BFH Beschluss v. - III B 132/02

Kein grobes Verschulden bei subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtümern

Gesetze: AO § 173 Abs. 1 Nr. 2

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Der Begriff des groben Verschuldens i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ist generell geklärt, desgleichen die Anforderungen, die in diesem Zusammenhang an den Steuerpflichtigen zu stellen sind (Bundesfinanzhof —BFH—, Beschluss vom X B 150/96, BFH/NV 1997, 827). Das gilt prinzipiell auch für die hier zu entscheidende Frage, wie das Übersehen einer im amtlichen Steuererklärungsvordruck ausdrücklich gestellten Frage zu gewichten ist (vgl. z.B. , BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65; vom III R 78/91, BFH/NV 1993, 641, und vom III R 72/91, BFH/NV 1994, 217).

Entgegen der Auffassung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) liegt den neueren Urteilen des BFH keine gewandelte Auffassung des groben Verschuldens i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 zugrunde. Vielmehr können danach (z.B. , BFHE 194, 9, BStBl II 2001, 379) nur subjektiv entschuldbare Rechtsirrtümer, die zu einem nachträglichen Bekanntwerden von Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 geführt haben, eine grobe Fahrlässigkeit ausschließen. Es wird jedoch daran festgehalten, dass der Steuerpflichtige sich bei dem Ausfüllen von Steuererklärungen aufdrängenden Zweifelsfragen nachgehen und die den Steuererklärungsformularen beigefügten Erläuterungen mit der von ihm zu erwartenden Sorgfalt lesen muss.

Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, wer die objektive Beweislast dafür trage, ob ein Beteiligter grob fahrlässig gehandelt habe, ist im Revisionsverfahren nicht klärbar. Das Finanzgericht (FG) hat keine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen gefällt, sondern hat daraus, dass die Klägerin eine aus dem Steuerformular hervorgehende Frage, die keiner rechtlichen Würdigung bedarf, nicht beantwortet hat, geschlossen, dass die Klägerin hierbei grob fahrlässig gehandelt habe. Ob ein Beteiligter grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen Tatfrage. Die hierzu getroffenen Feststellungen des FG dürfen —abgesehen von zulässigen und begründeten Verfahrensrügen— von der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit und die aus ihm abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt worden sind und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen entspricht (vgl. , BFH/NV 1999, 12, m.w.N.).

2. Das FG ist mit seiner Entscheidung auch nicht von den Urteilen des (BFHE 154, 481, BStBl II 1989, 131), vom III R 303/84 (BFHE 157, 488, BStBl II 1989, 960) und in BFHE 194, 9, BStBl II 2001, 379 abgewichen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Diesen Urteilen lag jeweils ein Rechtsirrtum des Steuerpflichtigen über die zeitliche Zuordnung von Werbungskosten, den Umfang der als Kinderbetreuungskosten abziehbaren Anforderungen bzw. den Begriff des Gewinns im Rahmen der Erklärung gewerblicher Einkünfte zugrunde. Demgegenüber hat nach der Würdigung des FG die Klägerin im Steuerformular unmissverständliche Fragen nach geleisteten Unterhaltszahlungen nicht beantwortet, die weder außerhalb dieser Fragestellung liegende Kenntnisse über das Steuerrecht erforderten noch eine steuerrechtliche Subsumtion von ihr verlangt haben. Das FG hat demnach den in ständiger Rechtsprechung des BFH entwickelten Begriff des groben Verschuldens und die aus ihm abzuleitenden Sorgfaltspflichten nicht verkannt.

Von einer weiteren Begründung und der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Fundstelle(n):
JAAAA-70225