VGA bei Zahlung von Miet- und Pachtzinsen an Gesellschafter und deren Angehörige
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Angemessenheit von Pachtzinszahlungen sowie darüber, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) Steuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ändern durfte.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb in den Streitjahren (1992 bis 1995) in A eine Gaststätte. Die Betriebsräume sowie die betriebsnotwendigen Anlagegüter hatte sie von der X-GbR angepachtet. An der X-GbR waren zum Teil die —im Verlauf der Streitjahre wiederholt wechselnden— Gesellschafter der Klägerin und zum Teil deren Ehepartner beteiligt.
Der zwischen der Klägerin und der X-GbR vereinbarte Pachtzins hatte sich vor Beginn der Streitjahre —ab — auf 18 600 DM monatlich zuzüglich Umsatzsteuer belaufen. Zum wurde der Pachtvertrag geändert; der monatliche Pachtzins betrug nunmehr 34 850 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Wegen drohender Zahlungsunfähigkeit der Klägerin wurde der Pachtzins im September 1994 auf 23 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer ermäßigt. Die Klägerin setzte den auf dieser Basis entstandenen Zinsaufwand in ihren Steuererklärungen für die Streitjahre gewinnmindernd an.
Das FA erließ für die Streitjahre zunächst Steuerbescheide, in denen es den Erklärungen in diesem Punkt folgte. Die erstmaligen Bescheide für 1992, 1993 und 1995 ergingen gemäß § 164 AO 1977 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung; dieser wurde jedoch hinsichtlich der Jahre 1992 und 1993 später aufgehoben. Die Bescheide für 1994 enthielten keinen Nachprüfungsvorbehalt.
Im Anschluss an eine Außenprüfung bei der Klägerin nahm das FA an, dass zwischen der Klägerin und der X-GbR eine Betriebsaufspaltung bestehe. Außerdem hielt es den Pachtzins für unangemessen, soweit dieser 270 000 DM jährlich überstieg. Das FA änderte deshalb die ursprünglichen Steuerbescheide und behandelte in den Änderungsbescheiden die jeweiligen Mehrbeträge als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA). Hinsichtlich der Bescheide für 1992 bis 1994 stützte es seine Änderungsbefugnis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage gegen die Änderungsbescheide abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin angesprochenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine solche ist gegeben, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23, m.w.N.). Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) die betreffende Frage bereits entschieden hat; das gilt unabhängig davon, ob das FG in der konkret zu beurteilenden Entscheidung die Vorgaben des BFH zutreffend umgesetzt hat oder nicht (BFH-Beschlüsse vom XI B 25/01, BFH/NV 2002, 213; vom III B 61/01, BFH/NV 2002, 666; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 FGO Rz. 24, m.w.N.). Wird schließlich eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung gestützt, so kommt es für die Zulassung der Revision nur auf die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit derjenigen Rechtsfragen an, deren grundsätzliche Bedeutung in der Beschwerdebegründung dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) worden ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 55).
2. Im Streitfall geht es zunächst um die steuerliche Überprüfung des Pachtvertrags zwischen der Klägerin und der X-GbR. Hierzu sind FA und FG davon ausgegangen, dass an der X-GbR nahe Angehörige der Gesellschafter der Klägerin beteiligt gewesen seien und dass deshalb die Zahlung eines unangemessen hohen Pachtzinses zu vGA führe. Beides stellt die Klägerin nicht in Abrede. Sie hält lediglich für klärungsbedürftig, nach welchen Grundsätzen der in diesem Sinne ”angemessene” Pachtzins zu ermitteln ist. Damit kann sie jedoch nicht durchdringen:
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH gibt es für die Überprüfung der Angemessenheit von Leistungen einer Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter keine festen Regeln. Das gilt auch im Zusammenhang mit Miet- und Pachtzinsen, die die Gesellschaft an ihre Gesellschafter zahlt (, BFHE 185, 230, BFH/NV 1999, 1160, 1164, m.w.N.). Ferner ist nicht klärungsbedürftig, dass bei Zahlungen einer Kapitalgesellschaft an nahe Angehörige ihrer Gesellschafter derselbe Grundsatz eingreift. Wie bei Zahlungen an die Gesellschafter selbst muss deshalb auch in diesem Fall das FA und ggf. das FG die Höhe des angemessenen Betrags unter Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls ermitteln, wobei im Zweifel eine Schätzung (§ 162 AO 1977; § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) zulässig und geboten ist.
b) Im Streitfall ist das FG im Rahmen der Angemessenheitsprüfung der Berechnung des Außenprüfers gefolgt, der sich in erster Linie an der angemessenen Verzinsung des von der Klägerin eingesetzten Kapitals orientiert hatte. Das entspricht, wie auch die Klägerin nicht verkennt, der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteil vom I R 11/75, BFHE 122, 279, BStBl II 1977, 679). Die Klägerin macht zwar geltend, dass diese Rechtsprechung im Schrifttum kritisiert werde und deshalb einer erneuten Überprüfung bedürfe. Daraus lässt sich jedoch eine grundsätzliche Bedeutung des Streitfalls nicht ableiten.
Zwar mag es richtig sein, dass —wie die Klägerin meint— die Angemessenheit eines Pachtzinses nicht ausschließlich an den Bedürfnissen des Pächters gemessen werden kann, sondern auch die Belange des Verpächters berücksichtigt werden müssen (BFH-Urteil in BFHE 185, 230, BFH/NV 1998, 1160, 1164; Söffing, Die Betriebsaufspaltung, 2. Aufl., S. 304; , Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1993, 172, m.w.N.). Das schließt jedoch nicht aus, die Angemessenheitsprüfung im Ausgangspunkt bei den Interessen des Pächters ansetzen zu lassen und die ggf. gegenläufigen Interessen des Verpächters nur insoweit zu berücksichtigen, als sie im Verhältnis zwischen fremden Dritten zu einer Korrektur des zunächst ermittelten Ausgangswerts geführt hätten. In dieser Weise sind im Streitfall der Außenprüfer und —ihm folgend— das FG verfahren. Hierzu heißt es in dem vom FG zitierten Prüfungsbericht sinngemäß, dass die Verpächter mit dem vom Prüfer berechneten Betrag ihrerseits eine angemessene Kapitalrendite erzielt hätten und dass es deshalb keiner Korrektur des aus der Sicht des Pächters (Klägerin) angemessenen Pachtzinses bedürfe. Damit sind die Interessen des Pächters in die vom FG übernommene Berechnung eingegangen, so dass der von der Klägerin angesprochene Gesichtspunkt in dem angefochtenen Urteil bereits berücksichtigt ist.
Hieraus folgt, dass die von der Klägerin aufgeworfene Frage in einem etwaigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre. Das schließt die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung aus. Soweit die Klägerin dem angefochtenen Urteil mit eigenen Berechnungen zum angemessenen Pachtzins entgegentritt, rügt sie lediglich eine Fehlerhaftigkeit des Urteils, die nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
3. Im Ergebnis dasselbe gilt für die Rüge der Klägerin, das FG habe zu Unrecht angenommen, dass das FA die Steuerbescheide für 1992 bis 1994 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 ändern durfte. Auch in diesem Zusammenhang wirft das angefochtene Urteil keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf:
a) Das FG ist dort davon ausgegangen, dass dem FA im Zuge der Außenprüfung Tatsachen bekannt geworden sind, die ihm bei den erstmaligen Steuerfestsetzungen nicht bekannt waren und die die Festsetzung einer jeweils höheren Steuer rechtfertigen. Damit liegen die Anwendungsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 im Grundsatz vor. Diese Annahme greift die Klägerin nicht an.
Sie beruft sich vielmehr ausschließlich darauf, dass nach der Rechtsprechung des BFH die Finanzbehörde nach Treu und Glauben an einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 gehindert sein kann, wenn sie die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen bei gehöriger Erfüllung ihrer Ermittlungspflicht (§ 88 AO 1977) schon vor Erlass der voraufgegangenen Steuerbescheide hätte erkennen können (, BFH/NV 2003, 19; XI R 17/01, BFH/NV 2003, 137; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 173 AO Rz. 62, m.w.N.). Von diesem Grundsatz ist indessen auch das FG erklärtermaßen ausgegangen. Es hat lediglich die Voraussetzungen, unter denen das FA zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet ist, als im Streitfall nicht erfüllt angesehen. Diese auf den konkreten Einzelfall bezogene Würdigung kann unabhängig davon, ob sie im Ergebnis zutreffend ist, kein Anknüpfungspunkt für die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung sein.
Ein Klärungsbedürfnis ergibt sich entgegen der Annahme der Klägerin auch nicht aus den Ausführungen des FG dazu, dass das FA in besonderem Maße auf die Richtigkeit und Vollständigkeit abgegebener Steuererklärungen vertrauen könne, wenn diese unter Mitwirkung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellt worden seien. Denn es ist geklärt, dass einerseits die Finanzbeh#ouml;rde bei Mitwirkung eines Beraters an der Steuererklärung in besonderem Maße auf die vollständige Darstellung der möglicherweise entscheidungserheblichen Umstände vertrauen darf (, BFH/NV 1987, 414; vom VIII R 184/84, BFH/NV 1989, 726; Tipke/Kruse, a.a.O., § 173 AO Rz. 65, m.w.N.), andererseits aber auch in diesem Fall sich ohne weiteres aufdrängenden Zweifeln nachgehen muss (BFH-Urteil in BFH/NV 1987, 414, 415). Wann sich Zweifel in diesem Sinne ”aufdrängen”, muss das FG aufgrund der jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilen. Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage stellt sich in diesem Zusammenhang nicht.
Im Streitfall hat das FG zwar nicht ausdrücklich festgestellt, welche Umstände dem FA bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für 1992 und 1993 sowie bei der erstmaligen Veranlagung für 1994 bekannt waren. Es hat jedoch im Ergebnis angenommen, dass diese Umstände keine weiteren Nachfragen des FA herausforderten, sondern das FA ohne Verletzung seiner Ermittlungspflicht den ihm vorliegenden Steuererklärungen folgen durfte. Damit hat es den Rechtsstreit in diesem Punkt unter Anwendung der vom BFH entwickelten Grundsätze entschieden. Das schließt unabhängig davon, ob die vom FG vorgenommene Abwägung sachgerecht erscheint oder nicht, eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO aus.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2004 S. 87
BFH/NV 2004 S. 87 Nr. 1
CAAAA-69900