Patentnichtigkeitsverfahren – "Tintenpatrone" – zur Rechtskrafterstreckung bei Konzernunternehmen – spätere Klageerhebung durch aktives Vertriebsunternehmen eines Konzerns – zum Strohmanneinwand - zu Treu und Glauben im Prozessrecht - zum Beweisermittlungsantrag - Beweisantrag "ins Blaue hinein" – zum üblichen Verfahrensablauf nach durchgeführter Beweisaufnahme – Recht auf Einräumung einer Schriftsatzfrist besteht nur bei ansonsten mangelnder Gewährung rechtlichen Gehörs
Leitsatz
"Tintenpatrone"
1. Erhebt ein konzernverbundenes Unternehmen eine Nichtigkeitsklage, obwohl über eine frühere Nichtigkeitsklage eines zu demselben Konzern gehörenden anderen Unternehmens bereits rechtskräftig entschieden wurde, reicht für die Annahme einer Rechtskrafterstreckung gemäß § 325 ZPO bzw. einer darauf beruhenden Unzulässigkeit der späteren Klage nicht aus, dass beide Unternehmen für den Vertrieb bestimmter Waren in Deutschland zuständig sind bzw. waren (Anschluss an BPatGE 27,55).
2. Ist das die spätere Klage erhebende Unternehmen das derzeit bzw. im Zeitpunkt der Klageerhebung aktive Vertriebsunternehmen eines Konzerns, kann es nicht als Strohmann des nicht mehr aktiven Unternehmens ("dormant") angesehen werden, dessen Klage rechtskräftig abgewiesen ist, ebenso nicht als Strohmann eines übergeordneten Konzernunternehmens.
3. Die Anwendung von § 242 BGB ist im Prozessrecht grundsätzlich möglich, aber bei der Durchsetzung bzw. der Abwehr gesetzlicher Ansprüche weniger naheliegend als bei vertraglichen Ansprüchen.
4. Wird zu einem Beweisermittlungsantrag nach gerichtlichem Hinweis erklärt, das jeweils einleitend verwendete Wort "ob" sei als "dafür, dass" bzw. "dafür, dass nicht" aufzufassen, liegt die Annahme nahe, dass ein Beweisantrag "ins Blaue hinein" vorliegt, dem nicht nachgegangen werden muss.
5. § 370 Absatz 1 ZPO sieht als üblichen Ablauf nach durchgeführter Beweisaufnahme eine Verhandlung über deren Ergebnis (§ 285 ZPO) und anschließende Fortsetzung der mündlichen Verhandlung vor. Ein Recht auf Einräumung einer Schriftsatzfrist besteht insoweit nicht generell, sondern nur dann, wenn ansonsten aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls keine ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgen würde.
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