert.
a) Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts für geboten erachten, sind der Beschwerde nicht zu entnehmen.
b) Die Kläger haben auch nicht dargelegt, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert.
Dieser Zulassungsgrund umfasst auch die Divergenz nach altem Recht (, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Eine Divergenz liegt vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz in Entscheidungen anderer Gerichte abweicht. Zur Darlegung der Divergenz müssen in der Beschwerdeentscheidung die voneinander abweichenden Rechtssätze des finanzgerichtlichen Urteils und der Divergenzentscheidung so genau bezeichnet werden, dass eine Divergenz erkennbar wird (, BFH/NV 2003, 495, m.w.N.).
Zwar behaupten die Kläger eine Abweichung des FG-Urteils zu den BFH-Urteilen vom VI 272/61 S (BFHE 77, 487, BStBl III 1963, 499) und vom III R 224/94 (BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596), weil das FG den individuellen Streitgegenstand und die Ursachen des zivilrechtlichen Streites entgegen der Rechtsprechung des BFH nicht berücksichtigt habe. Gleichzeitig zitieren sie jedoch Ausführungen des FG, in denen es seine Entscheidung auf diese Urteile stützt. Im Kern rügen die Kläger damit fehlerhafte Rechtsanwendung des FG.
3. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung kann die Zulassung der Revision zwar zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO) rechtfertigen, aber nur dann, wenn es sich um einen schwerwiegenden Fehler handelt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (BFH-Beschlüsse vom XI B 43/01, BFH/NV 2002, 191; vom VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798; vom IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177, 178). Einen schwerwiegenden Fehler in diesem Sinn haben die Kläger aber nicht dargelegt. Er ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat das FG in Anwendung der ständigen Rechtsprechung nachvollziehbar begründet, dass die Prozesskosten des Räumungsprozesses und die Folgekosten der Zwangsräumung für die Kläger nicht unabwendbar waren und damit nicht zwangsläufig angefallen sind.
4. Die Kläger haben auch den gerügten Verfahrensmangel nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Die Aufklärungsrüge der Kläger (§ 76 Abs. 1 FGO) ist nicht schlüssig dargetan. Wird geltend gemacht, das FG habe angebotene Beweise übergangen, ist vorzutragen, was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre und inwiefern das Urteil —ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (, BFH/NV 2002, 1486).
Die Kläger sind der Auffassung, das FG hätte nicht von fehlender Zwangsläufigkeit der sich aus den Zivilverfahren ergebenden Zahlungsverpflichtungen ausgehen können, wenn es die Gerichtsakten des Amtsgerichts (AG) sowie dessen Geschäftsverteilungspläne für die Jahre 1991 bis 2000 beigezogen hätte. Daraus ergebe sich, dass das Präsidium des AG durch fortgesetzte planmäßige Auswechslung der Richter den gesetzlichen Richter in ihrem Verfahren manipuliert habe.
Diesem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, inwiefern die fehlerhafte Besetzung des Spruchkörpers beim AG Einfluss auf die Entscheidung des FG gehabt hätte. Die Kläger haben sich nicht mit der Feststellung des FG auseinander gesetzt, dass es auf die Vorgeschichte des Räumungsprozesses und das Zustandekommen der Urteile nicht ankomme, weil allein entscheidend für die Annahme einer außergewöhnlichen Belastung die Zwangsläufigkeit des den Prozess auslösenden Ereignisses sei.
Abgesehen davon haben die Kläger nicht dargelegt, dass sie die zivilgerichtliche Entscheidung wegen der behaupteten Mängel mit den dort zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln —vergeblich— angegriffen haben und sie sich deshalb den daraus folgenden Verpflichtungen nicht (mehr) entziehen können (§ 33 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes). Denn andernfalls kann die finanzgerichtliche Entscheidung mangels Entscheidungserheblichkeit nicht auf unterlassener weiterer Sachverhaltsaufklärung beruhen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1324
BFH/NV 2003 S. 1324 Nr. 10
NAAAA-70280