BFH Urteil v. - I R 84/01 BFHE S. 191 Nr. 200

Leitsatz

1. Bei der Befreiung gemeinnütziger Körperschaften von der Körperschaftsteuer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1996 handelt es sich um eine persönliche Steuerbefreiung i.S. von § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 i.d.F. bis zur Änderung durch das StBereinG 1999. Die Neufassung des § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 durch das StBereinG 1999 stellt das klar.

2. Der Gewinn, den eine gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996 von der Körperschaftsteuer befreite gemeinnützige Körperschaft aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile erzielt, ist gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 steuerpflichtig. Er unterfällt gemäß § 23 Abs. 1 KStG 1996 dem vollen Steuersatz von 45 v.H. und nicht gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 2 2. Halbsatz KStG 1996 dem ermäßigten Steuersatz von 42 v.H.

Gesetze: KStG 1996 § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5KStG 1996 § 5 Abs. 1 Nr. 9KStG 1996 § 23 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2UmwStG 1995 § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2

Instanzenzug: (EFG 2002, 861) (Verfahrensverlauf),

Gründe

I.

In die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine 1988 errichtete, seit dem wegen Gemeinnützigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes 1996 (KStG 1996) steuerbefreite Stiftung, wurden von den Stiftern in den Jahren 1988 und 1989 im Wege der Schenkung Anteile an Kapitalgesellschaften übertragen. Diese Beteiligungen wurden Mitte 1996 im Zuge einer Umstrukturierung gemäß § 20 des Umwandlungssteuergesetzes 1995 (UmwStG 1995) ohne Aufdeckung stiller Reserven gegen Anteilsgewährung in eine Holding-GmbH eingebracht. Am 22./ verkaufte die Klägerin die Anteile an dieser Holding-GmbH und an einer weiteren GmbH mit Wirkung vom . Den daraus erzielten Gewinn behandelte sie als steuerfrei und rechnete den Betrag ihrem Vermögen hinzu. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte dem nicht. Er unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung der einbringungsgeborenen Anteile an der Holding-GmbH gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1996 der Körperschaftsteuer und erließ für das Streitjahr 1997 einen entsprechenden Steuerbescheid.

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 861 abgedruckt.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

Nachdem sie im Klageverfahren beantragt hatte, den Körperschaftsteuerbescheid 1997 aufzuheben, hilfsweise, den Bescheid dahin zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 10 640 924 DM herabgesetzt wird, beantragt sie nunmehr, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1997 in einen Freistellungsbescheid abzuändern, hilfsweise die Körperschaftsteuer 1997 auf 10 648 924 DM, die Zinsen für die Körperschaftsteuer 1997 auf 585 690 DM und den Solidaritätszuschlag 1997 auf 800 772 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1996 und § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die der Veräußerer oder —bei unentgeltlichem Erwerb der Anteile— der Rechtsvorgänger durch eine Sacheinlage (§ 20 Abs. 1 UmwStG 1995) unter dem Teilwert erworben hat (sog. einbringungsgeborene Anteile), der Körperschaftsteuer. Diese sachliche Steuerpflicht auf den Gewinn bei der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen gilt nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 auch für den Veräußerer oder Eigner, der von der Körperschaftsteuer befreit ist. Nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 i.d.F. bis zur Änderung durch das Gesetz zur Bereinigung steuerlicher Vorschriften —Steuerbereinigungsgesetz 1999 (StBereinG 1999)— (UmwStG 1995 a.F.) musste es sich hierbei um eine ”persönliche” Steuerbefreiung handeln.

a) Die im Streitfall in Rede stehenden Kapitalanteile sind einbringungsgeborene Anteile i.S. des § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995, aus denen die Klägerin einen Veräußerungsgewinn erzielt hat. Dieser Gewinn ist sachlich steuerpflichtig. Dass die Klägerin als gemeinnützige Stiftung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996 von der Körperschaftsteuer befreit ist, ändert daran wegen § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. nichts. Ihrem Einwand, bei § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996 handele es sich nicht um eine persönliche, sondern um eine sachliche Befreiung von der Körperschaftsteuer, sie unterfalle deswegen nicht dem Anwendungsbereich des § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F., hat sich die Vorinstanz zu Recht nicht angeschlossen.

b) § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1996 befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen von der Körperschaftsteuer, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar bestimmten begünstigten, im Falle der Klägerin gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken dienen. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen, § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG 1996. Im Zusammenhang mit der einschränkenden Regelung des § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. wird im Schrifttum darum gestritten, ob diese ”Befreiung” —so abweichend von den ”persönlichen Befreiungen” gemäß § 4 KStG 1935/1975 die amtliche Überschrift zu § 5 KStG 1996— eine persönliche i.S. von § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. oder aber in Abgrenzung dazu eine sachliche ist, die von der Regelung in § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. auszunehmen wäre. Ein Teil des Schrifttums nimmt eine derartige sachliche Steuerbefreiung an. Diese knüpfe nicht an die Person, vielmehr an bestimmte steuerbegünstigte Betätigungen der befreiten Körperschaft an (so z.B. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 21 Rz. 175; Haritz in Haritz/Benkert, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 21 Rz. 282; Engl in Festschrift Welf Müller, 2001, S. 279, 284 ff.). Nach anderer Ansicht werden gemeinnützige Körperschaften persönlich von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerfreiheit sei lediglich sachlich hinsichtlich des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs eingeschränkt (so z.B. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 21 UmwStG Rz. 307 und § 27 UmwStG Rz. 103.1; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 21 UmwStG n.F. Rz. 231; Pezzer in Tipke/ Lang, Steuerrecht, 15. Aufl., § 11 Rz. 17; Pöllath in Seifart/ von Campenhausen, Handbuch des Stiftungsrechts, 2. Aufl., § 43 Rz. 110; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., S. 570; Herrmann in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 21 UmwStG Rz. 116 b; Augsten in Lademann, Körperschaftsteuergesetz, § 5 Rz. 2; Klingberg in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 21 UmwStG Rz. 60; Tulloch in Goutier/Knopf/Tulloch, Umwandlungsrecht, § 21 UmwStG Rz. 16; Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 3 Rz. 1 zu den dortigen, mit § 5 KStG 1996 vergleichbaren Steuerbefreiungen; vgl. auch die amtliche Gesetzesbegründung zu § 4 KStG 1934, RStBl 1935, 81, 83). Diese letztere Auffassung hält der Senat für richtig.

aa) Dafür spricht vor allem der Gesetzeswortlaut. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1996 befreit die erwähnten Steuersubjekte von der Körperschaftsteuer, macht für diese also eine Ausnahme von der ansonsten geltenden Regelbesteuerung und trifft damit eine persönliche Zuordnung, ohne den Begriff der ”persönlichen Steuerbefreiung” zu erwähnen; dieser Begriff ist § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996 (und § 5 KStG 1996 insgesamt) unbekannt. Dass diese persönliche Zuordnung und damit Befreiung mit bestimmten sachlichen Voraussetzungen und Maßgaben verbunden ist, steht dem nicht entgegen. Auch der Umstand, dass § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996 die sonach gewährte —im Grundsatz umfassende— Steuerbefreiung ihrem Umfang nach für den Fall einschränkt, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird, ändert daran nichts. Hierdurch wird vielmehr (lediglich) eine Gegenausnahme von der Befreiung geschaffen (vgl. Walz in Non Profit Law Yearbook 2001, 197, 201 ff.), die es dabei belässt, dass die Steuerbefreiung eine persönliche ist und als solche die ”Person” der gemeinnützigen Körperschaft begünstigt. Der Umfang der Befreiung wird lediglich seinerseits nach sachlichen Kriterien reduziert, indem insoweit, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt, der sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG 1996 ergebende Grundsatz der Steuerpflicht (partiell) wiederhergestellt wird; die Anknüpfung der Steuerbefreiung an persönliche Merkmale —nämlich die Eigenschaft als Körperschaft mit bestimmten Tätigkeitsformen— bleibt hiervon unberührt (vgl. ebenso Güroff in Glanegger/Güroff, a.a.O., § 3 Rz. 1; Bott in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 5 Rz. 15; Augsten in Lademann, a.a.O.; Pezzer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 15. Aufl., § 11 Rz. 17).

bb) Die Gegenmeinung will demgegenüber danach unterscheiden, ob die Befreiung ohne Rücksicht auf die Herkunft der Vermögensmehrung erfolgt oder nur in Bezug auf bestimmte Quellen gewährt wird; im ersten Fall sei eine persönliche, im zweiten Fall eine sachliche Steuerbefreiung gegeben (vgl. z.B. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 5 KStG Rz. 2; Engl in Festschrift Welf Müller, a.a.O., S. 286; s. auch Herrmann/Eversberg/Wagner in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz, 21. Aufl., § 5 KStG Rz. 12 f.; Schwarz in Mössner/Seeger, Körperschaftsteuergesetz, § 5 Rz. 2 f.; vgl. auch Bott in Arthur Andersen, a.a.O., § 5 KStG Rz. 13 ff.). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Sie verkennt jedenfalls in Bezug auf die (partielle) Steuerbefreiung gemeinnütziger Körperschaften, wie sie in § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996, aber auch in vergleichbarer Weise z.B. in § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes, § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b des Grundsteuergesetzes und in § 4 Nr. 18 UmwStG bestimmt wird, die Wechselwirkung zwischen der grundsätzlichen Steuerpflicht (§ 1 KStG 1996), der aufgrund persönlicher Umstände ausnahmsweise (und umfassend) eingeräumten Steuerbefreiung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996) und der diese Befreiung sodann wieder einschränkenden Steuerpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG 1996 aufgrund sachlicher Merkmale als (Rück-)Ausnahme (s. insoweit auch Engl, a.a.O., S. 286 unten/ S. 287 oben).

cc) Soweit der erkennende Senat in der Vergangenheit im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1996 gelegentlich verkürzend nur vom Vorliegen einer ”sachlichen” Steuerbefreiung gesprochen hat (z.B. , BFHE 181, 396, BStBl II 1998, 711; vom I R 200/85, BFH/NV 1989, 342, 343), kam es dort nicht auf diese Unterscheidung an; die Formulierung war in der Sache aber in dem hier erläuterten Sinne zu verstehen (vgl. , BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, 487; vom I R 204/85, BFH/NV 1987, 705, 706). Die unabhängig davon im Urteil vom I R 77/76 (BFHE 127, 327, BStBl II 1979, 481) getroffene Unterscheidung zwischen ”persönlicher Steuerbefreiung” und ”objektiver Steuerbefreiung eigener Art” (vgl. dazu auch Lang in Tipke/Lang, a.a.O., § 7 Rz. 28), ist in anderen verfahrensrechtlichen Zusammenhängen zu § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG a.F. ergangen und insoweit nicht einschlägig.

dd) Vor diesem Hintergrund ist eine gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1996 steuerbefreite Stiftung, wie im Streitfall die Klägerin, ”persönlich” i.S. von § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. körperschaftsteuerbefreit und deshalb mit dem erzielten Veräußerungsgewinn gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 steuerpflichtig. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht und entspricht Sinn und Zweck der in § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. bestimmten Ausnahme von den steuerfreienden Wirkungen. Die Regelung will gerade jene Fälle erfassen, in denen von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaften einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einbringen, mit denen sie steuerpflichtig sind (Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 21 UmwStG Rz. 307). Dieses Ergebnis würde indes konterkariert, wenn eine steuerbefreite Körperschaft wegen einer fehlenden ”persönlichen” Steuerbefreiung nicht einzubeziehen wäre (anders Engl, a.a.O., S. 286). Patt (in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O.) weist insoweit zutreffend darauf hin, dass das von der Revision bevorzugte Regelungsverständnis des § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. die Ausgangsvorschrift in § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 für lediglich ”sachlich” steuerbefreite Körperschaften leerlaufen ließe. Denn solche einbringende Körperschaften müssten bei einer Sacheinlage gemäß § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 dann mangels eines anderweitigen inländischen Besteuerungsrechts in jedem Fall den Teilwert ansetzen; die Wahl eines darunter liegenden Wertes (Buchwertes, Zwischenwertes) wäre unzulässig. Allein die Steuerverstrickung der Veräußerungsgewinne in § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. auch für ”persönlich”, jedoch ”sachlich” beschränkt steuerbefreite Körperschaften sichert sonach die systematische Konsistenz der umwandlungssteuerrechtlichen Zusammenhänge (vgl. dazu auch Merkert in Bordewin/Brandt, Einkommensteuergesetz, § 21 UmwStG Rz. 61). Dass —wie die Klägerin kritisch anmerkt— die Stiftung eines GmbH-Anteils oder eines einzelnen Wirtschaftsgutes anders behandelt wird, steht dem nicht entgegen. Dies wird auch durch die systematischen Erwägungen von X bestätigt, die dieser in seinem von der Klägerin beigebrachten Gutachten anstellt (dort S. 20).

ee) Schließlich lässt sich für die Klägerin nichts daraus herleiten, dass bei ihrer Einbeziehung in den Regelungsbereich des § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. auch solche infolge der Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven zu versteuern sind, die erst in Zeiten aufgebaut wurden, in denen sie bereits gemeinnützig war. Das Gesetz nimmt dies ersichtlich in Kauf, ebenso wie auch andernorts nicht darauf abgestellt wird, ob die stillen Reserven einbringungsgeborener Anteile in steuerbefreiten Zeiten angesammelt wurden. Der Gesetzgeber ist prinzipiell darin frei, so oder aber in der Weise zu verfahren, wie dies beispielsweise in § 13 Abs. 4 KStG 1996 geschehen ist, nämlich bei Eintritt gemeinnütziger Körperschaften in die Steuerpflicht auf die Aufdeckung stiller Reserven und auf die Schlussbesteuerung des ”Entstrickungsgewinns” zu verzichten. Abgesehen davon liegt im Streitfall zwischen Anerkennung der Gemeinnützigkeit und Veräußerung weniger als ein Monat; stille Reserven können hier kaum entstanden sein.

ff) Dass es des Zusatzes der ”persönlichen” Steuerbefreiung in § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. (ebenso wie in der Vorläufervorschrift des § 18 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform —UmwStG 1969—) angesichts dessen im Ergebnis nicht bedurft hätte, ist unbeachtlich. Diesem adjektivischen Zusatz kommt jedenfalls keine einschränkende, vielmehr lediglich eine erläuternde, deklaratorische Funktion zu, die gesetzeshistorisch bedingt und auf die früher im KStG 1935/1975 in der dort zu § 4 gegebene amtliche Überschrift ”persönliche Befreiungen” zurückzuführen sein mag (vgl. dazu im Einzelnen Haritz in Haritz/Benkert, a.a.O., § 21 Rz. 282; Patt in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, ebenda; Bott in Arthur Andersen, a.a.O., § 5 KStG Rz. 13). Sie ist zwischenzeitlich —und so auch in der im Streitjahr geltenden Fassung— jedenfalls nicht mehr im Gesetz enthalten; der Gesetzgeber hat die zuvorige Rechtslage dadurch vielmehr tatsächlich und erklärtermaßen ”klargestellt” (vgl. BTDrucks 13/8022; 13/8023, S. 34; 14/1655, S. 14), nicht aber mit konstitutiver Wirkung geändert (vgl. Bott; ebenda; anders Haritz, ebenda; Engl, a.a.O., S. 284 ff.).

2. Die Klägerin konnte auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg haben. Der Körperschaftsteuersatz von 45 v.H. des zu versteuernden Einkommens gemäß § 23 Abs. 1 KStG 1996 ermäßigt sich nicht gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 2 2. Halbsatz KStG 1996 auf 42 v.H. Denn diese Ermäßigung ist steuerbefreiten Stiftungen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KStG 1996 vorbehalten, sofern die betreffenden Einkünfte in einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb anfallen. So verhält es sich bei dem im Streitfall in Rede stehenden Veräußerungsgewinnen der Klägerin jedoch —worüber unter den Beteiligten letztlich auch Einvernehmen besteht— nicht: Zum einen hat der bloße Anteilsbesitz vermögensverwaltenden Charakter und begründet keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Zum anderen wird ein derartiger Betrieb in § 21 Abs. 3 Nr. 2 UmwStG a.F. auch nicht —was ggf. ausreichen würde— kraft Gesetzes fingiert; insofern unterscheidet sich diese Regelung von derjenigen für die vergleichbare Situation der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile durch juristische Personen des öffentlichen Rechts in § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG 1995.

Fehlen damit Möglichkeiten, die begünstigende Steuersatzvorschrift im Sinne der Klägerin auszulegen, sieht der Senat auch keine Möglichkeit zu einer analogen Anwendung dieser Vorschrift auf die gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 2 UmwStG 1995 a.F. steuerpflichtigen Gewinne. Anhand des Umstandes, dass das Gesetz die Fiktion des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs abgrenzend zu § 21 Abs. 3 Nr. 1 UmwStG 1995 vermeidet, erweist sich im Gegenteil, dass der Gesetzgeber offenbar bewusst und im Rahmen seiner Befugnisse von einer vergleichbaren Fiktion für steuerbefreite Stiftungen abgesehen hat. Die Regelungswirkungen des § 23 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 2 2. Halbsatz KStG 1996 werden gerade dadurch ausgeschlossen. In Anbetracht dessen fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke als Analogievoraussetzung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 277
BFH/NV 2003 S. 277 Nr. 2
BFHE S. 191 Nr. 200
DB 2003 S. 244 Nr. 5
DStRE 2003 S. 171 Nr. 3
FR 2003 S. 294 Nr. 6
KÖSDI 2003 S. 13567 Nr. 1
DAAAA-69097