Zahlungen in Pensionskasse als vorweggenommene WK bei den Einkünften nach § 22 Nr. 1 Buchst. a EStG
Gründe
Die vor dem eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere wirksam erhoben. Sie hat indes keinen Erfolg —teils, weil sie nicht in der erforderlichen Weise begründet wurde (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO— in der insoweit für den Streitfall noch maßgeblichen, bis zum geltenden alten Fassung —a.F.—; s. dazu Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze —2.FGOÄndG— vom , BGBl I 2000, 1757; Neuverkündung: BGBl I 2001, 442; s. auch Spindler, Der Betrieb —DB— 2001, S. 61 ff.), teils weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
1. Die Rechtsfrage, ob die Zahlungen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) in eine Pensionskasse als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehbar sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Beiträge eines Arbeitnehmers zur gesetzlichen Rentenversicherung keine vorab entstandenen Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zur Erlangung späterer sonstiger Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Buchst. a EStG. Sie sind lediglich als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG im Rahmen der für Vorsorgeaufwendungen geltenden Höchstbeträge (§ 10 Abs. 3 EStG) abziehbar (vgl. zur gesetzlichen Rentenversicherung , BFHE 134, 124, BStBl II 1982, 41; vom IX R 206/84, BFHE 147, 176, BStBl II 1986, 747; vom IX R 144/86, BFH/NV 1992, 587; Senatsbeschluss vom X R 38/93, BFH/NV 1999, 163). Der VIII. Senat des (BFHE 197, 114, BFH/NV 2002, 268) —die vorstehenden Grundsätze bestätigend— darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die auch die Überschusseinkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG systematisch prägende Trennung von Einkunfts- und Vermögensebene —im Einklang mit der Behandlung von Anschaffungskosten für den Erwerb einer Kapitalanlage i.S. von § 20 EStG— die unmittelbaren Aufwendungen (Einmalprämie oder laufende Beiträge) für den Erwerb von Rentenrechten auch insoweit, als deren Erträge (ganz oder teilweise) der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 1 oder Satz 3 Buchst. a EStG unterliegen, weder als sofort abziehbare (vorweggenommene) Werbungskosten noch als Absetzungen für Abnutzung Berücksichtigung finden können.
Für die Beiträge des Klägers an die Pensionskasse gelten dieselben Überlegungen.
b) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die vorstehend angeführte Rechtsprechung des BFH aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht beanstandet (Beschlüsse vom 1 BvR 982/86, Steuerrechtsprechung in Karteiform —StRK—, Einkommensteuergesetz 1975, § 10 Abs. 1 Nr. 2, Rechtsspruch 3; vom 1 BvR 1523/88, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1998, 397, und 1 BvR 1300/89, HFR 1997, 937, mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung des BVerfG).
c) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage hat auch keinen normativen Bezug zur Verfassungsproblematik der Besteuerung von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, zu der das BVerfG in seinen Urteilen vom BvR 121, 122/76 (BVerfGE 54, 11) und vom 2 BvL 17/99 (BStBl II 2002, 618) entschieden hat. Vorliegend geht es um Einzahlungen in eine Pensionskasse. Pensionskassen sind ihrer Art nach Versicherungsunternehmen (vgl. Gosch in Kirchhof, Kompaktkommentar Einkommensteuergesetz, 2. Aufl. 2002, § 4c Rdnr. 3). Sie gewähren anders als die Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen ausschließlich beitragsadäquate Ablaufleistungen. Bei Letzteren ist —so das BVerfG (a.a.O.)— der verfassungsrechtlich gebotene Steuerzugriff auf speziell in Sozialversicherungsrenten enthaltene Transferleistungen und sonstige einkünfterelevante Bestandteile möglich. Allein hieraus ergeben sich indes keine Rückwirkungen auf den Abzug von Vorsorgeaufwendungen. Es wird dem Gesetzgeber stets unbenommen bleiben, Vorsorgeaufwendungen —insbesondere Einzahlungen in nach dem Versicherungsprinzip arbeitende und biometrische Risiken abdeckende Versorgungseinrichtungen— ohne Verstoß gegen steuerliche Systemgrundsätze (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197, 114, BFH/NV 2002, 268) als Sonderausgaben zu behandeln und jedenfalls grundsätzlich der Höhe nach zu begrenzen. Dies ist ungeachtet dessen anzunehmen, dass nach den Entscheidungen des BVerfG in HFR 1998, 397 und in HFR 1997, 937 der Auftrag des BVerfG an den Gesetzgeber zur Neuordnung der Besteuerung von Alterseinkünften auch die Neuregelung des steuerlichen Abzugs von der Alterssicherung dienenden Vorsorgeaufwendungen umfasst.
2. Die gerügte Abweichung vom Urteil des BFH in BFHE 134, 124, BStBl II 1982, 41 liegt nicht vor. In jenem Fall ging es um die steuerliche Behandlung von Schuldzinsen für einen Kredit zur Nachentrichtung von Beiträgen zu einer Vorsorgeeinrichtung, nicht aber wie im Streitfall um die Abziehbarkeit der Beitragszahlungen selbst. Der BFH hat dort dargelegt, dass zwar die Beiträge selbst dem Erwerb eines Rentenstammrechts oder einer Anwartschaft dienen und deshalb deren Anschaffungskosten sind. Finanzierungskosten (Schuldzinsen, Finanzierungsnebenkosten) sind demgegenüber auch dann in vollem Umfang als Werbungskosten anzusetzen, wenn die Versicherungsleistungen einen nichtsteuerbaren Kapitalrückzahlungsanteil enthalten (vgl. zu § 22 EStG , BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, m.w.N.; zu § 20 EStG , BFH/NV 2000, 825). Um diese Frage geht es hier nicht.
3. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass eine verfahrensrechtliche Situation vorgelegen hätte, aufgrund welcher das FG in Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zu § 74 FGO (vgl. Senatsurteil vom X R 147/94, BFH/NV 1997, 254) gehalten gewesen wäre, das Klageverfahren wegen eines beim BVerfG anhängigen Musterverfahrens auszusetzen. Die Verfassungsproblematik einer gleichheitsgerechten Besteuerung von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und von Beamtenpensionen hat —wie vorstehend unter 1. dargelegt— keine Rückwirkung auf die steuerliche Behandlung von Einzahlungen in eine Pensionskasse als Sonderausgaben oder —wie vom Kläger beansprucht— als Werbungskosten.
4. Mit seiner Rüge, das FG habe gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen und den diesbezüglichen Vortrag übergangen, hat der Kläger einen Verstoß gegen § 96 FGO nicht schlüssig dargelegt. Sein Vorbringen enthält im Kern die Behauptung, das FG habe es unterlassen, verschiedene von ihm vorgelegte Unterlagen in die Würdigung des Prozessstoffs einzubeziehen. Damit rügt er eine fehlerhafte Beweiswürdigung, mit der ein Verfahrensmangel regelmäßig nicht begründet werden kann. Das FG hat sich im Übrigen ausdrücklich mit denjenigen Unterlagen befasst, die es nach Darlegung des Klägers übergangen haben soll. Angesichts der Bezugnahme auf S. 9 f. des Urteils auf die Gehaltsabrechnungen, Protokollnotizen, Dienst- und Anstellungsverträge hätte eine zulässige und begründete Verfahrensrüge zumindest spezifizierte Angaben darüber erfordert, welche feststehenden Tatsachen das FG seiner Auffassung nach nicht berücksichtigt haben soll.
5. Auch kommt eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung von Rechtsfragen im Zusammenhang mit § 3b EStG nicht in Betracht. Das FG hat sein Urteil auf zwei Gründe gestützt: Es hat zum einen nicht feststellen können, dass die Entgelte auf die durch § 3b EStG begünstigten Zeiten entfielen. Es hat des Weiteren eine Gleichstellung der Arbeitsbereitschaft mit tatsächlich geleisteter Arbeit abgelehnt. Ist das angefochtene Urteil wie vorliegend kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, so muss hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom V B 88/92, BFH/NV 1993, 426; vom VII B 214/92, BFH/NV 1994, 559, und vom X B 11/01, BFH/NV 2002, 193). Gegen den ersten Teil der Doppelbegründung hat der Kläger, wie vorstehend unter 4. ausgeführt, keine zulässige und begründete Rüge erhoben.
6. Im Übrigen wird von einer Begründung der Entscheidung abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1048
BFH/NV 2003 S. 1048 Nr. 8
IAAAA-69509