Einkommensteuer | Schuldzinsenabzug bei steuerpflichtigen Erstattungszinsen (BFH)
Schuldzinsen für ein Darlehen, das
zur Finanzierung einer Einkommensteuernachzahlung aufgenommen worden ist,
können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig
sein, wenn die Einkommensteuer später wieder herabgesetzt und hierfür
steuerpflichtige Erstattungszinsen i.S. des
§ 233a AO
i.V.m.
§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG gezahlt
werden. Insoweit liegt ein Fall erzwungener Kapitalüberlassung vor, bei dem es
zur Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Kreditaufnahme und
späteren Zinseinnahmen ausreicht, wenn das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen
und verwendet worden ist, eine (letztlich nicht gerechtfertigte) Forderung zu
erfüllen (; veröffentlicht am
).
Sachverhalt: Der Kläger ist Gesellschafter zweier Personengesellschaften, für die das FA im Anschluss an Betriebsprüfungen geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erließ. Um die daraus resultierenden Steuernachzahlungen zu finanzieren, schloss der Kläger mit seiner Bank einen Vertrag über ein Darlehen ab. Die gegen die geänderten Feststellungsbescheide eingelegten Einsprüche waren teilweise erfolgreich und führten zu Steuererstattungen und Erstattungszinsen i.S. des § 233a AO. Das FA berücksichtigte den Zinsaufwand aus dem für die Steuernachzahlung aufgenommenen Darlehen nicht als Werbungskosten, behandelte aber die Erstattungszinsen als steuerpflichtig. Hiergegen wandte sich der Kläger.
Der BFH gab der Klage statt:
Der Zinsaufwand ist bei den vom Kläger erzielten Erstattungszinsen (§ 233a AO), die zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 3 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen.
Zwar hat der Kläger das zugrunde liegende Darlehen zur Zahlung festgesetzter Einkommensteuernachzahlungen verwendet, wobei Einkommensteuerschulden sowie die hierauf entfallenden Nebenleistungen i.S. des § 3 Abs. 4 AO der steuerlich unbeachtlichen privaten Einkommensverwendung zuzuordnen sind. Dies spricht grundsätzlich für eine private Veranlassung des Zinsaufwands.
Soweit die Einkommensteuerbescheide zu Gunsten des Klägers geändert worden sind und der Kläger eine entsprechende Erstattung erhielt, stellen sich die Zahlungen des Klägers aber im Ergebnis als eine erzwungene Kapitalüberlassung an das FA dar. Der Kläger war trotz Rechtswidrigkeit der erlassenen Nachzahlungsbescheide zunächst zur Zahlung der Steuerschulden verpflichtet.
Dass der Kläger (bewusst) keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 361 AO bzw. § 69 FGO gestellt hat, ändert nichts an dem Charakter einer erzwungenen Kapitalüberlassung.
Auch § 12 Nr. 3 EStG steht dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, da im Streitfall die Voraussetzungen des § 12 Nr. 3 EStG nach dessen Wortlaut nicht erfüllt sind. Denn es geht weder um den Abzug der (nachgeforderten) Einkommensteuer noch um den Abzug der darauf entfallenden Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO, sondern allein um den Abzug des Zinsaufwands für ein Darlehen, das der Kläger zur Refinanzierung der Zahlung der nachgeforderten Einkommensteuer und der darauf entfallenden Nachzahlungszinsen aufgenommen hatte.
Das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG kam noch nicht zum Tragen, da der Streitfall die Jahre 2002 bis 2004 betraf.
Quelle: ; NWB Datenbank
Fundstelle(n):
LAAAG-90284