BFH Beschluss v. - I B 27/03

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) im Inland einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft kanadischen Rechts (Limited Corporation) mit Sitz in Kanada. Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin ist M. Die Klägerin erwarb im Rahmen einer Zwangsversteigerung das Eigentum an einem Mietwohngrundstück in S. Dieses wurde in 4 Eigentumswohnungen aufgeteilt. In der Folgezeit veräußerte die Klägerin drei Eigentumswohnungen, während sie die verbliebene Wohnung weiter vermietete.

Da die Klägerin für 1997 und 1998 (Streitjahre) keine Steuererklärungen abgab, schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Besteuerungsgrundlagen und ging dabei —in Anlehnung an die Vorjahre— von Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 25 000 DM für 1997 und 26 000 DM für 1998 aus. Er erließ entsprechende Schätzungsbescheide.

Dagegen legte die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage beim Finanzgericht (FG) ein, welche sie durch Einreichung der Steuererklärungen für die Streitjahre begründete. Darin erklärte sie Verluste aus Gewerbebetrieb (gewerblichem Grundstückshandel) in Höhe von 123 904 DM für 1997 und 24 737 DM für 1998. Das FG gab der Klage nur insoweit statt, als es von einem Überschuss der Vermietungseinnahmen über die Werbungskosten in Höhe von 11 372 DM für 1997 und von 15 265 DM für 1998 ausging. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.

Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision gegen das Urteil der Vorinstanz beantragt.

Dem ist das FA entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Die Klägerin hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise hinreichend dargelegt.

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht hinreichend dargelegt. Für die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss also zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Rechtsstreits erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, und muss zudem konkret und substantiiert vortragen, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung der Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, und vom VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29, sowie die weiteren Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 FGO Rz. 32). Zwar hat die Klägerin die Frage aufgeworfen, ob das FG Sachverhalte zwischen voneinander unabhängigen Gesellschaften (Nichtanerkennung eines Darlehensvertrages zwischen kanadischen Firmen) negieren dürfe. Ihre Beschwerde enthält jedoch keinerlei Ausführungen dazu, warum die Beantwortung dieser Frage im Allgemeininteresse liegen und damit klärungsbedürftig sein soll. Insbesondere hat sie nicht dargetan, weshalb der vorgenannten Rechtsfrage eine über vereinzelte Fälle hinausgehende Bedeutung für die Allgemeinheit beizumessen sein soll. Es ist nicht die Aufgabe des Beschwerdegerichts, hierzu Mutmaßungen anzustellen; vielmehr muss der Beschwerdeführer hierzu substantiierte und konkrete Angaben machen, die es dem Gericht ermöglichen, die Bedeutung der Rechtsfrage für die Allgemeinheit abzuschätzen.

2. Soweit die Klägerin umfangreiche Ausführungen dazu macht, dass entgegen der Annahme des FG von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen sei, kann sie damit im Beschwerdeverfahren bereits deshalb nicht durchdringen, weil etwaige Fehler bei der Anwendung und Auslegung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall für sich gesehen und unabhängig von der Schwere des Rechtsverstoßes nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen können (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 FGO Rz. 24).

3. Eine nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO beachtliche Abweichung des Urteils der Vorinstanz von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat die Klägerin ebenfalls nicht dargetan. Dazu reicht die Anführung von einzelnen BFH-Urteilen nicht aus; vielmehr ist es darüber hinaus erforderlich, die vermeintliche Divergenz genau zu bezeichnen.

4. Die Klägerin hat auch keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ordnungsgemäß geltend gemacht, auf dem die Vorentscheidung beruhen könnte. Da in vielen Fällen auf die Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften wirksam verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der ZivilprozessordnungZPO—), gehört nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsmäßigen Rüge eines Verfahrensfehlers i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auch der Vortrag, dass die Verletzung der betreffenden (verzichtbaren) Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt wurde, es sei denn, dass sich dies schon aus dem Urteil selbst oder den in Bezug genommenen Unterlagen (wie der Sitzungsniederschrift) ergibt (vgl. nur , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, sowie BFH-Beschlüsse vom VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608; vom VIII B 14/99, BFH/NV 2000, 971; vom VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125). Eine entsprechende Rüge hat die Klägerin ausweislich der FG-Akten (dort insbesondere der Protokollniederschrift zur mündlichen Verhandlung) aber nicht erhoben. Es entspricht der zuvor wiedergegebenen Rechtsprechung, dass dann ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) bzw. gegen den Inhalt der Akten (§ 96 FGO) nicht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geltend gemacht werden kann.

5. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 63
BFH/NV 2004 S. 63 Nr. 1
WAAAA-69941