Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb 1992 eine Eigentumswohnung. Dabei handelte es sich um einen nicht ausgebauten Dachboden, den die Klägerin im gleichen Jahr zu einer Wohnung ausbaute.
Die Klägerin gab im Einspruchsverfahren die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 ab. Darin beantragte sie u.a. erhöhte Absetzungen gemäß § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 12 000 DM sowie gemäß § 82a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in Höhe von 4 937 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erkannte die erhöhten Absetzungen nach § 82a EStDV unter Hinweis auf § 7a Abs. 5 EStG nicht an.
Der dagegen eingelegten Klage gab das Finanzgericht (FG) mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 1068 veröffentlichtem Urteil statt: Entstehe —wie hier— durch die Herstellung einer neuen Wohnung ein selbständiges Wirtschaftsgut, seien die 60 000 DM übersteigenden Bauaufwendungen nach § 7 Abs. 4 bzw. § 7b EStG abzuschreiben (§ 7c Abs. 3 Satz 2 EStG). An deren Stelle könne die Abschreibung nach § 82a EStDV treten. Dem stehe das Kumulationsverbot des § 7a Abs. 5 EStG nicht entgegen. Eine doppelte Abschreibung derselben Kosten werde dadurch vermieden, dass die nach § 82a EStDV begünstigten Aufwendungen aus dem 60 000 DM übersteigenden Teil der Aufwendungen für die Herstellung der Wohnung auszugliedern seien.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 7a Abs. 5 i.V.m. § 7c Abs. 3 Satz 2 EStG).
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Entgegen der Ansicht des FG stehen der Klägerin für die den Höchstbetrag von 60 000 DM übersteigenden Aufwendungen i.S. des § 7c EStG erhöhte Absetzungen gemäß § 82a EStDV nicht zu.
1. Gemäß § 7c Abs. 1, 2 EStG können bei bestimmten Wohnungen, die durch Baumaßnahmen an Gebäuden im Inland hergestellt worden sind, abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 EStG im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden vier Jahren Absetzungen jeweils bis zu 20 v.H. der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden.
a) Eine Wohnung ist hergestellt, wenn sie fertig gestellt und damit bezugsfertig ist. Bezugsfertigkeit ist gegeben, wenn die wesentlichen Bauarbeiten durchgeführt sind. Dies gilt auch für die Fertigstellung eines ein selbständiges Wirtschaftsgut bildenden Gebäudeteils, wie auch einer stets als selbständiges Wirtschaftsgut ”Gebäude” zu qualifizierenden Eigentumswohnung (vgl. § 7 Abs. 5 a EStG; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, § 7 Rz. 18; , BFHE 184, 385, BStBl II 1998, 135, unter 4. a; vom IX R 53/96, BFHE 188, 299, BStBl II 1999, 589). Danach sind Wohnungen im Allgemeinen bezugsfertig, wenn Fenster und (Außen-)Türen eingebaut, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung, die Heizung sowie sanitäre Einrichtungen vorhanden sind und die Möglichkeit zur Einrichtung einer Küche besteht; unerheblich ist, ob unwesentliche Restarbeiten noch ausstehen (vgl. BFH-Entscheidungen vom X B 213/96, BFH/NV 1998, 698, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; in BFHE 188, 299, BStBl II 1999, 589; Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 7c EStG Rz. 7; Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach —H/H/R—, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 10e EStG Anm. 81). Damit werden alle mit der Fertigstellung einer Wohnung zusammenhängenden, durch derartige Baumaßnahmen entstandenen Aufwendungen, also auch die für die Installation einer Heizungsanlage angefallenen, von der Begünstigung des § 7c EStG erfasst.
b) Dem steht die Regelung in § 7c Abs. 3 EStG nicht entgegen. Nach dessen Satz 1 sind Bemessungsgrundlage —dem Grunde nach— (alle) die Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch die Baumaßnahmen entstanden sind, mithin auch die Aufwendungen für die Heizungsanlage. Ihre Berücksichtigung ist jedoch —der Höhe nach— auf ”höchstens 60.000 DM” begrenzt (vgl. Blümich/Erhard, a.a.O., § 7c EStG Rz. 24). Daher bleiben die den Betrag von 60 000 DM übersteigenden Aufwendungen —dem Grunde nach— solche i.S. des § 7c EStG.
c) Nach § 7a Abs. 5 EStG dürfen aber, wenn bei einem Wirtschaftsgut die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen auf Grund mehrerer Vorschriften vorliegen, erhöhte Absetzungen nur auf Grund einer dieser Vorschriften in Anspruch genommen werden. Die alle erhöhten Absetzungen betreffende Vorschrift, die bei unterschiedlichem Abschreibungsgegenstand nicht greift, soll die mehrfache Abschreibung derselben Aufwendungen verhindern (vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 7a Rz. 8; Blümich/Brandis, a.a.O., § 7a EStG Rz. 53; Fleischmann in H/H/R, a.a.O., § 7a EStG Anm. 82). Danach können erhöhte Absetzungen nach § 7c EStG und nach § 82a EStDV, soweit sie denselben Abschreibungsgegenstand betreffen, nicht nebeneinander in Anspruch genommen werden.
2. Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze kann die Klägerin neben erhöhten Absetzungen gemäß § 7c Abs. 1, Abs. 3 EStG für die 60 000 DM übersteigenden Aufwendungen keine weiteren erhöhten Absetzungen nach § 82a EStDV, sondern lediglich die Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 EStG in Anspruch nehmen (vgl. § 7a Abs. 5, § 7c Abs. 3 Satz 2 EStG).
Die Klägerin hat ihren als Eigentumswohnung erworbenen Dachboden mit einem Kostenaufwand von ca. 200 000 DM zu einer (Dachgeschoss-)Wohnung ausgebaut und dadurch —unstreitig— einen Gebäudeteil hergestellt, der ein (anderes) selbständiges Wirtschaftsgut (Eigentumswohnung) darstellt (vgl. unter 1. a). Die mit der Herstellung dieser Wohnung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind, auch soweit sie den Betrag von 60 000 DM übersteigen, dem Grunde nach gemäß § 7c EStG begünstigt (vgl. unter 1. b). Das gilt insbesondere für die durch die Installation der Heizungsanlage entstandenen Aufwendungen, denn sie zählen zu den wesentlichen die Bezugsfertigkeit einer Wohnung bewirkenden Baumaßnahmen. Daher sind die 60 000 DM übersteigenden Aufwendungen —entgegen der Ansicht des FG— nicht für eine Begünstigung nach § 82a EStDV auszugliedern; insoweit überschneiden sich die Abschreibungsgegenstände von § 7c EStG und § 82a EStDV, was ein Nebeneinander in diesem Fall ausschließt.
3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Im Streitpunkt (Nebeneinander von erhöhten Absetzungen nach § 7c EStG und § 82a EStDV) wäre die Klage abzuweisen und nach Maßgabe der Vorentscheidung (Urteil S. 8) wäre die AfA in Höhe von 2 222 DM für sog. Mietereinbauten bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen.
Die Sache ist jedoch nicht entscheidungsreif. Die Klägerin kann nämlich im Streitjahr erhöhte Absetzungen nach § 7c EStG sowie AfA nach § 7 Abs. 4 EStG auf den 60 000 DM übersteigenden Betrag (s. oben unter 2.) oder stattdessen AfA nach § 7 Abs. 5, 5 a EStG und bezogen auf die Heizungsanlage erhöhte Absetzungen nach § 82a EStDV in Anspruch nehmen. Zur Ausübung dieses Gestaltungsrechts wird die Sache an das FG zurückverwiesen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1139 Nr. 9
LAAAA-69038