Vertrauensschutz bei Versetzung vor Dienstzeitende
Gesetze: Art 3 Abs 1 GG
Tatbestand
1Der Antragsteller wendet sich gegen seine Versetzung vom ... in L. zum ... in C.
2...
3Unter dem erhielt der Antragsteller die Vororientierung, dass beabsichtigt sei, ihn zum ... nach C. zu versetzen. Mit Schreiben vom erklärte der Antragsteller, dass er der beabsichtigten Versetzung nicht zustimme. Die Vertrauensperson nahm unter dem Stellung.
4Mit Verfügung Nr. ... vom versetzte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Antragsteller mit Wirkung vom und Dienstantritt am auf den Dienstposten eines Einsatzstabsoffiziers Streitkräfte beim ... in C.
5Mit Schreiben vom erhob der Antragsteller hiergegen Beschwerde. Zur Begründung führte er aus, dass die voraussichtliche Dauer seiner Verwendung in L. dreimal korrigiert und zuletzt bis zu seinem Dienstzeitende verlängert worden sei. Nachdem mit ihm kein Personalgespräch zur Festlegung seines Endstandorts geführt worden sei, sei er davon ausgegangen, dass er für seine verbleibende Dienstzeit am Standort L. eingesetzt werde, und habe darauf seine Lebensplanung eingestellt. Er berufe sich für sein Vertrauen auf die Zentrale Dienstvorschrift A-1350/66 ("Letzte Verwendung vor Zurruhesetzung"). Die dort vorgesehenen Ausnahmen seien nicht einschlägig, weil der Dienstposten eines Einsatzstabsoffiziers mit jedem anderen Luftwaffenoffizier der Besoldungsgruppe A 13/A 14 mit Luftfahrzeugführererfahrung besetzt werden könne. Er, der Antragsteller, besitze kein Alleinstellungsmerkmal, das gerade seine Versetzung notwendig machen würde. Außerdem verstoße die Versetzung gegen die Bereichsvorschrift C1-1310/0-2001. Danach könnten bis 36 Monate vor Zurruhesetzung grundsätzlich keine Versetzungen mehr außerhalb des regionalen Zusammenhangs zum aktuellen Dienstort ohne Zustimmung des Betroffenen vorgenommen werden. Zwischen L. und C. bestehe eine Distanz von ca. X km, wobei von einer Fahrzeit (einfache Strecke) von Y Stunden auszugehen sei.
6Mit Bescheid vom wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für die Zuversetzung auf den Dienstposten eines Einsatzstabsoffiziers ... ein dienstliches Bedürfnis bestehe, weil dieser Dienstposten frei sei und der Antragsteller sich für ihn eigne. Auch für die Wegversetzung von dem gegenwärtigen Dienstposten (Hubschrauberführerstabsoffizier und Standardisierungsstabsoffizier) bestehe ein dienstliches Bedürfnis, weil dieser zur ausbildungs- und dienstgradgerechten Verwendung bzw. Förderung eines anderen Soldaten benötigt werde. Für die avisierten Nachfolgekandidaten sei die Verwendung auf diesem Dienstposten ein Entwicklungsschritt mit Blick auf eine spätere Verwendung im Bereich Standardisierung im Luftwaffentruppenkommando. Schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Versetzungsrichtlinien lägen nicht vor. Aus der Angabe der voraussichtlichen Verwendungsdauer ergebe sich kein Anspruch auf Verbleib am Standort. Die Versetzung sei auch mit der Zentralen Dienstvorschrift A-1350/66 vereinbar. Der Leiter des ... habe mit Stellungnahme vom bestätigt, dass der Dienstposten zwingend zu besetzen sei, weil eine - insbesondere aus fachlicher Sicht - hinreichende Vertretung vor Ort nicht möglich und eine weitere Vakanz nicht hinnehmbar sei; besonders vor dem Hintergrund der notwendigen und sehr umfassenden Mitwirkung des Kommandos ... im Rahmen des Rüstungsprojekts ... sowie der Herstellung ... des Waffensystems "...“ sei eine äußerst enge und fachlich fundierte Zusammenarbeit des ... mit der Teilstreitkraft Luftwaffe unverzichtbar. Die Bereichsvorschrift C1-1310/0-2001 sei nicht anwendbar, weil die zukünftige Dienststelle des Antragstellers zum Organisationsbereich Heer gehöre und dieser Regelung nicht unterfalle.
7Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.
8Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom hat der Antragsteller außerdem vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Versetzung beantragt. Der Senat hat mit Beschluss vom - 1 WDS-VR 9.17 - die aufschiebende Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung vom angeordnet.
9Zur Begründung seines Antrags im Hauptsacheverfahren trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er sei nach Abschluss des Studiums, der ersten Offizierlehrgänge und der Erlangung seines Luftfahrzeugführerscheins achtmal standortversetzt bzw. für längere Zeit kommandiert worden. Seit 1999 habe er an einer Vielzahl von Auslandseinsätzen (...) in führenden Funktionen teilgenommen und dafür unter anderem die Gefechtsmedaille erhalten. Im November 2016 habe er in der Nähe von L. eine Wohnung gekauft. Dies sei sein Lebensmittelpunkt und zugleich der Wohnsitz seiner Lebensgefährtin und deren fünfzehnjähriger Tochter; die Heirat sei für 2018 geplant. Mit dem dortigen Fußballverein habe er eine Tätigkeit als ehrenamtlicher Fußballjugendtrainer (Torwarttrainer) vereinbart. Auf diese Lebensplanung habe er sich eingestellt, nachdem mit ihm kein Personalgespräch zur Festlegung eines Endstandortes vor der Zurruhesetzung geführt worden sei.
Der Dienstposten in C. sei bereits jahrelang vakant, was ohne Konsequenzen hingenommen worden sei. Das Projekt ... bestehe seit fünf Jahren und werde seit mehreren Jahren in Nebenfunktion von Oberstleutnant P. betreut, der dieses Thema auch künftig weiterführend bearbeiten solle. 90 % des Hubschraubers und dessen Missions- bzw. Einsatzausrüstung seien bereits zusammengestellt und zugelassen; die noch für einzelne Teilaspekte durchzuführende Einsatzerprobung werde durch die Gruppe ... in L. durchgeführt. Ein dienstliches Bedürfnis für seine, des Antragstellers, Versetzung nach C. sei deshalb nicht gegeben. Zudem käme nach der Dienstpostenbeschreibung außer ihm noch eine Vielzahl anderer Berufssoldaten für die Besetzung in Betracht. So könne z.B. auch der als sein Nachfolger vorgesehene Soldat direkt in C. verwendet werden. In seinem aktuellen Tätigkeitsbereich gebe es weitere freie Dienstposten, so dass seine Wegversetzung nicht notwendig sei, um einen anderen Soldaten zu fördern. Der avisierte Kandidat, ein Oberstleutnant, sei bereits voll ausgebildet und für eine Nachfolgeverwendung im Bereich der Standardisierung im Luftwaffentruppenkommando prädestiniert. Darüber hinaus sei die Bereichsvorschrift C1-1310/0-2001 nicht beachtet worden. Das ... wechsle vom Organisationsbereich Heer zur Luftwaffe, sodass die Bereichsvorschrift anzuwenden sei. Gemäß deren Nr. 403 sei eine Versetzung bis 36 Monate vor Zurruhesetzung nicht mehr ohne Zustimmung des Betroffenen zulässig.
10Der Antragsteller beantragt,
die Verfügung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom mit der Anordnung der Versetzung nach C. zum aufzuheben, um am bisherigen Standort zu verbleiben
11Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
12Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen im Beschwerdebescheid. Die vom Antragsteller angeführten persönlichen Gründe machten die Versetzung nicht fehlerhaft. Insgesamt neun Versetzungen in dann bis zum Dienstzeitende 41 Berufsjahren stellten keine unzumutbare Häufung dar; bei der Bewertung sei auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller zuletzt seit acht Jahren ohne Versetzung mit Standortwechsel in L. Dienst geleistet habe. Ein Verstoß gegen die Zentrale Dienstvorschrift A-1350/66 liege im Hinblick auf die in der Stellungnahme des Leiters des ... vom dargelegten Gründe nicht vor. Die Bereichsvorschrift C1-1310/0-2001 sei nicht anwendbar, weil sie hinter der höherrangigen und für die gesamten Streitkräfte geltenden Regelung der ZDv A-1350/66 zurückzutreten habe. Auch befinde sich der für den Antragsteller vorgesehene Dienstposten nicht im Organisationsbereich Luftwaffe, sondern im Organisationsbereich Heer; die Besetzungszuständigkeit des Dienstpostens (Luftwaffe) ändere daran nichts. Selbst wenn die Bereichsvorschrift gelten würde, betrüge die Verwendungsdauer des Antragstellers in C. genau drei Jahre und sei damit mit der Bereichsvorschrift vereinbar.
13Das Bundesministerium der Verteidigung - ... - hat auf Anforderung des Gerichts unter dem eine Amtliche Auskunft zur Auslegung und Anwendung der Nr. 203 ZDv A-1350/66 erteilt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - Az.: 1091/17 -, die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, und die Gerichtsakte des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes BVerwG 1 WDS-VR 9.17 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Gründe
15Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.
16Der gestellte Sachantrag ist sinngemäß dahin zu ergänzen, dass der Antragsteller sich nicht nur gegen die Versetzungsverfügung, sondern auch gegen den zurückweisenden Beschwerdebescheid wendet.
17Der in dieser Form zulässige Antrag ist begründet. Die Versetzungsverfügung Nr. ... des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom in Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - vom ist rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Die angefochtenen Bescheide sind deshalb aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO).
18Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. 1 WB 30.02 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm bzw. ihr zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 114 VwGO).
19Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung oder nachgeordneten Stellen im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>), wie sie sich hier insbesondere aus dem Zentralerlass (ZE) B-1300/46 ("Versetzung, Dienstpostenwechsel, Kommandierung"), der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1350/66 ("Letzte Verwendung vor Zurruhesetzung") und der Bereichsvorschrift (BV) C1-1310/0-2001 ("Organisatorische und personelle Umsetzung von Strukturentscheidungen in der Luftwaffe") ergeben. Erfährt die Fürsorgepflicht auf diese Weise eine allgemeine Regelung in Verwaltungsvorschriften, so sind diese im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) grundsätzlich für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenzen maßgeblich, soweit im Übrigen der gesetzliche Rahmen nicht überschritten wird ( 1 WB 28.15 - juris Rn. 29 m.w.N.).
20Nach diesen Maßstäben ist die Versetzung des Antragstellers auf den Dienstposten eines Einsatzstabsoffiziers des ... in C. rechtlich zu beanstanden. Es bestehen zwar keine rechtlichen Bedenken, soweit es die Anwendung der allgemein für Versetzungen geltenden Vorschriften, insbesondere derjenigen des Zentralerlasses B-1300/46, betrifft. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Beschluss des Senats vom - 1 WDS-VR 9.17 - Rn. 20 bis 27 verwiesen; im Hauptsacheverfahren haben sich dazu keine neuen erörterungsbedürftigen Gesichtspunkte ergeben. Die angefochtene Personalmaßnahme verletzt jedoch Vorschriften, die speziell für Versetzungen in zeitlicher Nähe zum Dienstzeitende gelten.
211. Der Senat hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Beschluss vom - 1 WDS-VR 9.17 - Rn. 29 bis 32) im Ergebnis offen gelassen, ob die Versetzung des Antragstellers nach C. mit den Vorschriften der Zentralen Dienstvorschrift A-1350/66 über die "Letzte Verwendung vor Zurruhesetzung" vereinbar ist. Nach der im Hauptsacheverfahren eingeholten Amtlichen Auskunft des Bundesministerium der Verteidigung - ... - vom zur Auslegung und Anwendung von Nr. 203 ZDv A-1350/66 ist insoweit nicht von einem Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) auszugehen.
22a) Gemäß Nr. 201 ZDv A-1350/66 ist mit jedem Berufssoldaten bzw. jeder Berufssoldatin frühzeitig, spätestens jedoch fünf Jahre vor dem Erreichen oder Überschreiten der zum Eintritt oder der Versetzung in den Ruhestand maßgeblichen Altersgrenze ein Personalgespräch zu führen, in dem ihr oder ihm der Endstandort mitgeteilt werden soll. Unterbleibt bei noch nicht festgelegtem Endstandort im Personalgespräch der Hinweis auf eine eventuell noch anstehende Versetzung oder unterbleibt das Personalgespräch als solches, so vertraut der Soldat bzw. die Soldatin in schutzwürdiger Weise auf seinen bzw. ihren Verbleib am bisherigen Standort bis zu seiner bzw. ihrer Zurruhesetzung (Nr. 203 Satz 1 ZDv A-1350/66). Eine Änderung des Standorts kann dann nur noch auf der Grundlage bestimmter Ausnahmen erfolgen, unter anderen dann, wenn sie aus dienstlichen Gründen zur Nachbesetzung eines Dienstpostens erfolgt, für den vor Ort keine Vertretung möglich ist und bei dem eine Vakanz nicht in Kauf genommen werden darf (Nr. 203 Satz 2 Buchst. b Punkt 1 ZDv A-1350/66).
23Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. insb. 1 WB 19.07 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44 Rn. 23 und 26) erlangen Verwaltungsvorschriften Außenwirkung gegenüber dem Soldaten mittelbar über den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Eine an Verwaltungsvorschriften orientierte ständige Verwaltungspraxis verpflichtet zur Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle; der Soldat kann eine Behandlung entsprechend der gleichmäßig vollzogenen Verwaltungsvorschriften beanspruchen. Da Verwaltungsvorschriften ihre rechtliche Wirkung über die an ihnen orientierte, tatsächlich geübte gleichmäßige Verwaltungspraxis entfalten, ist diese Praxis auch für die Auslegung unbestimmter Begriffe dieser Vorschriften maßgeblich; unbestimmte Begriffe in Verwaltungsvorschriften sind deshalb grundsätzlich in dem Sinne zu verstehen (und ggf. der Rechtmäßigkeitskontrolle zugrunde zu legen), wie sie tatsächlich angewendet werden.
24Das Bundesministerium der Verteidigung - ... - hat in seiner Amtlichen Auskunft vom zur Auslegung und Anwendung von Nr. 203 ZDv A-1350/66 erklärt, dass ein nach Satz 1 dieser Vorschrift gegebenes schutzwürdiges Vertrauen des Soldaten bzw. der Soldatin darauf, bis zu seiner bzw. ihrer Zurruhesetzung am bisherigen Standort zu verbleiben, nach der Absicht des Erlasshalters und der ihr entsprechenden Verwaltungspraxis stets ohne Weiteres und vollständig entfällt, wenn die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestands nach Satz 2 der Vorschrift vorliegen. Zur Auslegung und Anwendung insbesondere von Nr. 203 Satz 2 Buchst. b Punkt 1 ZDv A-1350/66 hat es ausgeführt, dass eine Vakanz dann nicht in Kauf genommen werden dürfe, wenn die zu erwartenden Nachteile der Nichtbesetzung des Dienstpostens über das Normalmaß hinausgingen; diese Voraussetzung sei jedenfalls erfüllt, wenn die Nichtbesetzung des Dienstpostens mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebs führen würde; nicht erforderlich sei hingegen, dass der Betroffene der Einzige sei, der geeignet ist, die Aufgabe wahrzunehmen.
25b) Auf der Grundlage dieser Konkretisierung lässt sich ein Verstoß gegen die Zentrale Dienstvorschrift A-1350/66 nicht feststellen.
26Zwar hat ein Personalgespräch, das spätestens fünf Jahre vor dem Erreichen oder Überschreiten der zum Eintritt oder der Versetzung in den Ruhestand maßgeblichen Altersgrenze zu führen gewesen wäre und in dem ihm der Endstandort hätte mitgeteilt werden sollen (Nr. 201 ZDv A-1350/66), mit dem Antragsteller nicht stattgefunden. Gemäß Nr. 203 Satz 1 ZDv A-1350/66 konnte der Antragsteller deshalb grundsätzlich in schutzwürdiger Weise auf seinen Verbleib am bisherigen Standort bis zu seiner Zurruhesetzung vertrauen.
27Es liegen jedoch die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands der Nr. 203 Satz 2 Buchst. b Punkt 1 ZDv A-1350/66 vor. Der Leiter des ... hat mit seiner Stellungnahme vom bestätigt, dass der hier gegenständliche Dienstposten ID ... zwingend zu besetzen sei, weil eine - insbesondere aus fachlicher Sicht - hinreichende Vertretung vor Ort nicht möglich und eine weitere Vakanz nicht hinnehmbar sei; ganz besonders vor dem Hintergrund der notwendigen und sehr umfassenden Mitwirkung des Kommandos ... im Rahmen des Rüstungsprojekts ... sowie der Herstellung der ... des Waffensystems ... sei eine äußerst enge und fachlich fundierte Zusammenarbeit des ... mit der Teilstreitkraft Luftwaffe unverzichtbar. Soweit der Antragsteller einwendet, dass auch andere Soldaten für die Nachbesetzung des Dienstpostens in Betracht kämen, kommt es hierauf nach der Amtlichen Auskunft vom nicht an. Soweit der Antragsteller die Dringlichkeit der Dienstbesetzung in Frage stellt, kann er damit nicht durchdringen, weil dem Dienstherrn insoweit ein im Wesentlichen von militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen geprägter Einschätzungsvorrang hinsichtlich der Erforderlichkeit und Priorität von Personalmaßnahmen zukommt; dessen Grenzen sind mit den Erwägungen des Leiters des ..., die der Versetzung des Antragstellers nach C. zugrunde liegen, nicht überschritten.
28Nach der Amtlichen Auskunft vom führt das Vorliegen des Ausnahmetatbestands dazu, dass der Vertrauensschutz des Antragstellers vollständig entfällt. Eine in dem Beschluss des Senats vom (- 1 WDS-VR 9.17 - Rn. 32) erwogene zusätzliche Abwägung zwischen dem Vertrauen des Antragstellers darauf, bis zum Dienstzeitende am bisherigen Standort zu verbleiben, und den dienstlichen Gründen im Sinne der Nr. 203 Satz 2 Buchst. b ZDv A-1350/66 ist vom Vorschriftengeber nicht beabsichtigt und findet in der Verwaltungspraxis nicht statt, so dass sie auch gegenüber dem Antragsteller nicht aus Gründen der Gleichbehandlung geboten ist.
29Eine Korrektur dieser Vorschriftenlage und Verwaltungspraxis ist auch nicht aus anderen Rechtsgründen geboten. Bei einem Berufssoldaten gehört die jederzeitige Versetzbarkeit zu den von ihm freiwillig übernommenen Pflichten und zum prägenden Inhalt seines Wehrdienstverhältnisses (vgl. dazu zuletzt 1 WB 28.15 - juris Rn. 36 m.w.N.). Insofern verbleibt es bis zum Dienstzeitende dabei, dass dem Interesse des Dienstherrn, den Soldaten dort zu verwenden, wo er gebraucht wird, gegenüber den persönlichen Belangen des Soldaten grundsätzlich der Vorrang zukommt.
302. Die Versetzung des Antragstellers nach C. verstößt jedoch gegen die nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) zu beachtenden Maßgaben der Bereichsvorschrift C1-1310/0-2001 über die "Organisatorische und personelle Umsetzung von Strukturentscheidungen in der Luftwaffe" (siehe bereits Beschluss vom - 1 WDS-VR 9.17 - Rn. 33 bis 35).
31a) Die Bestimmungen dieser Bereichsvorschrift sind auf die angefochtene Versetzung anwendbar.
32Der Antragsteller ist seit (siehe die Versetzungsverfügung Nr. ... vom ) durchgehend bis heute Angehöriger der Teilstreitkraft Luftwaffe. Er wurde im Zeitpunkt der Versetzung auf einem Dienstposten beim ... und damit bei einem Verband der Luftwaffe verwendet. Der Dienstposten ... beim ... in C., auf den der Antragsteller versetzt wurde, unterliegt - was unstrittig ist - der Besetzungszuständigkeit der Luftwaffe und war ausweislich der gegenständlichen Versetzungsverfügung vom jedenfalls in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Versetzung dem Organisationsbereich Luftwaffe zugeordnet.
33Anwendbar sind damit insbesondere die "Vorgaben für die Planung und Umsetzung von Personalmaßnahmen im Organisationsbereich Luftwaffe" (Abschnitt 4.1.2 BV C1-1310/0-2001). Der dort vorgesehene Versetzungsschutz bei Versetzungen in zeitlicher Nähe zum Dienstzeitende wird nicht, wie das Bundesministerium der Verteidigung einwendet, durch die Vorgaben der Zentralen Dienstvorschrift A-1350/66 über die "Letzte Verwendung vor Zurruhesetzung" ausgeschlossen. Die vom Bundesministerium der Verteidigung erlassene Zentrale Dienstvorschrift A-1350/66 stellt zwar wegen der übergeordneten Stellung des Vorschriftengebers im Verhältnis zu der vom Kommando Luftwaffe erlassenen Bereichsvorschrift C1-1310/0-2001 (Kommando Luftwaffe) die höherrangige Vorschrift dar. Vorschriften nachgeordneter Stellen, die im Widerspruch zu denen der Zentralen Dienstvorschrift A-1350/66 stehen, sind damit unzulässig. Ein derartiger Widerspruch ist hier jedoch nicht gegeben. Denn Nr. 203 ZDv A-1350/66 setzt lediglich Grenzen für Versetzungen, die in den letzten fünf Dienstjahren eines Soldaten erfolgen sollen; eine Regelung eines nachgeordneten Vorschriftengebers, die eine Versetzung zuließe, obwohl der Soldat nach Nr. 203 ZDv A-1350/66 Vertrauensschutz genießt, wäre deshalb unzulässig. Der Vorschrift lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass mit dieser für alle Soldaten geltenden Grenzziehung, aus der sich ein bundeswehreinheitlicher Mindestschutz ergibt, ein weitergehender, aus bestimmtem Anlass oder für einen bestimmten Bereich eingeräumter Versetzungsschutz ausgeschlossen ist. Es steht deshalb nicht im Widerspruch zu Nr. 203 ZDv A-1350/66, wenn eine spezielle Vorschrift für bestimmte Fälle einen über die allgemeine Regelung hinausgehenden Versetzungsschutz gewährt. Um eine solche Vorschrift handelt es sich bei Nr. 403 BV C1-1310/0-2001, die im Zuge der Umsetzung von Strukturentscheidungen im Organisationsbereich Luftwaffe (siehe insb. Nr. 101 bis 104 BV C1-1310/0-2001) einen differenzierten, in einzelnen Aspekten weitergehenden Versetzungsschutz für die betroffenen Soldaten vorsieht, der zugleich eine verbindliche Vorgabe für die personalbearbeitenden Stellen darstellt.
34b) Die Versetzung des Antragstellers von L. nach C. verstößt gegen Nr. 403 Abs. 1 BV C1-1310/0-2001, wonach bei Berufssoldaten im Zeitraum "bis 36 Monate vor Zurruhesetzung" grundsätzlich keine Versetzung zu Truppenteilen/Dienststellen auf Dienstposten außerhalb des regionalen Zusammenhangs zum aktuellen Dienstort ohne Zustimmung des Betroffenen erfolgt.
35Die Versetzung des Antragstellers unterfällt der Zeitspanne "bis 36 Monate vor Zurruhesetzung", für deren Berechnung es auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der vorgesehenen Personalmaßnahme ankommt (Nr. 401 BV C1-1310/0-2001). Bei einem voraussichtlichen Dienstzeitende des Antragstellers mit Ablauf des beginnt die Zeitspanne "bis 36 Monate vor Zurruhesetzung" am . Die Versetzung des Antragstellers mit Wirkung vom erfolgte daher zum ersten Tag der 36-Monate-Zeitspanne und damit innerhalb des Schutzzeitraums der Nr. 403 Abs. 1 BV C1-1310/0-2001.
36Der neue Dienstposten in C. befindet sich mit einer Entfernung von rund X km und einer Fahrzeit von mindestens Y Stunden für die einfache Strecke außerhalb des regionalen Zusammenhangs zum aktuellen Dienstort L.
37Gesichtspunkte, die eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Versetzungsschutz rechtfertigen könnten, hat das Bundesministerium der Verteidigung weder allgemein noch bezogen auf den Fall des Antragstellers vorgetragen.
383. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2018:310118B1WB29.17.0
Fundstelle(n):
BAAAG-80725