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Online-Nachricht - Mittwoch, 07.03.2018

Einkommensteuer | Zum Betreuungsanteil beim Betreuungsfreibetrag (BFH)

Der Übertragung des BEA-Freibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 8 EStG auf den anderen Elternteil kann nach § 32 Abs. 6 Satz 9 Alternative 2 EStG der Elternteil, bei dem das minderjährige Kind nicht gemeldet ist, regelmäßig erfolgreich widersprechen, wenn er das Kind nach einem weitgehend gleichmäßigen Betreuungsrhythmus tatsächlich in der vereinbarten Abfolge mit einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % betreut (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Prozessverlauf: Die Klägerin ist Mutter zweier minderjähriger Kinder, die in ihrem Haushalt in Deutschland leben und dort gemeldet sind. Sie beantragte für die Kinder jeweils den Abzug des doppelten Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag); dem entsprach das FA zunächst. Als das FA erfuhr, dass der Kindsvater der Nichtgewährung des auf ihn entfallenden BEA-Freibetrags widersprochen und das Wohnsitzfinanzamt seinem Einspruch abgeholfen hatte, änderte das FA den Einkommensteuerbescheid der Klägerin gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und zog für die Kinder jeweils nur noch den einfachen BEA-Freibetrag ab.

Das FG Rheinland-Pfalz wies die dagegen erhobene Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, entsprechend der unstreitig zwischen der Klägerin und dem Kindsvater vereinbarten und in der Praxis geübten Regelung, habe der Kindsvater die Kinder an jedem zweiten Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend und während der Hälfte der Ferienzeiten betreut. Die Betreuung der Kinder sei damit regelmäßig und in einem nicht nur unwesentlichen Umfang erfolgt. Zudem habe der Kindsvater nicht nur unbedeutende Kinderbetreuungskosten getragen.

Die Richter des BFH führten hierzu u.a. aus:

  • Das Merkmal einer regelmäßigen Betreuung kann insbesondere dann als erfüllt angesehen werden, wenn sich ein minderjähriges Kind entsprechend eines üblicherweise für einen längeren Zeitraum im Voraus festgelegten, weitgehend gleichmäßigen Betreuungsrhythmus tatsächlich in der vereinbarten Abfolge bei dem Elternteil, bei dem es nicht gemeldet ist, aufhält.

  • Ob dieser Elternteil sein minderjähriges Kind auch in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut, erfordert eine Gesamtschau unter Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalls.

  • Zu gewichtende Faktoren sind insbesondere die Häufigkeit und Länge der Kontakte zwischen dem widersprechenden Elternteil und dem Kind, die ihrerseits durch das Alter des Kindes und die Distanz zwischen den Wohnorten des Elternpaares beeinflusst werden.

  • Aus Gründen der Vereinfachung gibt es dabei grundsätzlich keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % im Regelfall das Merkmal einer Betreuung in einem "nicht unwesentlichen Umfang" als erfüllt anzusehen, wobei weitere Indizien in diesem Fall im Übrigen regelmäßig vernachlässigt werden können.

  • Anders als im Schrifttum vorgeschlagen, ist insoweit nicht erst ab einem Betreuungsanteil von ungefähr 25 % oder einer Betreuung an durchschnittlich zwei von sieben Tagen in der Woche von einer Betreuung in einem nicht unwesentlichen Umfang auszugehen. Denn § 32 Abs. 6 Satz 9 Alternative 2 EStG fordert lediglich, dass das Kind von dem Elternteil, bei dem es nicht gemeldet ist, regelmäßig in einem "nicht unwesentlichen" Umfang betreut wird.

  • Dieses Ergebnis ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor.

Quelle: ; NWB Datenbank (Ls)

Fundstelle(n):
WAAAG-77767