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Online-Nachricht - Mittwoch, 02.05.2018

Verfahrensrecht | Widerruf der Gemeinnützigkeit eines Vereins (BFH)

Die widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO setzt voraus, dass die betreffende Körperschaft (hier: ein islamischer Verein) im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft wird (Anschluss an : ; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Eine Steuervergünstigung setzt voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhandelt. Bei Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes als extremistische Organisation aufgeführt sind, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllt sind (§ 51 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AO).

Sachverhalt: Streitig ist, ob das Finanzamt die Anerkennung des Klägers als gemeinnütziger Verein für die Streitjahre 2009 und 2010 zu Recht widerrufen hat. Dem FA war bekannt geworden, dass der Kläger in den Verfassungsschutzberichten des Bundes für 2009 und 2010 namentlich erwähnt und seine Stellung innerhalb des Islamismus erläutert wird. Daraufhin widerrief es die zuvor erteilte Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die gesetzliche Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nicht anwendbar ist, wenn der jeweilige Kläger im Bericht des Verfassungsschutzes nur in einer Liste der als extremistische eingeschätzten Gruppierungen im Anhang aufgeführt werde. Es müsse dargelegt werden, weshalb der Kläger extremistisch sei und gegen die Völkerverständigung agiere.

Dem folgten die Richter des BFH nicht:

  • Die Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO setzt lediglich voraus, dass die betreffende Körperschaft im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft wird.

  • Nicht ausreichend ist, wenn die Körperschaft nur als Verdachtsfall oder sonst beiläufig Erwähnung findet.

  • Die Nennung des Klägers in den Verfassungsschutzberichten begründet die widerlegbare gesetzliche Vermutung, dass er extremistische Bestrebungen fördert und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwidergehandelt hat.

  • Dies hat eine Umkehr der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zur Folge.

  • Die Widerlegung dieser Vermutung erfordert den vollen Beweis des Gegenteils. Eine Erschütterung ist nicht ausreichend ().

  • Im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 1 AO sind die Leistungen des Vereins für das Gemeinwohl nicht im Wege einer Gesamtschau gegen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche tatsächliche Geschäftsführung abzuwägen.

Quelle: , NWB Nachrichten (il)

Fundstelle(n):
XAAAG-82167