BFH Beschluss v. - X B 7/03

Gewerblicher Grundstückshandel: Drei-Objekt-Grenze in Anschaffungsfällen

Gesetze: EStG § 15

Gründe

Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat und die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügten Divergenzen zu Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht vorliegen (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO —Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung—).

Die vom Kläger zur Begründung seines Rechtsmittels aufgeworfenen Rechtsfragen:

  • Gelten die vom Großen Senat des (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) angeführten besonderen Umstände, die auf eine gewerbliche Betätigung bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten schließen lassen, wenn der Steuerpflichtige die Gebäude errichtet hat, auch dann, wenn der Steuerpflichtige die Gebäude anschafft?

  • Sind die vom Großen Senat im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 angeführten besonderen Umstände, die für eine gewerbliche Betätigung bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten sprechen, als abschließend anzusehen?

haben keine grundsätzliche Bedeutung. Beide Rechtsfragen sind durch den Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 geklärt (vgl. unten 1. und 2.).

Soweit der Kläger die Rechtsfrage aufwirft, welche weiteren Ausnahmefälle als zweifelsfreie besondere Umstände die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels rechtfertigen können, kommt eine Zulassung nicht in Betracht, da diese Frage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig wäre.

1. Aus dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 ergibt sich zweifelsfrei, dass die Drei-Objekt-Grenze auch in Anschaffungsfällen nicht als Freigrenze wirken sollte.

a) Der Große Senat hat im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 unter C. III. 3. auf Entscheidungen verwiesen, in denen nicht danach unterschieden wurde, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Objekte lediglich angeschafft oder ob er die Grundstücke zuvor bebaut hat (z.B. , BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244; vom VIII R 373/83, BFHE 158, 214, BStBl II 1990, 1053; vom VIII R 15/87, BFHE 163, 66, BStBl II 1991, 345; vom III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143; vom XI R 17/90, BFHE 167, 401, BStBl II 1992, 1007). Der Große Senat ist der Überlegung des X. Senats im Vorlagebeschluss vom X R 183/96 (BFHE 184, 355, BStBl II 1998, 332), wonach diese Rechtsprechung, soweit sie die Drei-Objekt-Grenze auch auf Fälle der Veräußerung nach Bebauung anwende, durch den Beschluss des Großen Senats vom GrS 1/93 (BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617) überholt sei, nicht gefolgt. Der Große Senat hat vielmehr aus der Formulierung im Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 ”... haben die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeit (Anschaffung, Bebauung, Verkauf) ..., eine indizielle Bedeutung” geschlossen, dass die bisherige Rechtsprechung Bestand haben sollte. Der Große Senat hat weiter auf verschiedene BFH-Urteile, die nach dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 ergangen sind, hingewiesen und festgehalten, dass auch in diesen Entscheidungen nicht zwischen Veräußerung nach Bebauung und Veräußerung nach Anschaffung unterschieden worden sei. Schließlich stellt der Große Senat im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 fest, dass auch er keine Veranlassung sehe, die Rechtsprechung, derzufolge nicht danach zu unterscheiden sei, ob der Steuerpflichtige die veräußerten Objekte lediglich angeschafft oder ob er sie errichtet hat, aufzugeben. Es diene der Verlässlichkeit der Rechtsordnung, eine gefestigte Handhabung (hier: Gleichstellung von reinen Durchhandelsfällen mit Bebauungsfällen) aufrechtzuerhalten, solange nicht überwiegende Gründe für ihre Aufgabe sprechen.

b) Unter C. III. 5. weist der Große Senat in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 darauf hin, dass nach der in seinem Beschluss in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 vertretenen Auffassung der Zahl der Objekte und dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung, Verkauf) für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben ist oder nicht, eine indizielle Bedeutung zukomme. Der Große Senat führt weiter aus, dass auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen können. Soweit die bisherige Rechtsprechung dahin verstanden werden könne, dass sie wie eine Freigrenze wirke, folge der Große Senat dem nicht.

Diese Aussagen beziehen sich generell auf die Veräußerung von Grundstücken und unterscheiden nicht zwischen Objekten, die vor der Veräußerung errichtet oder angeschafft wurden. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Aussage des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 (unter C. III. 3.), dass die Gleichstellung von reinen Durchhandelsfällen mit Bebauungsfällen auch unter dem Gesichtspunkt der Verlässlichkeit der Rechtsordnung aufrechtzuerhalten ist (vgl. oben 1. a). Lediglich die Beispielsfälle, die der Große Senat im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 für das Vorliegen einer gewerblichen Betätigung beim Verkauf von weniger als vier Grundstücken anführt, beziehen sich auf Errichtungsfälle. Angesichts der Tatsache, dass sich der Vorlagebeschluss des X. Senats auf einen Errichtungsfall bezog, ist diesem Umstand aber keine Bedeutung beizumessen.

2. Aus dem Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 ergibt sich auch zweifelsfrei, dass die angeführten besonderen Umstände, die auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen, nicht als abschließend angesehen werden können. Dies folgt nicht nur aus der einleitenden Formulierung ”So kann beispielsweise auf eine gewerbliche Betätigung geschlossen werden ...”, sondern auch daraus, dass angesichts der vielfältigen tatsächlichen Verhältnisse eine abschließende Aufzählung der besonderen Umstände, die auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen, nicht möglich gewesen wäre. Der X. Senat hat deshalb im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 erkannt, dass neben den vom Großen Senat ausdrücklich anerkannten Ausnahmefällen auch andere gewichtige Umstände auf eine gewerbliche Betätigung selbst bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten schließen lassen, wenn sich aus diesen Umständen ergibt, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter Veräußerungsabsicht vorgenommen worden sind. Hierbei sei jeweils auf den Einzelfall abzustellen. Sei das Bauvorhaben beispielsweise nur kurzfristig finanziert worden, habe der Steuerpflichtige bereits während der Bauzeit eine Maklerfirma mit dem Verkauf des Objekts beauftragt oder selbst Veräußerungsannoncen geschaltet, sei gar vor Fertigstellung des Bauwerks ein Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber geschlossen oder habe der Steuerpflichtige Gewährleistungspflichten über den bei Privatverkäufen üblichen Bereich hinaus übernommen, könne eine unbedingte Veräußerungsabsicht auch dann angenommen werden, wenn keiner der vom Großen Senat im Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 angesprochenen Ausnahmefälle vorliege (vgl. Senatsurteil vom X R 183/96, BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238).

3. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO sind nur erfüllt, wenn die Rechtsfrage, deren grundsätzliche Bedeutung dargelegt wird, für die Entscheidung des Streitfalls überhaupt rechtserheblich ist. Es ist nicht Aufgabe eines Revisionsgerichts, Rechtsfragen abstrakt zu klären (vgl. , BFHE 105, 335, BStBl II 1972, 575; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 30) oder den Beteiligten eine abschließende Auflistung der Lösungen aller nur denkbaren Einzelfälle zu einem Rechtsproblem an die Hand zu geben. Die grundsätzliche Bedeutung muss deshalb eine Frage berühren, die vom Revisionsgericht auch geprüft und beantwortet werden kann. Im Streitfall wäre nur die Rechtsfrage klärungsfähig, ob auch die Sanierung eines zuvor angeschafften Objekts als besonderer Umstand, der bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten für eine gewerbliche Betätigung sprechen kann, gewertet werden kann. Diese Rechtsfrage, die vom Finanzgericht (FG) zutreffend beantwortet wurde, hat der Kläger jedoch nicht aufgeworfen. Die von ihm gestellte Frage, welche weiteren Ausnahmefälle als zweifelsfreie besondere Umstände die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels rechtfertigen, ist im Streitfall nicht klärungsfähig, da sie nicht entscheidungserheblich ist.

4. Ebenso wenig rechtfertigt § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO die Zulassung der Revision. Dieser Zulassungsgrund erfasst zwar namentlich auch die Abweichung der angegriffenen Vorentscheidung von der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 49). Indes liegen die vom Kläger gerügten Divergenzen zu den von ihm bezeichneten BFH-Entscheidungen nicht vor. Das FG-Urteil weicht weder vom Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 noch vom Senatsurteil in BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238 ab. In beiden Entscheidungen findet sich nicht der Rechtssatz, dass die dort angeführten besonderen Umstände, die auf eine gewerbliche Betätigung auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten schließen lassen, als abschließend anzusehen wären (vgl. oben unter 2.).

5. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiter gehenden Begründung sieht der Senat nach Maßgabe des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1423
BFH/NV 2003 S. 1423 Nr. 11
LAAAA-69615