BGH Beschluss v. - 5 StR 61/17

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Bestimmung des Eigenverbrauchanteils; Konkurrenz beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf

Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 30a Abs 2 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: Az: 1 KLs 17/16

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen eines Gegenstandes, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und unerlaubtem Besitz eines Schlagringes“ sowie wegen Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Verfallsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu der Tat vom wurden bei dem Angeklagten im Rahmen einer an diesem Tag durchgeführten polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung in einem Schrank auf dem Balkon zwei Plastikdosen mit insgesamt 59 Plastiktütchen zu jeweils 1,5 g Marihuana und außerdem eine weitere Dose mit 10 g sowie eine solche mit 15 g „losem“ Marihuana gefunden. Unter dem Bett des Angeklagten wurde ein weiterer Plastikbecher mit 22 Plastiktütchen Marihuana entdeckt. Insgesamt wurden 167,41 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 9,9 % (16,57 g THC) sichergestellt. In der im Schlafzimmer liegenden Hose des Angeklagten befanden sich Betäubungsmittelutensilien, Bargeld in Höhe von 500 € in Scheinen sowie ein schwarzer Schlagring. Der Angeklagte, der selbst Marihuana raucht, wollte die sichergestellten Drogen „jedenfalls zum überwiegenden Teil“ gewinnbringend verkaufen und im Übrigen selbst konsumieren (UA S. 11). Mit dem Verkauf wollte er zumindest auch seinen Eigenkonsum finanzieren.

32. Der Schuldspruch gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG kann nicht bestehen bleiben. Bei der rechtlichen Beurteilung ist das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise davon ausgegangen, dass es im Rahmen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG für die Annahme des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge allein auf die Gesamtmenge ankomme, auch wenn diese teils zur gewinnbringenden Weiterveräußerung, teils zum Eigenkonsum diene, sofern das Betäubungsmittel zuvor in einem Akt in nicht geringer Menge erworben wurde.

4Es hat dabei zum einem übersehen, dass sich das von ihm als Beleg für diese Rechtsansicht in Bezug genommene , BGHSt 42, 123) nur auf die durch Mitführen von Waffen qualifizierten Handlungsvarianten der Einfuhr, Ausfuhr und des Sich-Verschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bezieht, nicht jedoch auf die Alternative des Handeltreibens als solche. Bei einer Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist es zur Bestimmung des jeweiligen Schuldumfangs vielmehr erforderlich, in den Fällen, in denen der Täter die Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben hat, den Eigenverbrauchsanteil zu bestimmen (vgl. , StV 2004, 602). Abhängig hiervon besteht dann Tateinheit zwischen bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Besitz einer nicht geringen Menge (vgl. ) bzw. - bei geringen Mengen - Erwerb von Betäubungsmitteln (vgl. ). Dieser Rechtsfehler hätte indes allein noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils geführt. Denn den Urteilsfeststellungen ist immerhin zu entnehmen, dass der Angeklagte das Marihuana „jedenfalls zum überwiegenden Teil“, also mehr als 50 %, gewinnbringend verkaufen wollte.

5Die Strafkammer hat allerdings zum anderen nicht beachtet, dass das Marihuana nicht in einem Akt, sondern in zwei Teilakten (UA S. 11, 13) erworben worden war. Sie ist nämlich davon ausgegangen, dass der Angeklagte 150 g Marihuana zwei Tage vor der Durchsuchung gekauft hatte, während die restlichen gut 17 g von einem früheren Kauf übrig geblieben waren. In diesem Fall kann auch dann, wenn der Angeklagte seinen Drogenvorrat wieder aufgefüllt hat, nicht von einer Tat im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ausgegangen werden. Denn die Annahme einer einheitlichen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit setzt voraus, dass sämtliche Betäubungsmittel Gegenstand desselben Güterumsatzes waren, etwa indem der Angeklagte sie gleichzeitig zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung erworben hatte. Dies ist beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen grundsätzlich nicht der Fall (vgl. , NStZ-RR 2016, 345 mwN). Allein der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. , NStZ 2008, 470).

63. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte durch die Annahme nur einer rechtlichen Tat beschwert ist.

7Unter Zugrundelegung der vom Landgericht angenommenen Gesamtmenge von 167,41 g Marihuana, von denen 150 g in einem Teilakt erworben wurden, wäre zwar hinsichtlich dieser zuletzt erworbenen Menge bei einem Wirkstoffgehalt von 9,9 % (entspricht 14,58 THC) und unter Zugrundelegung einer Verkaufsmenge von 51 % (entspricht 7,57 g THC) ebenfalls der Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erfüllt; allerdings wäre die nicht geringe Menge (7,5 g THC) nur sehr geringfügig überschritten. Deshalb ließe sich nicht ausschließen, dass das Landgericht in einem solchen Fall auch in Anbetracht der weiteren Einzelstrafe für die frühere Tat (Handeltreiben in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 823 mwN), aus der sich die Restmenge von gut 17 g ergab, eine noch mildere (Gesamt-)Freiheitsstrafe verhängt hätte.

84. Hinsichtlich der Tat vom bedarf die Sache demnach neuer tatgerichtlicher Aufklärung. Da die Unterbringungs- und die Verfallsentscheidung auf dem Schuldspruch wegen des Betäubungsmitteldelikts fußen, waren auch sie aufzuheben.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:050417B5STR61.17.0

Fundstelle(n):
WAAAG-90237