Wasserentnahmeentgelt für Beseitigung von Sümpfungswasser durch Tagebaubetrieb
Leitsatz
1. Die Erlaubnis der Grundwasserentnahme vermittelt auch dann einen Sondervorteil, der durch die Erhebung eines Entgelts abgeschöpft werden kann, wenn das Grundwasser zum Zweck der Braunkohleförderung ohne anderweitige Nutzung lediglich beseitigt wird (sog. Sümpfungswasser).
2. Dem Wasser kommt als knapper natürlicher Ressource und Gut der Allgemeinheit auch ohne Marktpreis ein Wert an sich zu.
3. Der Abgabenmaßstab der entnommenen Wassermenge ist sachgerecht und entspricht dem gewährten Vorteil.
Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 104aff GG, Art 104a GG, § 8 Abs 1 WHG 2009, § 9 Abs 1 Nr 1 WHG 2009, § 9 Abs 1 Nr 5 WHG 2009, § 1 BBergG, § 31 Abs 1 BBergG, § 48 Abs 1 S 2 BBergG, § 1 WasEG NW, § 2 WasEG NW
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 9 A 999/14 Urteilvorgehend Az: 14 K 6024/11 Urteil
Tatbestand
1Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts für das Zutagefördern und Ableiten von ansonsten nicht genutztem Grundwasser.
2Sie betreibt für die Versorgung von Braunkohlekraftwerken drei Tagebaue. Bevor Braunkohle gewonnen werden kann, muss das Grundwasser aus den Leitern oberhalb der Kohle entnommen und eine Druckreduzierung der unterhalb der Kohle liegenden Grundwasserleiter herbeigeführt werden. Das entnommene Wasser wird als Sümpfungswasser bezeichnet. Im Jahr 2011 förderte die Klägerin insgesamt rund 546 Mio. cbm Grundwasser. Teile davon wurden für die Kühlwasserversorgung ihrer Kraftwerke, zur Brauch- und Trinkwasserversorgung sowie für die Ökowasserversorgung von Feuchtgebieten und Oberflächengewässern genutzt. Etwa 182 Mio. cbm Sümpfungswasser blieben ungenutzt und wurden in Vorfluter bzw. Flüsse eingeleitet.
3Den Tagebaubetrieben der Klägerin liegen Braunkohlepläne zugrunde. Ferner bestehen wasserrechtliche Sümpfungserlaubnisse sowie Erlaubnisse zur Einleitung von Sümpfungswasser. Nach den der Klägerin erteilten Gestattungen soll die entnommene Wassermenge so niedrig wie möglich gehalten werden. Die Klägerin ist verpflichtet, sämtliche negativen Auswirkungen ihrer Grundwasserentnahme auf das Wasser, die Feuchtgebiete sowie auf Wassernutzungen Dritter zu vermeiden oder auszugleichen.
4Am trat das Gesetz zur Änderung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom in Kraft. Durch dieses Gesetz wurde unter anderem die bisherige Befreiung von der Entgeltpflicht für das Sümpfungswasser aufgehoben, sofern das entnommene Wasser unmittelbar in ein Gewässer eingeleitet und nicht anderweitig genutzt wird.
5Mit Bescheid aus Oktober 2011 erhöhte die Bezirksregierung Düsseldorf die von der Klägerin bereits durch vorhergegangenen Bescheid angeforderte Vorauszahlung für das Veranlagungsjahr 2011. Der Nachforderungsbetrag betraf im Wesentlichen vorher entgeltfreie Grundwasserentnahmen. Gegen diese Nachforderung erhob die Klägerin Klage. Mit Bescheid vom setzte die Bezirksregierung Düsseldorf das Wasserentnahmeentgelt für das Veranlagungsjahr 2011 endgültig fest. Die Klägerin bezog den endgültigen Festsetzungsbescheid 2011 in ihre Klage ein, soweit er ein Entgelt für die Einleitung ungenutzter Sümpfungswässer betrifft.
6Diese Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die zugelassene Berufung zurückgewiesen.
7Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, die Erstreckung der Entgeltpflicht auf das Sümpfungswasser sei nicht mit den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben vereinbar und verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 1 GG. Das Wasser werde nicht genutzt, sondern lediglich entfernt. Die Entnahme von Grundwasser vor der Braunkohleförderung sei unvermeidlich und begründe keinen abschöpfungsfähigen Sondervorteil. Deshalb könne die Abgabenerhebung auch nicht durch einen Lenkungszweck zum sparsamen Umgang mit Wasser legitimiert werden. Die Bemessung der Entgelthöhe stehe in keinem Verhältnis zu dem fehlenden Vorteil bei der Entnahme; die Abgabe widerspreche dem Grundsatz der Belastungsgleichheit. Der Sondervorteil lasse sich dem gesetzlichen Entgelttatbestand nicht entnehmen. Die Entgeltbelastung trete zu den anderen finanziellen Belastungen der Klägerin für den Ausgleich von Umwelt- und Ressourceneingriffen hinzu und beeinträchtige die Ausübung ihrer unternehmerischen Tätigkeit. Gegenüber anderen, entgeltbefreiten Grundwasserentnahmen werde die Beseitigung von Sümpfungswasser gleichheitswidrig benachteiligt.
8Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom zu ändern und
1. die Änderungsbescheide des Beklagten vom und vom zum Vorauszahlungsbescheid für das Wasserentnahmeentgelt 2011 aufzuheben, soweit darin ein Betrag von 3 614 948,88 € nachgefordert wird,
2. den Festsetzungsbescheid des Beklagten über das Wasserentnahmeentgelt 2011 vom aufzuheben, soweit darin ein 6 519 731,81 € übersteigendes Wasserentnahmeentgelt festgesetzt wird,
3. den Beklagten zu verurteilen, an sie 3 420 909,46 € nebst Zinsen in Höhe von 0,5 % je Monat aus 3 614 948,88 € vom bis zum sowie aus 3 420 909,46 € ab dem zu zahlen.
9Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
10Er verteidigt und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Gründe
11Die zulässige Revision ist nicht begründet. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten, weil sie auf die landesrechtlichen Regelungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 des Gesetzes über die Erhebung eines Entgelts für die Entnahme von Wasser aus Gewässern vom (GV. NRW. S. 30) in der Fassung des am in Kraft getretenen Änderungsgesetzes vom (GV. NRW. S. 390, Wasserentnahmeentgeltgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - WasEG) gestützt werden können. Danach erhebt das Land für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser ein Wasserentnahmeentgelt in Höhe von 4,5 cent/cbm. Für Entnahmen zum Zwecke der Kühlwassernutzung beträgt es 3,5 cent/cbm. Für Entnahmen, die ausschließlich der Kühlwassernutzung dienen, bei denen das Wasser dem Gewässer unmittelbar wieder zugeführt wird (Durchlaufkühlung) beträgt das Wasserentnahmeentgelt 0,35 cent/cbm.
12Bis zur Streichung durch das Änderungsgesetz 2011 enthielt § 1 Abs. 1 WasEG am Ende den Zusatz "sofern das entnommene Wasser einer Nutzung zugeführt wird" und bei den Ausnahmetatbeständen in § 1 Abs. 2 WasEG war ausdrücklich unter der damaligen Nr. 9 geregelt, dass nicht entgeltpflichtig sind "Entnahmen von Grundwasser bei der Gewinnung von Bodenschätzen, sofern das entnommene Wasser unmittelbar in ein Gewässer eingeleitet und nicht anderweitig genutzt wird" (sogenanntes Bergbauprivileg).
13Die Heranziehung der Klägerin verstößt weder gegen die finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an eine nicht-steuerliche Abgabe (1.), noch verletzt sie die Klägerin in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG (2.).
141. Aus der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) ergeben sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Grenzen für die Auferlegung von Abgaben in Wahrnehmung einer dem Gesetzgeber zustehenden Sachkompetenz (grundlegend dazu u.a. - BVerfGE 93, 319 <342 ff.>). Der Finanzverfassung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Ländern in erster Linie aus dem Ertrag der in Art. 105 ff. GG geregelten Einnahmequellen erfolgt (Prinzip des Steuerstaates). Nicht-steuerliche Abgaben sind allerdings unabhängig davon, ob sie sich den gebräuchlichen Begriffen etwa der Gebühr oder des Beitrags zuordnen lassen, nicht ausgeschlossen; die Finanzverfassung des Grundgesetzes enthält keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen. Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen sie jedoch - über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle - einschließlich ihrer Höhe einer besonderen sachlichen Rechtfertigung und müssen sich ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden. Darüber hinaus darf ihre Erhebung nicht dadurch den Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushalts berühren, dass der Gesetzgeber Einnahmen- und Ausgabenkreisläufe außerhalb des Budgets organisiert (vgl. u.a. - BVerfGE 93, 319 <342 f., 345>; Urteil vom - 2 BvL 9/98 u.a. - BVerfGE 108, 1 <17>; Kammerbeschluss vom - 1 BvR 1801/07 u.a. - NVwZ 2010, 831).
15Einer Prüfung anhand dieser Maßstäbe hält die Heranziehung der Klägerin zur Zahlung eines Wasserentnahmeentgelts auch insoweit stand, als sie das Grundwasser lediglich abpumpt und ohne eine weitere Nutzung in Oberflächengewässer einleitet.
16a) Die Erhebung von Wasserentnahmeentgelten ist gegenüber dem Prinzip des Steuerstaates sachlich legitimiert.
17Die Rechtfertigung ergibt sich aus dem Charakter des Wasserentnahmeentgelts als Vorteilsabschöpfungsabgabe im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsregelung. Der Sondervorteil liegt - auch nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. LT-Drs. 13/4528 S. 29) - in der tatsächlichen Wasserentnahme im Umfang einer wasserrechtlichen Erlaubnis. Für erlaubnisfreie Benutzungen wird dementsprechend gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 WasEG kein Entgelt erhoben. Knappe natürliche Ressourcen, wie etwa das Wasser, sind Güter der Allgemeinheit. Wird Einzelnen die Nutzung einer solchen, der öffentlich-rechtlichen Bewirtschaftung unterliegenden Ressource gestattet, wird ihnen die Teilhabe an einem Gut der Allgemeinheit verschafft. Sie erhalten einen Sondervorteil gegenüber all denen, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen. Es ist deshalb sachlich gerechtfertigt, diesen Vorteil ganz oder teilweise abzuschöpfen ( u.a. - BVerfGE 93, 319 <345 f.>; Kammerbeschluss vom - 1 BvR 1801/07 u.a. - NVwZ 2010, 831 f.).
18Besteht mithin der Sondervorteil in der genehmigten Grundwasserentnahme als solcher, so setzt dessen Abschöpfung nicht voraus, dass das entnommene Wasser darüber hinaus wirtschaftlich verwertet wird. Ein abschöpfbarer Vorteil fehlt daher auch dann nicht, wenn das Grundwasser - wie vorliegend zum Zweck der Braunkohleförderung - "lediglich" beseitigt werden muss. Der Einwand, hierin liege keine Nutzung des Wassers, verkennt, dass gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG eine Benutzung bereits in dem Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser liegt. Auch insoweit folgt die Entgeltpflicht konsequent der Erlaubnispflicht für die Gewässerbenutzung nach § 8 Abs. 1 WHG.
19Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, die bloße Beseitigung des Grundwassers als solche sei nicht werthaltig, sondern stelle aufgrund der damit verbundenen Kosten einen wirtschaftlichen Verlust dar; es handele sich mithin um keinen Vorteil, sondern einen Nachteil. Zwar folgt aus der - nachfolgend näher zu prüfenden - weiteren Voraussetzung der Abgabenerhebung, dass die Entgelthöhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteigen darf, dass dem Entnahmeberechtigten ein vermögenswerter Vorteil verschafft wird (vgl. - NVwZ 2003, 467 <469 f.>). Eine isolierte Betrachtung von Investitions- und Einstandskosten als bloße wirtschaftliche Verluste lässt indes unberücksichtigt, dass diese notwendige Bestandteile einer Wertschöpfungskette sind, an deren Ergebnis sie partizipieren. Eine spätere Braunkohleförderung wäre ohne die Grundwasserentnahme nicht möglich; sähe die Klägerin in der Entnahme keinen wirtschaftlichen Vorteil, würde sie darauf verzichten. Damit stellt sich die Erweiterung des Rechtskreises in Gestalt des Gebrauchmachens von einer wasserrechtlichen Erlaubnis auch insoweit als werthaltiger Sondervorteil dar. Der Umstand, dass den bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Wasserentnahmeentgelt Fälle zugrunde lagen, in denen die Entgeltpflicht an eine unmittelbare wirtschaftliche Nutzung des Wassers anknüpfte, ist daher für die verfassungsrechtliche Bewertung ohne Bedeutung.
20Der Annahme eines abschöpfbaren Vorteils steht des Weiteren nicht entgegen, dass von der Entrichtung der Förderabgabe gemäß § 31 Abs. 1 Satz 3 BBergG Bodenschätze ausgenommen sind, die ausschließlich aus gewinnungstechnischen Gründen gefördert und die nicht wirtschaftlich verwertet werden. Zwar entsprechen Zweck und Rechtfertigung der Förderabgabe, dem Land eine Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg von Förderunternehmen zu verschaffen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Befugnis ein Gut der Allgemeinheit wirtschaftlich verwerten, im Wesentlichen denjenigen des Wasserentnahmeentgelts (vgl. u.a. - BVerfGE 72, 330 <410>; Mann, in: Boldt u.a., BBergG, 2. Aufl. 2016, Vorbem. §§ 30-32 Rn. 12). Der Gesetzgeber ist indes angesichts der ungleich größeren Bedeutung des Wasserhaushalts für die Allgemeinheit nicht gehindert, den wasserrechtlichen Vorteilsbegriff weiter zu fassen, zumal jede Wasserentnahme den Wasserkreislauf berührt und - gerade im Falle der Umwandlung von Grund- in Oberflächenwasser - zu einem Qualitätsverlust führen kann (vgl. hierzu - BVerfGE 58, 300 <341 ff.>). Wegen der unterschiedlichen Vorteile, deren Abschöpfung die Förderabgabe und das Wasserentnahmeentgelt bezwecken, kommt es zudem zu keiner unzulässigen mehrfachen Heranziehung der Klägerin (vgl. hierzu u.a. - BVerfGE 108, 1 <20, 29>).
21Soweit das Bundesverfassungsgericht ausführt, der in der Eröffnung der Nutzungsmöglichkeit liegende Vorteil werde nicht nach seinem rechtlichen, sondern seinem tatsächlichen Umfang abgeschöpft ( u.a. - BVerfGE 93, 319 <346>), bezieht sich dies nicht auf die Bestimmung des Vorteils als solchen, sondern nur auf den Umfang der Abschöpfung, der sich - so auch hier gemäß § 1 Abs. 1 WasEG - nach der entnommenen Menge bemisst. Nur hierauf, nicht jedoch auf das Vorliegen eines Vorteils, wirkt es sich daher aus, dass die wasserrechtlichen Erlaubnisse der Klägerin kein ausschließliches Nutzungsrecht gewähren, sondern sie verpflichten, anderen Wassernutzern Vorrang einzuräumen. Soweit die Klägerin an der Entnahme durch entgegenstehende Rechte Dritter gehindert wäre, hätte sie kein Entgelt zu entrichten. Zu Unrecht verweist sie auch für ihre Ansicht, ein Sondervorteil bestehe nur bei einem ausschließlichen Entnahmerecht, auf den genannten . Soweit das Bundesverfassungsgericht (a.a.O. S. 345 f.) darin einen Sondervorteil gegenüber denjenigen gesehen hat, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen, wird damit nur der Unterschied zwischen Erlaubnis- und Nichterlaubnisinhabern beschrieben, ohne dass das Kriterium der Ausschließlichkeit für das Vorliegen eines Vorteils von Bedeutung ist.
22b) Aus der Abhängigkeit von dem sich aus der Menge entnommenen Wassers ergebenden Umfang des Vorteils folgt zugleich, dass sich das Wasserentnahmeentgelt hinreichend scharf von Steuern unterscheidet, für welche die fehlende Abhängigkeit von einer Gegenleistung konstitutiv ist ( u.a. - BVerfGE 93, 319 <346 f.>).
23c) Die staatliche Leistung der Gewährung eines Zugriffs auf das Grundwasser als Gut der Allgemeinheit steht darüber hinaus in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe des Wasserentnahmeentgelts. Diese ist im Hinblick auf die Zwecke des Vorteilsausgleichs und der Verhaltenslenkung sachlich gerechtfertigt.
24aa) Die für die Abgrenzung zur Steuer unerlässliche Abhängigkeit der Wasserentnahmeentgelte von einer Gegenleistung bleibt nur erhalten, wenn deren Höhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteigt. Andernfalls würde die Abgabe insoweit - wie die Steuer - "voraussetzungslos" erhoben. (vgl. u.a. - BVerfGE 93, 319 <347>).
25Wasser als Gut der Allgemeinheit hat keinen Marktpreis. Gleichwohl kommt ihm als knapper Ressource ein Wert an sich zu. Das Wasser ist eine der wichtigsten Grundlagen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens. Es wird nicht nur als Trink- und Brauchwasser, sondern auch als Produktionsmittel benötigt. Auch das Wasserentnahmeentgeltgesetz geht von einem objektiven Wert des Wassers aus. Dies verdeutlicht gerade die streitgegenständliche Gesetzesänderung, die subjektive Faktoren wie die wirtschaftliche Nutzung oder den Verwendungszweck des Wassers zurückgedrängt hat. Der Gesetzgeber misst nunmehr - unbeschadet von Ausnahmen nach § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 WasEG - im Grundsatz dem Verwendungszweck des Wassers keine Bedeutung mehr bei, sondern erhebt das Entnahmeentgelt allein nach der vom Entgeltpflichtigen entnommenen Wassermenge (§ 2 Abs. 1 WasEG).
26Der Umstand, dass sich der Vorteil einer öffentlichen Leistung für den Abgabepflichtigen nicht exakt und im Voraus ermitteln lässt, schließt die Erhebung einer Vorteilsabschöpfungsabgabe nicht aus. Sofern kein Marktpreis und keine allgemein anerkannte Bewertungsmethode für die Bestimmung des Wertes des öffentlichen Gutes existieren, hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum bei der Festlegung der Abgabenhöhe. Er darf sich dabei allerdings weder an sachfremden Merkmalen orientieren, noch darf die Höhe der Abgabe in einem groben Missverhältnis zur Bewertung des Vorteils, gemessen an den vernünftigerweise in Betracht kommenden Hilfskriterien, stehen (vgl. u.a. - BVerfGE 108,1 <19>; Kammerbeschluss vom - 1 BvR 1801/07 u.a. - NVwZ 2010, 831 <832>).
27Diesen Anforderungen ist der nordrhein-westfälische Gesetzgeber zunächst dadurch gerecht geworden, dass das Entgelt gemäß § 2 Abs. 1 WasEG proportional zur Menge des entnommenen Wassers erhoben wird. Hiermit wie auch bei der Bemessung der Abgabenhöhe beabsichtigt der Gesetzgeber, die zuvor kostenlose Inanspruchnahme von Umweltgütern einzuschränken und einen Anreiz zu deren sparsamen Ge- bzw. Verbrauch durch die Inrechnungstellung von Umwelt- und Ressourcenkosten zu schaffen. Mit der Abgabenerhebung als ökologischem Kostenfaktor soll der Sondernutzung von Gütern der Allgemeinheit zu kommerziellen Zwecken betriebswirtschaftliche Bedeutung mit dem Ziel beigemessen werden, die mit jeder Sondernutzung einhergehende Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs - im Fall der Klägerin: die Umwandlung von Grund- in Oberflächenwasser - auszugleichen und auf einen gemeinwohlverträglichen und sparsamen Umgang mit der Ressource Wasser hinzuwirken (vgl. LT-Drs. 13/4528 S. 29; 15/2387 S. 6).
28bb) Zu der Vorteilsabschöpfung tritt somit ein Lenkungszweck hinzu, für dessen Verfolgung der Gesetzgeber nicht auf das wasserwirtschaftliche Benutzungsregime beschränkt ist, sondern sich auch des Abgabenrechts bedienen kann (vgl. u.a. - NVwZ 2010, 831 <832 f.>). Der Einwand der Klägerin, sie sei bereits aufgrund der ihr erteilten wasserrechtlichen Genehmigungen verpflichtet, die entnommene Wassermenge so niedrig wie möglich zu halten, und habe die hierfür bestehenden technischen Möglichkeiten ausgereizt, steht ihrer Inanspruchnahme auch unter dem Gesichtspunkt der Verhaltenssteuerung nicht entgegen. Denn dass der Lenkungseffekt nicht in jedem Einzelfall greift, liegt in der Natur des Einsatzes der Abgabe als ökologisches Steuerungsinstrument, ohne ihre grundsätzliche Eignung zu Lenkungszwecken auszuschließen ( u.a. - NVwZ 2010, 831 <833>). Der ausdrücklichen Entscheidung, die bisherige abgabenrechtliche Privilegierung des Sümpfungswassers aufzugeben (LT-Drs. 15/2387 S. 6), lässt sich im Zusammenspiel mit der fortbestehenden Befreiung der Wasserkraftnutzung von der Abgabenpflicht (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 WasEG) zudem der weitere Lenkungszweck entnehmen, fossile Energieträger mit hohem Wasserverbrauch zugunsten erneuerbarer Energien langfristig zurückzudrängen. Auch hierauf wirkt sich eine etwaige Unmöglichkeit einer weiteren Reduzierung der Wasserentnahme seitens der Klägerin nicht aus.
29cc) Ungeachtet der Frage, ob nur bei einer Abgabenerhebung zum Zwecke des Vorteilsausgleichs oder auch bei der Erhebung zu Lenkungszwecken die Abgabenhöhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteigen darf (dazu, dass soziale Zwecke eine die Kosten übersteigende Höhe rechtfertigen können, vgl. - juris Rn. 14), spricht gegen die Annahme eines groben Missverhältnisses im Übrigen eine Gegenüberstellung mit den in anderen Ländern für die Wassernutzung festgesetzten Abgaben (vgl. hierzu u.a. - NVwZ 2010, 831 <832>). Die Entgelthöhe von 4,5 cent/cbm entnommene Wassermenge gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 WasEG bewegt sich im Ländervergleich im Mittelfeld. Am höchsten ist der allgemeine Entgeltsatz für die Wasserentnahme von Grundwasser in Berlin mit 31 cent/cbm (§ 13a Abs. 2 Satz 4 Berliner Wassergesetz i.d.F. vom , GVBl. S. 357, zuletzt geändert durch Gesetz vom , GVBl. S. 218), gefolgt von Hamburg (mehr als 15 cent/cbm, § 1 Abs. 3 Satz 1 Grundwassergebührengesetz i.d.F. vom , HambGVBl. S. 115, zuletzt geändert durch Gesetz vom , HambGVBl. S. 573), Mecklenburg-Vorpommern (10 cent/cbm, § 16 Abs. 3 Satz 1 Wassergesetz vom , GVOBl. S. 669, zuletzt geändert durch Gesetz vom , GVOBl. S. 431) und Brandenburg (10 cent/cbm, § 40 Abs. 1 Satz 4 Brandenburgisches Wassergesetz i.d.F. vom , GVOBl. I Nr. 20, zuletzt geändert durch Gesetz vom , GVOBl. I Nr. 5), am niedrigsten in Sachsen mit 1,5 cent/cbm für eine dauerhafte Wasserhaltung (Anlage 5 zu § 91 Abs. 5 Sächsisches Wassergesetz). Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht selbst Entgeltsätze für die Wasserentnahme von 5 cent/cbm sowie 10 bis 50 cent/cbm nicht beanstandet (vgl. zu diesen Zahlenangaben die Darstellung in u.a. - BVerfGE 93, 319 <323, 325>).
30dd) Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass die mit der Erhebung des Wasserentnahmeentgelts verfolgten Abgabenzwecke von einer erkennbaren Entscheidung des Gesetzgebers getragen werden und dieser damit den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normenklarheit beachtet hat.
31d) Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans wird durch die Regelungen des Wasserentnahmeentgeltgesetzes nicht berührt. Das Oberverwaltungsgericht hat, ohne dass Verfahrensrügen hiergegen erhoben worden sind, festgestellt, dass Einnahmen nach dem Gesetz mit den in § 9 Abs. 1 bis 3 WasEG vorgesehenen Zweckbindungen im Haushaltsplan des Landes veranschlagt werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass durch die Zweckbindungen eine Einengung der Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers in unvertretbarem Ausmaß stattfände (vgl. u.a. - BVerfGE 93, 319 <348>).
322. Die Heranziehung der Klägerin zu einem Wasserentnahmeentgelt verletzt diese auch im Übrigen nicht ihren Rechten. Die Regelungen in §§ 1 und 2 WasEG sind mit Art. 12 Abs. 1 GG (a) sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG (b) vereinbar.
33a) Der in der Entgelterhebung liegende Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG (aa) ist durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert (bb).
34aa) Die Erhebung von Steuern und sonstigen Abgaben greift in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG ein, wenn sie in engem Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes steht und objektiv deutlich eine berufsregelnde Tendenz erkennen lässt (stRspr, vgl. - BVerfGE 137, 350 Rn. 69 m.w.N.). Eine derart berufsregelnde Tendenz ergibt sich vorliegend bereits aus dem Umstand, dass mit der ausdrücklichen Erstreckung der Entgeltpflichtigkeit der Grundwasserentnahme auf Bergbauunternehmen (vgl. LT-Drs. 15/2387 S. 6) auch diese mit den ökologischen Kosten ihrer Tätigkeit belastet und hierdurch - wie vorstehend dargelegt - entweder zu ressourcenschonenderen Arbeitsweisen angehalten oder zugunsten erneuerbarer Energien zurückgedrängt werden sollen.
35bb) Allerdings handelt es sich lediglich um eine Berufsausübungs-, nicht jedoch um eine Berufswahlregelung.
36(1) Ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl liegt erst dann vor, wenn eine Abgabe ihrer objektiven Gestaltung und Höhe nach es in aller Regel unmöglich macht, den angestrebten Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen (stRspr, vgl. - BVerfGE 31, 8<29> und Kammerbeschluss vom - 1 BvR 624/00 - NVwZ 2001, 1264). Anhaltspunkte für eine solche Wirkung der Erstreckung des Wasserentnahmeentgelts auf das Sümpfungswasser sind nicht erkennbar. Dem Vorbringen der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass ein Tagebaubetrieb wegen dieser zusätzlichen Abgabenbelastung in absehbarer Zeit aufgegeben werden muss. Sie behauptet lediglich, es sei nicht auszuschließen, dass einzelne Kraftwerksblöcke an der Grenze ihres wirtschaftlichen Einsatzes stehen und deshalb die Wirtschaftlichkeit des Bergbaus insgesamt gefährdet sei.
37Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit von Unternehmen der Rohstoffindustrie durch die Erhebung des Wasserentnahmeentgelts in der durch § 2 Abs. 2 WasEG festgelegten Höhe ist - wie oben (1.) dargelegt - durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
38(2) Die finanzielle Belastung der Braunkohleunternehmen erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig unter dem Gesichtspunkt der Zusammenschau mit anderen Belastungen ("additiver Grundrechtseingriff"). Ihre zusätzliche Belastung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat die Klägerin in keiner Weise substantiiert. Die in Bezug genommene Summe für den Ausgleich von ihr verursachter Umwelteingriffe in Höhe von 50 Mio. € jährlich dient einem anderen Zweck. Es geht dabei nicht um die Abschöpfung eines Sondervorteils für einen erlaubten Zugriff auf ein Gut der Allgemeinheit, sondern um Maßnahmen zum Ausgleich, die von denjenigen Unternehmen zu erbringen sind, die mit ihrem Vorhaben einen für den Naturhaushalt nachteiligen konkreten Eingriff im Sinne des § 14 BNatSchG verwirklichen.
39(3) Vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, die den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Braunkohleunternehmen rechtfertigen, sind schließlich auch dann nicht ausgeschlossen, wenn man davon ausgeht, dass sich diese Unternehmen auf ein Gemeinwohlinteresse an der Bodenschatzgewinnung und an der Sicherstellung der Energieversorgung berufen können. Nach § 1 Nr. 1 BBergG ist zur Sicherung der Rohstoffversorgung das Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen unter Berücksichtigung ihrer Standortgebundenheit und bei sparsamem und schonendem Umgang mit Grund und Boden zu ordnen und zu fördern. Dieses Gemeinwohlinteresse an der Bodenschatzgewinnung verlangt jedoch nicht, dass eine Grundwasserentnahme zum Zwecke des nachfolgenden Braunkohleabbaus gegenüber anderen Grundwasserentnahmen finanziell begünstigt wird. Ferner ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG bei der Anwendung von Vorschriften, die die Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen verbieten oder beschränken, dafür Sorge zu tragen, dass die Aufsuchung und Gewinnung so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Diese Klausel richtet sich jedoch an die gesetzesanwendende Verwaltung und betrifft nicht die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen.
40b) Die Entgeltbelastung des Sümpfungswassers ist im Vergleich zu anderen Entnahmetatbeständen, die vom Gesetzgeber begünstigt werden, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
41aa) Das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für Belastungen und Begünstigungen. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (stRspr, vgl. - BVerfGE 138, 136 Rn. 121). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht Differenzierungen. Sie bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Es gilt hier ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (stRspr, vgl. - BVerfGE 138, 136 Rn. 121 sowie Beschluss vom - 2 BvR 883/14 u.a. - NVwZ 2017, 1689 Rn. 82 ff., jeweils m.w.N.).
42Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die eine gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (stRspr, vgl. - BVerfGE 138, 136 Rn. 122).
43Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Abgabengegenstandes als auch bei der Bestimmung des Abgabensatzes. Abweichungen von der mit der Wahl des Abgabengegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung). Demgemäß bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung (vgl. - BVerfGE 138, 136 Rn. 123; - BVerfGE 93, 319 <349>).
44Der Gesetzgeber ist - wie oben ausgeführt - nicht gehindert, mit Hilfe des Abgabenrechts außerfiskalische Förder- und Lenkungsziele zu verfolgen. Eine Begünstigung kann vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Abgabenpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will. In der Entscheidung darüber, welche Sachverhalte, Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Insbesondere verfügt er über einen großen Spielraum bei der Einschätzung, welche Ziele er für förderungswürdig hält. Allerdings bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Umstände stützt und insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist. Das schließt allerdings nicht aus, dass die nähere Ausgestaltung solcher Begünstigungsregelungen einer strengeren verfassungsrechtlichen Kontrolle unterliegt. Neben den bereits genannten Merkmalen der Verfügbarkeit und der freiheitsrechtlichen Relevanz kann der Spielraum des Gesetzgebers durch das Ausmaß der mit der Steuerverschonung bewirkten Ungleichbehandlung eingeschränkt sein (vgl. u.a. - BVerfGE 93, 319 <350>; - BVerfGE 138, 136 Rn. 124 ff.).
45bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze lässt sich weder hinsichtlich der Gleichbehandlung von nach der Entnahme genutztem und ungenutztem Wasser (1) noch bezüglich der Begünstigung der Wasserkraftnutzung (2), der Grundwasserentnahme zum Zweck der Errichtung baulicher Anlagen (3) oder der Kühlwassernutzung (4) ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG feststellen.
46(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist keine Privilegierung der Entnahme von Wasser geboten, das keiner wirtschaftlichen Nutzung zugeführt wird. Die mit der Änderung im Wasserentnahmeentgeltgesetz 2011 herbeigeführte
47Gleichbehandlung entspricht folgerichtig dem Konzept, grundsätzlich für alle Entnahmen von Wasser ungeachtet des Verwendungszwecks Entgelt zu erheben und lediglich für sachlich rechtfertigungsbedürftige Ausnahmen eine Entgeltbefreiung bzw. -vergünstigung zu normieren. Wenn - wie dargestellt - der gewährte Sondervorteil unabhängig vom jeweiligen Verwendungszweck des Wassers in der von einer Erlaubnis gedeckten tatsächlichen Wasserentnahme gesehen wird, ist es konsequent und vorteilsgerecht, die Höhe des Entgelts entsprechend gleich zu bemessen.
48(2) Wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, ist die Entgeltbefreiung der Wasserkraftnutzung (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 WasEG) durch deren ökologische Förderungswürdigkeit gerechtfertigt (so schon 9 B 2.09 - Buchholz 445.4 § 3 WHG Nr. 6 Rn. 18). Bereits in den ursprünglichen Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 13/4528 S. 30) wird als Grund für die Privilegierung angegeben, dass Belange des Klimaschutzes zum Gegenstand der Bewirtschaftungsgrundsätze nach dem Wasserhaushaltsgesetz erklärt worden waren (s. § 1a WHG i.d.F. vom , BGBl. I S. 3245; vgl. jetzt § 6 Abs. 1 Nr. 5 WHG: Vorbeugung der Folgen des Klimawandels). Die daraus abgeleitete Förderungswürdigkeit der Wasserkraftnutzung - und der Wärmegewinnung - ist von der weitreichenden Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Verfolgung von Lenkungszwecken getragen. Sie wird auch folgerichtig durchgehalten, indem die Begünstigung auf Entnahmen für die betreffenden Nutzungsarten beschränkt wird.
49(3) Die Entgeltbefreiung für Wasserentnahmen zum Zweck der Errichtung baulicher Anlagen wird von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers getragen. Der Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 8 Alt. 1 WasEG liegt der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung zugrunde. Ansonsten müssten bei zahllosen Bauvorhaben kurzfristige, tendenziell eher geringfügige Eingriffe in den Wasserhaushalt jeweils individuell aufwändig veranlagt werden. Hiergegen kann nicht eingewendet werden, diese Freistellung sei unverhältnismäßig, weil mit ihr ein wirtschaftlich höherer Wert verbunden sei als bei der Entnahme und ungenutzten Wiedereinleitung von Wasser. Der jeweilige Vorteil, der Grundlage der Entgeltbemessung ist, bestimmt sich nach der Entnahmemenge. Es ist aber nicht erkennbar, dass Entnahmemengen zum Zwecke der Errichtung baulicher Anlagen einen vergleichbaren Umfang wie die Entnahmemengen für die spätere Braunkohleförderung erreichen.
50(4) Schließlich ist auch die Begünstigung der mit Kühlkreisläufen arbeitenden verarbeitenden Industrie vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt. Die betreffenden Unternehmen zahlen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 WasEG ein Entgelt von lediglich 3,5 cent/cbm, welches sich für Entnahmen zum Zwecke der Durchlaufkühlung, bei der das Wasser dem Gewässer unmittelbar wieder zugeführt wird, sogar auf 0,35 cent/cbm verringert. Die damit einhergehende Bevorzugung der produzierenden und vor allem der stromerzeugenden Industrie, die rund zwei Drittel des gesamten Wasseraufkommens der Wirtschaftsbetriebe in Nordrhein-Westfalen zur Kühlung von Produktions- und Stromerzeugungsanlagen verwenden, findet, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass sich die hierdurch verringerten Produktionskosten bei den Endverbrauchern aller Produkte in Gestalt von geringeren Preisen niederschlagen und die Subventionierung damit im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegt.
51Der Einwand der Klägerin, auch eine Verringerung der Kosten der Braunkohleförderung bewirke, jedenfalls mittelbar, niedrigere Strompreise, führt auf keinen Gleichheitsverstoß. Für die Kühlwassernutzung bei der Verstromung der Kohle in ihren Kraftwerken kommt auch die Klägerin in den Genuss der Vergünstigung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 WasEG. Die Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Belange zwingt den Gesetzgeber darüber hinaus nicht, jeden Produktionsschritt der Energiegewinnung zu fördern. Auch ist er nicht verpflichtet, eine einmal getroffene Subventionsentscheidung - wie etwa die bis 2011 geltende Befreiung des Sümpfungswassers von der Entgeltpflicht - zeitlich unbeschränkt fortzuführen. Er darf vielmehr aus umwelt- und energiepolitischen Erwägungen die Förderung bestimmter Energieträger verringern. Auch kann er standort- und wettbewerbspolitische Gesichtspunkte und damit den Umstand berücksichtigen, dass hohe Herstellungskosten zu Wettbewerbsbeeinträchtigungen führen (vgl. 9 B 2.09 - Buchholz 445.4 § 3 WHG Nr. 6 Rn. 17) und Unternehmen des produzierenden Gewerbes zu einer Verlagerung ihrer Produktionsstätten veranlassen können.
52Soweit § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG das Entgelt für Wasserentnahmen zur Durchlaufkühlung auf 0,35 cent/cbm herabsetzt, liegt hierin schon deshalb kein Gleichheitsverstoß, weil es sich um eine Binnendifferenzierung innerhalb der Gruppe der Betriebe handelt, die Wasser zum Zwecke der Kühlwassernutzung entnehmen. Durfte der Gesetzgeber eine Verringerung der Entnahmeentgelte - wie hier - auf Fälle beschränken, in denen das Wasser zu Kühlzwecken verwendet wird, so entfällt die Rechtfertigung für diese Besserstellung nicht durch eine weitere Unterscheidung innerhalb der letztgenannten Gruppe, welche die erhöhte Menge des für eine Durchlaufkühlung benötigten Wassers berücksichtigt. Der sachgerechte Grund für die Minderung des Entnahmeentgelts in den Fällen des § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG besteht zudem - neben der Verhinderung eines zu großen Anreizes zugunsten der ökologisch ebenfalls nachteiligen Kreislaufkühlung - in dem Bestreben, Wettbewerbsnachteile durch das verwendete Kühlungssystem zu verringern (vgl. 9 B 2.09 - Buchholz 445.4 § 3 WHG Nr. 6 Rn. 16), ohne diese indes vollständig zu beseitigen. Denn Durchlaufkühlsysteme benötigen für das Erreichen der gleichen Kühlleistung gegenüber Kreislaufkühlsystemen die 75fache Wassermenge (vgl. LT-Drs. 13/4890 Anhang 1 S. 3), wohingegen das Wasserentnahmeentgelt nur auf ein Zehntel verringert wird. Damit stellt die Regelung das generelle Lenkungsanliegen, sparsam mit Wasser umzugehen, nicht in Frage. Hinzu kommt schließlich, dass die Klägerin das Sümpfungswasser nicht - wie in § 2 Abs. 2 Satz 3 WasEG vorausgesetzt - wieder unmittelbar dem Entnahmegewässer, d.h. dem Grundwasser, sondern Oberflächengewässern zuführt.
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2017:161117U9C16.16.0
Fundstelle(n):
ZAAAG-80649