Schlüssige Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung hinsichtlich der Frage, ob die Belastung des Erwerbs eines selbstbewohnten Einfamilienhauses mit GrESt verfassungswidrig ist
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116; GG Art. 6
Gründe
I. Aufgrund notariell beurkundeten Kaufvertrages vom erwarben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Eheleute in Miteigentum je zur Hälfte ein bebautes Grundstück in…zum Gesamtkaufpreis von 380 000 DM für eigene Wohnzwecke. Daraufhin setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) gegen jeden der Ehegatten eine Grunderwerbsteuer von 6 650 DM fest. Demgegenüber verlangten die Kläger eine Freistellung von der Grunderwerbsteuer, da es sich bei dem Grundstück um persönliches Gebrauchsvermögen handele. Hilfsweise begehrten sie, die Steuer lediglich nach einem Tarif von 2 v.H. festzusetzen. Einspruch und Klage blieben jedoch erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Kläger könnten sich nicht auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Vermögensteuer vom 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655) berufen, weil es sich bei der Grunderwerbsteuer nicht um eine Sollertrag-, sondern um eine Rechtsverkehrsteuer handele. Die von den Klägern vorgenommene Qualifizierung der Grunderwerbsteuer als Einkommensverwendungsteuer sei verfassungsrechtlich irrelevant. Das Leistungsfähigkeitsprinzip spiele im Bereich der Verkehrsteuern keine Rolle. Die Anhebung des Steuersatzes von 2 v.H. auf 3,5 v.H. habe nicht dazu geführt, dass die Grunderwerbsteuer erdrosselnd wirke. Außerdem sei die Belastungswirkung im Fall der Kläger durch die Eigenheimzulage gemindert. Auch der Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 des Grundgesetzes (GG) erfordere im Streitfall keine Grunderwerbsteuerbefreiung.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision machen die Kläger geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Fragen zu,
1. ob die Anhebung des Steuersatzes auf 3,5 v.H. in § 11 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) durch das Jahressteuergesetz 1997 bei Eigenheimen gegen den Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 GG und gegen das Gebot, auf die Leistungsfähigkeit von Familien Rücksicht zu nehmen, verstoße;
2. ob die Grunderwerbsteuer mit einem Satz von 3,5 v.H. beim Erwerb von Eigenheimen erdrosselnd wirke, wobei die Eigenheimzulage unberücksichtigt zu bleiben habe;
3. ob durch die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer etwas verhindert werde, was staatlicherseits erwünscht sei und gefördert werde, und
4. ob Art. 6 GG es erfordere, den Erwerb von Eigenheimen zu begünstigen.
Hinsichtlich dieser Fragen sei zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erforderlich, da das BVerfG die Vorlagen des Niedersächsischen FG zur Notwendigkeit, persönliches Gebrauchsvermögen von der Grunderwerbsteuer freizustellen, lediglich als unzulässig verworfen habe. Außerdem sei dem FG ein Verfahrensfehler unterlaufen, weil es über den Hilfsantrag (Besteuerung lediglich mit 2 v.H.) nicht entschieden habe.
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Die Kläger haben weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch die Erforderlichkeit einer Revisionsentscheidung zur Fortbildung des Rechts i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO dargelegt.
a) Für die Darlegung beider Zulassungsgründe —bei dem Zulassungsgrund der Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts handelt es sich lediglich um einen speziellen Unterfall der Grundsatzrevision— wäre es erforderlich gewesen, eine oder mehrere bestimmte Rechtsfragen herauszuarbeiten und auf ihre Bedeutung für die Allgemeinheit einzugehen. Dazu hätte substantiiert dargelegt werden müssen, inwieweit die aufgeworfenen Rechtsfragen im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und weshalb ihre Klärung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. , BFH/NV 1987, 312).
b) Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der bloße Hinweis darauf, dass die Vorlagen des (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1997, 1526) bzw. vom VII (III) 3106/97 (EFG 1999, 37) durch die Beschlüsse des bzw. vom 1 BvL 14/98 (Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht —UVR— 1999, 162) als unzulässig verworfen worden sind, reicht zur Begründung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfragen nicht aus. Das BVerfG hat sich nämlich insbesondere in dem Beschluss vom 1 BvL 14/98 nicht nur zu den formalen Anforderungen an eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG geäußert, sondern auch zu den vom vorlegenden Gericht aufgeworfenen Verfassungsfragen Stellung genommen. So hat es darauf hingewiesen, dass es keine Verfassungsrechtssätze gibt, wonach alle Steuern aufeinander abgestimmt sein müssten oder alle Steuern nur unter Berücksichtigung existenzsichernder Freibeträge erhoben werden dürften oder wonach persönliches Gebrauchsvermögen ungeachtet der Steuerart von jeglicher Steuer freizustellen sei. Weiter hat das BVerfG ausgeführt, mit seinem Beschluss in BStBl II 1995, 655 aus dem Prinzip der eigentumsschonenden und freiheitsschonenden Besteuerung nicht abgeleitet zu haben, persönliches Gebrauchsvermögen sei von direkten Steuern freizustellen. Vielmehr habe es lediglich verlangt, unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorbelastung des Vermögens die wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung gegen eine Sollertragsteuer abzuschirmen. Der Vorstellung, dass Steuern nur auf das Einkommen und in Form einer Einkommensverwendungsteuer erhoben werden dürften, stünden die Art. 106 ff. GG entgegen.
c) Auch der BFH hat sich in seinem Beschluss vom II B 33/98 (BFH/NV 1999, 76) —wenn auch in einer Aussetzungssache— bereits mit den von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen befasst. Er hat dabei die Auffassung vertreten, weder Art. 14 GG noch die Art. 2, 3 und 6 GG hinderten den Gesetzgeber daran, für den Erwerb eines Grundstücks zu eigenen Wohnzwecken eine Grunderwerbsteuer vorzusehen. Unter diesen Umständen hätte es zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung gehört, sich mit den Argumenten des BVerfG und des BFH auseinander zu setzen. Dies ist nicht geschehen.
2. Die Verfahrensrüge ist schon deshalb nicht schlüssig, weil sich das FG auf S. 7 der Vorentscheidung ausdrücklich mit dem auf 3,5 v.H. erhöhten Steuersatz befasst und diesen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 941
BFH/NV 2003 S. 941 Nr. 7
FAAAA-70128