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AO: Einstehen für die Steuerhinterziehung eines Miterben – Demenz-Kranke im Steuerverfahren
, BStBl 2018 II S. 223 NWB SAAAG-72051
Leitsätze
Der Erbe tritt sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein und schuldet die Einkommensteuer als Gesamtschuldner in der Höhe, in der sie durch die Einkünfteerzielung des Erblassers entstanden ist.
Auch eine wegen Demenz des Erblassers unwirksame Einkommensteuererklärung führt – ist sie unrichtig oder unvollständig – zu einer Berichtigungspflicht des Erben nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 AO, bei deren Verletzung eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO durch Unterlassen vorliegen kann.
Die Berichtigungspflicht des Erben nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 AO wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er bereits vor dem Tod des Erblassers Kenntnis davon hatte, dass dessen Steuererklärung unrichtig ist.
Die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 und 3 Halbsatz 1 AO tritt auch dann ein, wenn der als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Erbe keine Kenntnis von der Steuerhinterziehung des Miterben hat.
Jedem Erben steht die Möglichkeit zu, sich nach Maßgabe des § 169 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 AO zu exkulpieren.
Sachverhalt
Die Klägerin beerbte im Jahr 2000 zusammen mit ihrer Schwester
C ihre Mutter W. Seit dem Jahr 1995 war die W derart schwer an Demenz erkrankt,
dass sie nicht mehr in der Lage war, wirksame Einkommensteuererklärungen
abzugeben. In den Jahren 1995–1999 erzielte W Kapitaleinkünfte im
Ausland. Diese flossen aber nicht in ihre Einkommensteuererklärungen der
entsprechenden Jahre