BFH Urteil v. - IX R 99/00

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb mit Kaufvertrag vom ... Juli 1987 ein aus zwei Teilen bestehendes Grundstück (X-Weg 33 und 35) mit einer Gesamtfläche von 8 100 qm. Vor dem Erwerb wurde auf dem Grundstück eine Gärtnerei betrieben. Auf dem Grundstück befand sich ein 1963 errichtetes Einfamilienhaus (X-Weg 33), das der Kläger ab 1988 vermietete. Bereits im Zeitpunkt des Kaufvertrags bestand für den Grundstücksteil X-Weg 35 eine Baugenehmigung vom für den Neubau eines Hauses (im Erdgeschoss Gewerbebetrieb und im Dachgeschoss Wohnung), die durch den Verkäufer bereits verlängert war.

Nach Erteilung der Abbruchgenehmigung ließ der Kläger zwei große Gewächshäuser entfernen und das Grundstück roden. Am ... November 1987 gab er der Gemeinde den Baubeginn und den Namen des Bauleiters bekannt. Im August 1988 ordnete die Gemeinde eine Baueinstellung wegen fehlender Baugenehmigung für die Kellergeschossarbeiten an. Im Oktober 1988 wurde eine erste Teilbaugenehmigung erteilt, gegen die der Kläger Widerspruch einlegte. Im August 1989 teilte ein Gartenbaubetrieb dem Kläger mit, dass er dessen Angebot ablehne, den Grundstücksteil X-Weg 35 als Baumschule für zehn Jahre zu pachten, da die Grundstücksgröße völlig ungeeignet sei. Im September 1989 erteilte die zuständige kommunale Gebietskörperschaft eine geänderte Baugenehmigung. Im Juli 1990 wurde die mangelfreie Fertigstellung des Rohbaus bescheinigt; Ende 1991 war das Gebäude fertig gestellt; der genaue Zeitpunkt ist nicht geklärt. Das Gebäude umfasst eine Wohnfläche von insgesamt 336 qm (Erdgeschoss: 209 qm; Dachgeschoss 127 qm) und verfügt über eine hochwertige Innenausstattung.

Im November 1991 vermietete der Kläger seinem damaligen und inzwischen verstorbenen Steuerberater mit Wirkung ab drei möblierte Räume mit einer Gesamtfläche von ca. 95 qm in dem Haus X-Weg 35. Der Mietvertrag wurde für zwei Jahre geschlossen und sollte sich anschließend um sechs Monate verlängern, wenn er nicht gekündigt wurde. Die Miete einschließlich aller Nebenkosten betrug monatlich 2 500 DM.

Am verkaufte der Kläger das gesamte Grundstück an seine spätere Ehefrau zu einem Kaufpreis von 11,5 Mio. DM. Nach § 5 des Kaufvertrages waren bei Vertragsschluss bereits 3,5 Mio. DM bezahlt. 2,25 Mio. DM waren am fällig. Der Restkaufpreis wurde bis zum gestundet, ohne dass dies grundbuchrechtlich abgesichert wurde. Seit dem Sommer 1992 nutzte die Käuferin mit ihrem Sohn das Grundstück zu Wohnzwecken. 1995 erwarb der Kläger das Grundstück von seiner Ehefrau zu einem Kaufpreis von 8,2 Mio. DM zurück. Nach längeren Streitigkeiten genehmigte die Gemeinde 1997 die hinsichtlich des Erdgeschosses beantragte Nutzungsänderung.

Der Kläger machte in seinen Einkommensteuererklärungen ab 1988 für das Objekt X-Weg 35 Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, im Streitjahr (1991) ... DM AfA und ... DM Zinsen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte für die Jahre 1988 bis 1991 die Werbungskosten zunächst an. Nach Bekanntwerden des Verkaufs änderte es die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide für diese Jahre und erkannte nur noch den auf den Grundstücksteil X-Weg 33 entfallenden Werbungskostenüberschuss an. Die Einsprüche des Klägers wurden als unbegründet zurückgewiesen, nachdem hinsichtlich der Verluste aus anderen Objekten eine Einigung erzielt worden war. Die Einkommensteuer für das Streitjahr wurde auf ... DM festgesetzt.

Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wertete die kurze Spanne zwischen Fertigstellung und Veräußerung als ein Indiz dafür, dass schon bei Fertigstellung im Streitjahr eine Veräußerungsabsicht bestanden habe. Diese Annahme sei gerechtfertigt, je enger ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Fertigstellung und Verkauf liege. Es gälten die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels von der privaten Vermögensverwaltung. Der Kläger habe auch an Hand von äußeren Hilfstatsachen nicht den Nachweis erbracht, dass er im Streitjahr die Absicht hatte, das Objekt X-Weg 35 zur Einkunftserzielung nutzen zu wollen. Es seien keinerlei Bemühungen erkennbar gewesen, den Außenbereich des Grundstücks für den Betrieb einer Baumschule vorzubereiten. Überdies habe der Kläger lediglich einen Zeitmietvertrag über zwei Jahre abgeschlossen, der zudem noch auf Initiative seines Steuerberaters, des Mieters, zustande gekommen sei.

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Die Grundsätze zur Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels von der Vermögensverwaltung könnten hier nicht herangezogen werden; denn dort komme einer bedingten Verkaufsabsicht eine andere Bedeutung zu, gehe es doch um eine nachhaltige Tätigkeit und um eine Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr durch Grundstücksumsätze. Somit bleibe es bei dem Grundsatz, dass im Regelfall eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit beabsichtigt sei. Überdies sei das FG-Urteil schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es von einer Vermutung statt von einem Beweisanzeichen ausgegangen sei.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich des Grundstücksanteils X-Weg 35 insgesamt ... DM als Werbungskostenüberschuss anerkannt und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass den Klägern im Streitjahr die Einkünfteerzielungsabsicht gefehlt hat.

1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (z.B. , BFH/NV 2001, 587, m.w.N.).

a) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften; die Einkünfteerzielungsabsicht kann insoweit nur in Ausnahmefällen verneint werden (, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Eine Vermietungstätigkeit ist auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt.

b) Dagegen kann sich ein Beweisanzeichen für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht daraus ergeben, dass der Steuerpflichtige in der Zeit seiner nicht auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit kein positives Gesamtergebnis erreichen kann (, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116 - betr. die Beteiligung an einem Bauherrenmodell mit Rückkaufsangebot oder Verkaufsgarantie). Es kommt dann nicht darauf an, aus welchen Gründen (z.B. der Lebensführung i.S. von § 12 EStG) er den Werbungskostenüberschuss hinnimmt.

Der Senat führt diese Rechtsprechung dahin fort, dass ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz auch dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige das bebaute Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs —von in der Regel bis zu fünf Jahren— seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit insgesamt nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Er verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil IX R 47/99 vom heutigen Tag (neutralisierter Abdruck liegt bei).

c) Ob ein Gesamtüberschuss zu erzielen ist, ergibt sich aus einer den Zeitraum der tatsächlichen Vermögensnutzung umfassenden Totalüberschussprognose (, BFHE 197, 151, unter II. 2.). Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trägt im Zweifel der Steuerpflichtige (Urteil in BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116). Er kann das gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechende Beweisanzeichen erschüttern, indem er Umstände darlegt und nachweist, die dafür sprechen, dass er den Entschluss zur Veräußerung erst nachträglich gefasst hat; denn es ist unschädlich, wenn er sich die Veräußerung des erworbenen Grundstücks allgemein für den Fall vorbehält, dass die Änderung äußerer Umstände und Bedingungen ihn dazu zwingen (, BFH/NV 2002, 635, m.w.N.).

Ob im Einzelfall Indizien gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung, die dem FG obliegt (z.B. Urteil in BFH/NV 2002, 635, m.w.N.). Das FG hat alle feststehenden Indizien in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO); diese ist nach § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindend, wenn sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt. Die Gesamtwürdigung durch das FG hat schon dann revisionsrechtlich Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich ist (Urteil in BFH/NV 2002, 635, m.w.N.).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat zutreffend den engen Zeitraum zwischen der Fertigstellung des auf dem Grundstücksteil X-Weg 35 errichteten Gebäudes Ende 1991 und der Veräußerung im April 1992 als Beweisanzeichen für die von vornherein vorhandene Absicht angesehen, den Grundstücksteil X-Weg 35 zu veräußern. Entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ansicht hat das FG den Umstand des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Fertigstellung und Verkauf des Grundstücks als Indiz gewertet und ist nicht von einer entsprechenden tatsächlichen Vermutung ausgegangen. Zwar verwendet die Vorentscheidung häufig den Ausdruck ”Vermutung”, würdigt die Umstände dann aber als Beweisanzeichen, die neben anderen Indizien gegen eine Überschusserzielungsabsicht sprechen. Die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen hat es dahin gewertet, dass durch sie der erst später gefasste Entschluss zur Veräußerung nicht dargelegt werde. So hat es keinerlei Bemühungen des Klägers feststellen können, den Außenbereich des Grundstücks für den Betrieb einer Baumschule vorzubereiten. Überdies habe der Kläger die Erdgeschosswohnung mit geringem Aufwand zu Wohnraum umbauen können. Die im Streitjahr leer stehende Dachgeschosswohnung habe er weder selbst genutzt noch vermietet; lediglich einen Teil habe er an seinen damaligen Steuerberater befristet vermietet. Gegen eine auf Dauer angelegte Vermietung spreche nach Auffassung des FG auch die Finanzierung des Objekts über das laufende Konto. Der Schluss des FG aus diesen Gesamtumständen auf die fehlende Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers ist —wenn auch nicht zwingend— so doch möglich und bindet den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO. Der Kläger hat gegen die dieser Würdigung zu Grunde liegenden Tatsachen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1563 Nr. 12
TAAAA-69070