BGH Beschluss v. - 4 StR 60/18

Strafzumessung bei Betäubungsmitteldelikten: Strafschärfende Berücksichtigung von nicht angeklagten Straftaten; Doppelverwertungsverbot; fehlende Drogensucht

Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 29a Abs 2 BtMG, § 30a Abs 3 BtMG, § 46 Abs 3 StGB

Instanzenzug: LG Frankenthal Az: 5127 Js 6359/17

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und Einziehungsanordnungen getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.

21. Die Überprüfung des Schuldspruchs zeigt auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf.

32. Hingegen hält der Strafausspruch rechtlicher Überprüfung nicht stand.

4Das Landgericht hat die verhängten Einzelstrafen den Strafrahmen des § 30a Abs. 1 und des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen und die Annahme minder schwerer Fälle im Sinne des § 30a Abs. 3 und des § 29a Abs. 2 BtMG abgelehnt. In diesem Rahmen hat die Strafkammer ebenso wie bei der anschließenden konkreten Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten in die Abwägung eingestellt, es sei „davon auszugehen, dass es vor oder neben den verfahrensgegenständlichen Taten noch weitere Geschäfte gegeben hat, bei denen Drogen in den Verkehr gelangt sind“. Diese Strafzumessungserwägung begegnet durchgreifenden Bedenken. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass der Angeklagte noch weitere nicht abgeurteilte Straftaten begangen hat; dies gilt allerdings nur, wenn diese Taten prozessordnungsgemäß und so bestimmt festgestellt sind, dass sie in ihrem wesentlichen Unrechtsgehalt abzuschätzen sind und eine unzulässige strafschärfende Berücksichtigung des bloßen Verdachts der Begehung weiterer Straftaten ausgeschlossen werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 351/17; vom - 3 StR 438/13, NJW 2014, 3259 jeweils mwN). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht, da die Strafkammer lediglich Verdachtsmomente für weitere Betäubungsmittelstraftaten angeführt hat, so dass es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage für eine strafschärfende Berücksichtigung fehlt.

5Weiterhin hat die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass er „allein um seines finanziellen Vorteils willen bereit war, Drogen in großem Umfang und guter Qualität in den Verkehr zu bringen“ und „nicht unter Konsumzwang, sondern als sog. 'trockener Dealer' gehandelt hat“. Auch diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Mit der Gewinnerzielungsabsicht hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten einen Umstand in die Strafzumessung eingestellt, dessen Berücksichtigung gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstößt. Denn das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln setzt tatbestandlich voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht (st. Rspr.; vgl. nur mwN). Ferner begegnet es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass die Strafkammer mit der beim Angeklagten nicht bestehenden Drogensucht das Fehlen eines möglichen Strafmilderungsgrundes zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat (vgl. , StV 2011, 224).

6Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die fehlerhaften Erwägungen des Landgerichts bei der Strafrahmenwahl sowie der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben.

73. Die Anordnung der Einziehung von sechs Mobiltelefonen, eines Jammers, von „Überweisungen und Belegen Western Union“ und „diversen Unterlagen über Übernachtungen“ hält rechtlicher Prüfung ebenfalls nicht stand. Aus dem Urteil ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Gegenstände durch die abgeurteilten Straftaten hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:240418B4STR60.18.0

Fundstelle(n):
BAAAG-90244