Instanzenzug: Az: 1 S 38/15 Beschlussvorgehend AG Marl Az: 34 C 2/12
Gründe
I.
1Der Kläger hat, vertreten durch Rechtsanwalt G. , im Januar 2012 Anfechtungsklage gegen mehrere auf einer Eigentümerversammlung gefasste Beschlüsse erhoben. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Frage der Prozessfähigkeit des Klägers die Klage als unzulässig abgewiesen. Dieses Urteil hat das Landgericht aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Während des neuen Verfahrens vor dem Amtsgericht hat Rechtsanwalt G. mitgeteilt, dass er den Kläger nicht mehr vertrete. Für diesen ist in der letzten mündlichen Verhandlung Rechtsanwältin H. aufgetreten. Das Amtsgericht hat die Klage sodann als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat Rechtsanwältin H. für den Kläger Berufung eingelegt. Diese hat das als unzulässig verworfen. Hiergegen hat der Kläger Rechtsbeschwerde eingelegt.
2Mit Beschluss vom hat das Betreuungsgericht die Tochter des Klägers zu seiner Betreuerin bestellt. Die Bestellung umfasst den Aufgabenkreis der Verwaltung des Wohnungseigentums G. Straße in M. und die zugehörigen Rechtsstreitigkeiten. Mit Schreiben vom hat die Betreuerin erklärt, die Prozessführung des Klägers einschließlich der Beauftragung von Rechtsanwältin H. zu genehmigen.
3Mit Beschluss vom hat der Senat den aufgrund fehlender Sachverhaltsdarstellung aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen. Mit Beschluss vom hat das Landgericht die Berufung des Klägers erneut als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.
II.
4Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Berufung sei mangels Postulationsfähigkeit des Klägers unzulässig. Der prozessunfähige Kläger habe Rechtsanwältin H. nicht mandatieren können, so dass es an einer wirksamen Einlegung der Berufung innerhalb der Berufungsfrist fehle. Die Geschäfts- und Prozessunfähigkeit umfasse insbesondere auch die Mandatierung eines Prozessbevollmächtigten, um in WEG-Angelegenheiten tätig zu werden, da sich der Wahn des Klägers ausweislich des Sachverständigengutachtens auf sein Wohnungseigentum beziehe und sich gerade anlässlich der Führung von diesbezüglichen Rechtsstreitigkeiten äußere. Zwar habe die Betreuerin des Klägers die bisherige Prozessführung genehmigt. Hierdurch habe der Mangel der Vollmachtserteilung aber nicht rückwirkend geheilt werden können.
III.
5Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zu Unrecht als unzulässig verworfen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat es nicht an einer wirksamen Bevollmächtigung von Rechtsanwältin H. durch den Kläger gefehlt.
61. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein von einem Vertreter ohne Vollmacht eingelegtes Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ist, ebenso wie eine ohne Vollmacht eingereichte Klage als unzulässig abzuweisen ist ( GmS - OGB 2/83, BGHZ 91, 111, 114). Hierbei handelt es sich allerdings entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht um eine Frage der Postulationsfähigkeit; dieser Begriff bezieht sich auf das Erfordernis, sich in Verfahren vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO; siehe etwa Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl., vor § 50 Rn. 14). Dem genügt eine durch einen Rechtsanwalt eingelegte Berufung ohne weiteres. Das Erfordernis der wirksamen Bevollmächtigung ergibt sich vielmehr daraus, dass - wie sich § 89 Abs. 2 ZPO entnehmen lässt - die Erklärung eines Vertreters, gegen ein Urteil Berufung einzulegen, der durch ihn vertretenen Partei nur zuzurechnen ist, wenn die Partei den Vertreter mit der Rechtsmitteleinlegung bevollmächtigt hat oder diese genehmigt.
72. Unzutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es hieran in Bezug auf die von Rechtsanwältin H. für den Kläger gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Berufung fehle. Denn die Rechtsmitteleinlegung und die Bevollmächtigung wurden jedenfalls durch die Betreuerin des Klägers wirksam rückwirkend genehmigt.
8a) Der Mangel der Vollmacht bei Einlegung eines Rechtsmittels kann nach § 89 Abs. 2 ZPO durch Genehmigung des Vertretenen, die auch in der Erteilung einer Prozessvollmacht liegen kann, mit rückwirkender Kraft geheilt werden, soweit noch nicht ein das Rechtsmittel als unzulässig verwerfendes Prozessurteil vorliegt ( GmS - OGB 2/83, BGHZ 91, 111, 114 ff.; , BGHZ 128, 280, 283; Beschluss vom - III ZB 63/05, BGHZ 166, 117 Rn. 17). Wegen ihrer Rückwirkung braucht die Genehmigung nicht innerhalb der Frist erklärt zu werden, die für die genehmigte Verfahrenshandlung gilt (, aaO); sie ist vielmehr bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz möglich ( GmS - OGB 2/83, aaO, S. 115; , aaO).
9b) Danach wirkte die von der Betreuerin des Klägers erklärte Genehmigung der gesamten bisherigen Prozessführung und der Bevollmächtigung von Rechtsanwältin H. auf den Zeitpunkt der Berufungseinlegung zurück. Die Genehmigung wurde während des ersten Rechtsbeschwerdeverfahrens und somit vor Erlass des mit der jetzigen Rechtsbeschwerde angegriffenen, die Berufung erneut verwerfenden Beschlusses erklärt. Der Rückwirkung dieser Genehmigung steht nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Genehmigungserklärung bereits ein (erster) die Berufung als unzulässig zurückweisender Beschluss des Berufungsgerichts vorlag. Denn diesen hat der Senat mit Beschluss vom aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Hierdurch wurde der Rechtsstreit in den Stand vor der Verwerfung der Berufung zurückversetzt. Entscheidend und ausreichend ist daher, dass die Genehmigung vor der jetzt mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Entscheidung des Berufungsgerichts erfolgt ist.
IV.
10Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der in § 577 Abs. 4 Satz 3 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht. Über die Berufung des Klägers wird nunmehr zu verhandeln und in der Sache zu entscheiden sein.
11Mangels anderer Anhaltspunkte hat der Senat den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts bestimmt.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:141217BVZB38.17.0
Fundstelle(n):
SAAAG-80190