BFH Beschluss v. - I B 166/02

Anforderungen an die Begr. eines Antrags auf Wiedereinsetzung; Führen eines Fristenkontrollbuchs

Gesetze: FGO § 56

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Die Beschwerde ist nicht fristgerecht begründet worden.

1. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen und gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO innerhalb von zwei Monaten nach diesem Zeitpunkt zu begründen. Vorliegend ist die Vorentscheidung der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) am zugestellt worden. Die Beschwerdebegründung ist erst am und damit verspätet beim BFH eingegangen.

2. Die von der Klägerin begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Sie ist gemäß § 56 Abs. 1 FGO demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der ZivilprozessordnungZPO—).

a) Der Antrag auf Wiedereinsetzung, der gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen und zu begründen ist, erfordert (unbeschadet einer späteren Glaubhaftmachung gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO) innerhalb der bezeichneten Frist eine schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen, aus denen sich eine schuldlose Verhinderung des Rechtssuchenden oder seines Prozessbevollmächtigten ergeben soll (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 189/01, BFH/NV 2002, 946; vom X R 47/99, nicht veröffentlicht —n.v.—; vom IV B 150/98, BFH/NV 1999, 1614; vgl. auch Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 56 Anm. 36, 40). Bereits daran fehlt es vorliegend.

b) Ein Bevollmächtigter ist verpflichtet, seinen Bürobetrieb so zu organisieren, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen sind. Dazu ist es grundsätzlich unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch geführt wird und eine Ausgangskontrolle stattfindet. Die Ausgangskontrolle muss eine ausreichende Gewähr dafür bieten, dass fristwahrende Schriftsätze nicht liegen bleiben. Fristen dürfen im Fristenkontrollbuch daher erst auf der Grundlage der Eintragung im Postausgangsbuch gelöscht werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2002, 946; vom VII B 132/99, n.v.; vom X B 143/01, BFH/NV 2002, 669; vom I R 90/97, BFH/NV 1999, 512, m.w.N.). Dass diese Kriterien in der Kanzlei des jeweiligen Bevollmächtigten beachtet wurden, ist darzulegen.

Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht ausgeführt, in welcher Weise er seiner Obliegenheit nachgekommen ist, durch organisatorische Maßnahmen Vorsorge für eine rechtzeitige Absendung der Beschwerdebegründung zu treffen. Er führt lediglich aus, die Fristversäumnis beruhe nicht auf einer fehlerhaften Fristenüberwachung und beruft sich auf ein Büroversehen (”Fehleinschätzung”) seiner Angestellten M. Damit fehlt es an der schlüssigen Darlegung einer ordnungsmäßigen Büroorganisation.

c) Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im nachgereichten Schriftsatz vom kann nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen. Somit ist unerheblich, ob es sich insoweit um eine zusätzliche Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung, die nach Ablauf der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht mehr erfolgen könnte, oder lediglich um ergänzende Ausführungen zum ursprünglichen Vortrag handelt (vgl. BFH-Beschlüsse vom X R 95/93, BFH/NV 1997, 40; in BFH/NV 2002, 946).

Von einer weiteren Begründung dieses Beschlusses sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1193
BFH/NV 2003 S. 1193 Nr. 9
AAAAA-69889