Online-Nachricht - Donnerstag, 03.05.2018

Familienrecht | Unterhaltspflicht während des FSJ (OLG)

Während eines freiwilligen sozialen Jahres besteht jedenfalls dann eine Unterhaltspflicht, wenn das Kind bei Beginn minderjährig war und das Freiwilligenjahr auch der Berufsfindung dient (OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. - 2 UF 135/17; Beschwerde zugelassen).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt. Sie waren miteinander verheiratet und haben zwei Kinder. Die Kinder leben seit der Trennung im Haushalt der Antragstellerin. Der Sohn der Antragstellerin begann mit siebzehneinhalb Jahren ein freiwilliges soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner auf Kindesunterhalt u.a. für diese Zeit in Anspruch. Das Amtsgericht hatte den Antragsgegner zur Unterhaltszahlung verpflichtet. Hiergegen richtet sich seine Beschwerde.

Das OLG führte hierzu u.a. aus:

  • Für die Zeit eines Freiwilligenjahres ist grundsätzlich ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt anzuerkennen.

  • Das Gesetz zur Förderung von Jugend-Freiwilligen-Diensten verfolgt das am Gemeinwohl orientierte Ziel, Jugendlichen soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Neben einer beruflichen Orientierungs- und Arbeitserfahrung vermittelt der Jugend-Freiwilligen-Dienst auch wichtige personale und soziale Kompetenzen, die als Schlüsselkompetenz noch die Arbeitsmarktchancen verbessern.

  • Dies allein kann es rechtfertigen, einen Unterhaltsanspruch während eines Freiwilligenjahres grundsätzlich zu bejahen, auch wenn die Tätigkeit nicht konkret für die weitere Ausbildung erforderlich ist.

  • Unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Umstände besteht ein Unterhaltsanspruch. Bedeutung erlangt, dass der Sohn zum Zeitpunkt des Beginns des freiwilligen Jahres noch minderjährig war. Seine eigene Erwerbsobliegenheit ist in dieser Zeit zurückhaltender zu bewerten als bei einem volljährigen Kind.

  • Zudem ist dem Sohn im Rahmen seiner beruflichen Orientierung empfohlen worden, vor Beginn der von ihm angestrebten Ausbildung zum Altenpfleger im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres zu erproben, ob er dafür geeignet ist. Damit ist das freiwillige soziale Jahr zwar keine Voraussetzung für die Ausbildung geworden. Es hat aber im weitesten Sinne der Berufsfindung gedient und stellt einen wichtigen Baustein für seine künftige Ausbildung dar.

  • Sogar jungen Volljährigen wird nach der Rechtsprechung des BGH eine Orientierungs- und Erprobungsphase während der Berufsfindung zugestanden, die den Eltern abverlangt, gewisse Verzögerungen in der Ausbildung hinzunehmen und finanziell mitzutragen, die nur auf einem leichten Versagen beruhten.

  • Diese Überlegung rechtfertigt auch eine Unterhaltsverpflichtung während des freiwilligen sozialen Jahres.

Hinweis:

Das OLG hat u.a. im Hinblick auf die erörterten Fragestellungen zur Unterhaltslast während eines freiwilligen sozialen Jahres die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 02.05.2018 (Ls)

Fundstelle(n):
NWB OAAAG-82251