Familienrecht | Wirksame Kündigung einer Vollkaskoversicherung durch den Ehegatten (BGH)
Ein Ehegatte kann die auf seinen Partner laufende
Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug auch ohne dessen Vollmacht
kündigen ().
Sachverhalt: Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für ein auf ihren Ehemann zugelassenes Fahrzeug. Mit einem vom Ehemann unterzeichneten Schreiben vom wurde die Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug zum gekündigt. Die Beklagte fertigte daraufhin einen neuen Versicherungsschein und erstattete die zu viel geleisteten Beiträge. Das versicherte Fahrzeug wurde am bei einem selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf insgesamt 12.600 € zuzüglich Umsatzsteuer. Mit Schreiben vom widerrief die Klägerin die Kündigung der Vollkaskoversicherung. Die Klage, mit der die Klägerin von der Beklagten Versicherungsleistungen aus der Vollkaskoversicherung begehrt, hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Hierzu führten die Richter des BGH weiter aus:
Die Vorschrift des § 1357 BGB, wonach jeder Ehegatte berechtigt ist, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen, kann auch für die Kündigung einer Vollkaskoversicherung gelten.
Das BGB kennt zwar keine generelle gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten. Die vom Ehegatten des Versicherungsnehmers ausgesprochene Kündigung kann aber gemäß § 1357 BGB wirksam sein.
Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass auch der Abschluss des Versicherungsvertrags ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie darstellt. Das wiederum richtet sich nach dem individuellen Zuschnitt der Familie. Danach kann auch der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB fallen, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt vorliegt.
Ein solcher Bezug ist vorliegend gegeben: Bei dem versicherten Pkw handelt es sich um das einzige Fahrzeug der fünfköpfigen Familie. Hinzu kommt, dass der Pkw auf den Ehemann zugelassen war und sich die zu zahlenden Monatsprämien für die Vollkaskoversicherung von rund 145 € bezogen auf die Bedarfsdeckung der Familie noch in einem angemessenen Rahmen bewegten, weshalb auch keine vorherige Verständigung der Ehegatten über den Abschluss der Vollkaskoversicherung erforderlich erschien.
Fällt der Abschluss des Versicherungsvertrags unter § 1357 Abs. 1 BGB, begründet die hieraus folgende Mitberechtigung für beide Ehegatten die Stellung von Gesamtgläubigern.
Zwar können Gesamtgläubiger eine Kündigung grundsätzlich nur gemeinsam aussprechen, diese Rechtsfolge wird aber von der Regelung des § 1357 Abs. 1 BGB überlagert.
So wie es den Eheleuten danach möglich ist, für und gegen ihre jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen, muss es ihnen spiegelbildlich erlaubt sein, sich hiervon auch mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen. Das gilt schließlich unabhängig davon, ob der das Gestaltungsrecht ausübende Ehegatte auch derjenige gewesen ist, der die Verpflichtung des anderen Ehegatten über § 1357 Abs. 1 BGB ursprünglich begründet hat.
Die Klägerin konnte die Kündigung auch nicht einseitig widerrufen, weil diese als rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt zur Folge hatte.
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. (il)
Fundstelle(n):
LAAAG-77172