Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, sind Eigentümer einer Ferienwohnung auf der Insel X, die sie selbst an wechselnde Feriengäste vermieten. In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres (1991) machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen —durch Gegenüberstellen der Einnahmen und der (gesamten) Aufwendungen ermittelten— Werbungskostenüberschuss von 4 613 DM geltend. Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) ließ die (der Vermietung nicht direkt zuordenbaren) Werbungskosten nur mit dem auf die Vermietungstage im Streitjahr entfallenden Anteil (137/365) zum Abzug zu; hierdurch ergaben sich positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 4 333 DM.
Der hiergegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) teilweise statt: Die Ferienwohnung habe zwar nicht —wie von den Klägern geltend gemacht— ausschließlich der Vermietung gedient; es sei davon auszugehen, dass die Kläger sie gelegentlich selbst genutzt hätten und außerdem sei die Ferienwohnung an mindestens 12 Tagen unentgeltlich überlassen worden. Die als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen seien aber nicht —wie das FA meine— nur mit dem auf die Vermietung entfallenden Anteil im Kalenderjahr zu berücksichtigen, sondern im Verhältnis der tatsächlichen Vermietungszeit zur durchschnittlichen saisonbedingten Vermietungszeit am Belegenheitsort; lediglich die (saisonunabhängig zu leistenden) Schuldzinsen seien auf das gesamte Kalenderjahr zu verteilen. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 233 veröffentlicht.
Gegen die Vorentscheidung wenden sich die Kläger und das FA jeweils mit der Revision.
Die Kläger rügen die Verletzung materiellen Rechts (§ 162 der Abgabenordnung —AO 1977— und § 9 des Einkommensteuergesetzes —EStG—). Sie machen u.a. geltend, das FG habe zu Unrecht eine Selbstnutzung angenommen.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die geltend gemachten Werbungskosten unbeschränkt zum Abzug zuzulassen. Sie beantragen ferner, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das FA beantragt sinngemäß, die Revision der Kläger zurückzuweisen.
Das FA rügt mit seiner Revision ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 EStG). Das FG sei von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abgewichen. Nach dieser seien die durch die Selbstnutzung und die Vermietung veranlassten Aufwendungen im Verhältnis der Selbstnutzungs- zur Vermietungszeit aufzuteilen und die unmittelbar mit der Vermietung zusammenhängenden Aufwendungen in vollem Umfang zum Werbungskostenabzug zuzulassen.
Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Revision des FA zurückzuweisen.
II. Die Revisionen der Kläger und des FA sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat zu Unrecht die zu berücksichtigenden Aufwendungen —ausgenommen die Schuldzinsen— im Verhältnis der tatsächlichen zur durchschnittlichen saisonbedingten Vermietungszeit aufgeteilt. Im Übrigen reichen die bisherigen Feststellungen des FG nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend über die zutreffende Zurechnung der Leerstandszeiten und damit die Aufteilung der Werbungskosten sowie —insbesondere— darüber zu entscheiden, ob die Kläger die Ferienwohnung mit Überschusserzielungsabsicht vermietet haben.
1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.
a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. , BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Überschusserzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).
b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. , BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt —wie der Senat in seinem Urteil IX R 97/00 vom unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat— unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte keine Selbstnutzung sind.
c) Dagegen ist nach dem Urteil IX R 97/00 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Überschusserzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Im Rahmen dieser Prognose sind, wenn eine Selbstnutzung jederzeit möglich ist, nur die unmittelbar der Vermietung zuordenbaren Aufwendungen voll zu berücksichtigen und die anderen Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils IX R 97/00.
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Nach den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) haben die Kläger die Ferienwohnung im Streitjahr an mindestens 12 Tagen unentgeltlich überlassen und sie damit in dieser Form nicht zu Vermietungszwecken, sondern ”selbst” genutzt. Das FG muss deshalb schon aus diesem Grunde durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen, ob die Kläger die Ferienwohnung mit Überschusserzielungsabsicht vermietet haben. Im Rahmen dieser Prognose muss das FG zur zutreffenden Aufteilung der auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen prüfen, ob die Kläger die Ferienwohnung über den bisher berücksichtigten Umfang hinaus noch selbst genutzt haben.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil ein solcher Antrag im Revisionsverfahren unzulässig ist. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; dafür ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig (z.B. , BFH/NV 2001, 14, unter II. 4.).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 771 Nr. 6
DStRE 2002 S. 752 Nr. 12
DAAAA-69032