BFH Beschluss v. - X B 25/02

Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gegen die aufgrund einer Außenprüfung ergangenen Einkommensteueränderungsbescheide des Beklagten und Beschwerdegegners (das Finanzamt —FA—) für die Streitjahre 1995 bis 1997 ab, ohne die Revision zuzulassen.

Das Urteil wurde den im finanzgerichtlichen Verfahren für die Klägerin aufgetretenen früheren Prozessbevollmächtigten am zugestellt. Diese übersandten ihr mit Schreiben vom ”zur Kenntnisnahme und zum Verbleib” eine Urteilsausfertigung einschließlich Rechtsmittelbelehrung über die innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegende Nichtzulassungsbeschwerde.

Am Dienstag, dem beauftragte die Klägerin die in diesem Verfahren auftretenden Prozessbevollmächtigten, die mit (Fax-)Schreiben vom selben Tag Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil einlegten und Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist mit der Begründung beantragten, die juristisch nicht vorgebildete Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass das Urteil den früheren Bevollmächtigten am , dem Tag der Übersendung an sie persönlich, zugegangen sei. Denn weder das Urteil noch das Anschreiben der Bevollmächtigten habe einen Hinweis auf das Datum der Zustellung enthalten. Erst nachdem die Klägerin zwischenzeitlich das Mandat mit den früheren Bevollmächtigten beendet und die derzeitigen Prozessvertreter beauftragt habe, habe sich —in einem Telefongespräch zwischen den früheren und gegenwärtigen Vertretern— herausgestellt, dass das FG-Urteil bereits am zugestellt worden sei.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Klägerin hat die Beschwerde nicht entsprechend § 116 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Urteils eingelegt. Ihr ist auch nicht nach § 56 Abs. 1 FGO Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren, weil sie nicht ohne Verschulden gehindert war, die Begründungsfrist zu wahren.

1. Ein Verschulden i.S. des § 56 Abs. 1 FGO liegt schon dann vor, wenn die den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt außer Acht gelassen wurde; auch eine einfache Fahrlässigkeit schließt eine Wiedereinsetzung aus (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII R 32/90, BFH/NV 1994, 553; vom VII B 163/93, BFH/NV 1994, 384, 385; vom XI R 96/98, BFH/NV 2000, 740).

2. Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin die Beschwerdefrist schuldhaft versäumt.

Auch für einen juristischen Laien war aufgrund der Rechtsmittelbelehrung des Urteils erkennbar, dass der Lauf der Rechtsmittelfrist mit der Zustellung an die früheren Prozessbevollmächtigten begonnen hatte und weder der übersandten Ausfertigung des Urteils noch dem Anschreiben der Bevollmächtigten vom das maßgebliche Datum der Zustellung zu entnehmen war.

Für die behauptete und im Übrigen auch nicht glaubhaft gemachte Vorstellung der Klägerin, das Datum des Anschreibens sei das Datum der Zustellung, fehlt jeder objektive Anhaltspunkt, so dass für die Fristversäumnis allein ihre Unterlassung, sich über den Zeitpunkt der Zustellung zu vergewissern, als ursächlich angesehen werden kann. Eine solche Unterlassung ist fahrlässig. Denn ein Kläger, der sich trotz zutreffender Rechtsmittelbelehrung keine Gewissheit darüber verschafft, in welcher Weise er seine Rechtsmittelfrist wahren kann und muss, handelt schuldhaft und kann deshalb keine Wiedereinsetzung in die aufgrund der Unterlassung versäumte Frist beanspruchen (vgl. , BFHE 100, 490, BStBl II 1971, 143).

3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
KAAAA-69569