BGH Urteil v. - IX ZR 25/17

Steuerberaterhaftung: Haftung mehrerer Schädiger aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als Gesamtschuldner

Leitsatz

Mehrere Schädiger, die wegen eines gleichgelagerten Schadens aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Anspruch genommen werden können, haften als Gesamtschuldner.

Gesetze: § 249 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 631 BGB, § 675 BGB

Instanzenzug: Az: I-16 U 88/15 Urteilvorgehend Az: 2 O 23/13 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin ist eine im November 2009 gegründete Gesellschaft, deren Geschäftsführer S.   C.   (nachfolgend: SC) ursprünglich alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der                         GmbH (nachfolgend: GmbH) war. Die der Publizitätspflicht unterliegende GmbH verfügte zum Zeitpunkt der Gründung der Klägerin über ein Eigenkapital in Höhe von mehreren Mio. €, welches SC nicht öffentlich werden lassen wollte, weil er dadurch Wettbewerbsnachteile befürchtete. Er suchte deshalb nach einem Weg, das hohe Eigenkapital der GmbH herabzusetzen, ohne eine Gewinnausschüttung an den Gesellschafter vorzunehmen, die zu einer erheblichen Steuerlast bei ihm geführt hätte. Einen Lösungsvorschlag seiner langjährigen Steuerberater, die dem Rechtsstreit in zweiter Instanz als Streithelfer zu 1 und 2 auf Seiten der Klägerin beigetreten sind, lehnte er wegen eines zu hohen organisatorischen Aufwands ab. Stattdessen schaltete er die auf dem Gebiet der Gestaltungsberatung erfahrene Beklagte in seine Umstrukturierungsbemühungen ein.

2In einem am geführten Gespräch, an dem SC, dessen Ehefrau, der Streithelfer zu 2 sowie der für die Bearbeitung des Mandats bei der Beklagten zuständige Partner H.       teilnahmen, entwickelte die Beklagte ein entsprechendes Konzept, dessen Inhalt die Beklagte den Eheleuten C.   mit Schreiben vom noch einmal schriftlich erläuterte. Es sah vor, dass SC eine neue Kapitalgesellschaft gründen sollte, in die nach einer Kapitalerhöhung im Weg des Anteilstausches nach § 21 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) seine Beteiligung an der GmbH gegen Gewährung der durch die Kapitalerhöhung neu geschaffenen Anteile eingebracht werden sollte. Anschließend sollte die GmbH eine Ausschüttung ihres Gewinns an die neue Gesellschaft vornehmen. Dieser Weg sollte gemäß § 8b Körperschaftsteuergesetz (KStG) nur zu einer Steuerbelastung von 5 v.H. des auszuschüttenden Gewinns anstatt einer erheblich höheren Versteuerung bei Ausschüttung an den Alleingesellschafter SC führen. Entsprechend dem Konzept der Beklagten vereinbarte SC für den einen Termin bei einem Notar, in dem die Neugründung, die Kapitalerhöhung und der Tausch der Gesellschaftsanteile beurkundet werden sollten. Diesen Termin nahm SC gemeinsam mit dem Streithelfer zu 2 wahr, der in der Zwischenzeit mehrfach wegen des Konzepts mit der Beklagten telefonisch Rücksprache gehalten hatte.

3Während des Notartermins erkundigte sich SC nach den Kosten der Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches. Diese erschienen ihm mit einem Betrag in einer Größenordnung von 15.000 €, den ihm der Notar nannte, zu hoch. Er unterbrach deshalb die Verhandlung und führte ein Telefongespräch mit der Beklagten, in dem ihm H.      erklärte, dass man dies auch günstiger haben könne. Möglicherweise komme eine Beurkundung bei einem Schweizer Notar in Betracht. Im Hinblick auf diese Auskunft kam es nur zur Beurkundung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin, die am in das Handelsregister eingetragen wurde.

4Nach dem Telefongespräch mit SC kümmerte sich die Beklagte um die Vermittlung eines anderen Notars. Dieser beurkundete am die Kapitalerhöhung und den Anteilstausch für eine Gebühr von insgesamt 3.411,73 €. Zu diesem Termin begleitete der sachbearbeitende Partner der Beklagten, der zuvor auch schon eine Prüfung der zu beurkundenden Verträge vorgenommen hatte, den Geschäftsführer SC. Anschließend fasste die Klägerin als alleinige Gesellschafterin der GmbH am den Beschluss, 2.800.000 € aus dem Gewinnvortrag für 2009 an sich auszuschütten.

5Das zuständige Finanzamt erkannte zunächst an, dass die Gewinnausschüttung den Voraussetzungen des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs aus § 9 Abs. 2a Gewerbesteuergesetz (GewStG) genügte und setzte nur 5 v.H. des ausgeschütteten Gewinns im Gewerbesteuermessbescheid für 2009 fest, sodass eine Gewerbesteuer in Höhe von 18.421,13 € zu zahlen war. Diese Festsetzung beanstandete der Betriebsprüfer anlässlich einer ab dem bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung. Er sah die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2a GewStG im Hinblick auf die Nichteinhaltung des für die Vorschrift maßgeblichen Stichtagprinzips nicht als erfüllt an. Das zuständige Finanzamt setzte den Gewerbesteuermessbescheid für 2009 am neu fest und unterwarf auch die restlichen 95 v.H. der Gewerbesteuer. Die für den Gewerbesteuerbescheid zuständige Gemeinde erließ am selben Tag einen entsprechend geänderten Bescheid, aus dem sich für das Jahr 2009 eine Nachforderung in Höhe von 375.193 € ergab, welche die Klägerin sodann auch beglich. Ein gegen die erhöhte Steuerfestsetzung von der Klägerin geführtes Einspruchs- und Klageverfahren hatte zunächst Erfolg. Auf die Revision des Finanzamts hob der Bundesfinanzhof die Entscheidung des (BFHE 245, 248) jedoch auf und wies die Klage ab, weil den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2a GewStG nicht genügt war.

6Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte neben den anderweitig beklagten Streithelfern zu 1 und 2 auf Schadensersatz und Feststellung in Anspruch. Sie begehrt Schadensersatz in Höhe der aufgrund der fehlenden Anerkennung des Schachtelprivilegs höheren Gewerbesteuerbelastung in Höhe von 375.193 €, gezahlter Nachforderungszinsen in Höhe von 16.881 € sowie ihrer Rechtsanwaltskosten aus dem finanzgerichtlichen Verfahren in Höhe von 35.657,77 €. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr allen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr aus der unzureichenden Information über die Voraussetzungen des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs erwachse. Die Beklagte begehrt widerklagend Ausgleich ihrer Gebührenrechnung in Höhe von 3.473,51 € für die Vertretung der Klägerin im Betriebsprüfungsverfahren.

7Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Klägerin ist weitgehend erfolgreich gewesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte bis auf einen Betrag von 11.646,53 €, den es als Ersparnis für die abgebrochene Beurkundung am in Ansatz gebracht hat, antragsgemäß verurteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihre Anträge auf Abweisung der Klage und Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 3.473,51 € weiterverfolgt.

Gründe

8Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

9Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

10Das Feststellungsbegehren der Klägerin sei zulässig, weil im Fall der Verurteilung der Beklagten zur Erstattung des Gewerbesteuerschadens der von der beklagten Steuerberatungsgesellschaft zu leistende Schadensersatz das Einkommen des Mandanten erhöhe und damit der Körperschaftsteuer unterliege. In welchem Umfang eine steuerliche Belastung entstehe, könne vor dem Eintritt der Steuerpflicht noch nicht festgestellt werden, die Klägerin sei deshalb insoweit berechtigt, auf Feststellung zu klagen.

11In der Sache stehe der Klägerin ein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil sie in den Schutzbereich des zwischen SC beziehungsweise der GmbH und der Beklagten abgeschlossenen Werkvertrags über eine Geschäftsbesorgung (§§ 631, 675 Abs. 1 und 2 BGB) einbezogen sei und die Beklagte ihre Pflichten aus diesem Vertrag verletzt habe (§ 280 Abs. 1 BGB). Mit der Ausarbeitung eines Konzepts für die Übertragung des Gewinns auf eine neu zu gründende GmbH habe die Beklagte nicht bloß den Vorschlag des ständigen Beraters der GmbH überprüft, sondern ein eigenständiges Konzept entwickelt. Dies stelle einen Werkvertrag dar. Einen weiter gehenden Auftrag zur Umsetzung dieses Konzepts habe die Klägerin zwar nicht nachgewiesen. Die Beklagte sei aber verpflichtet gewesen, auf Nachfrage das empfohlene Konzept zu erläutern. Deshalb seien die Voraussetzungen für die Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des zwischen der GmbH und der Beklagten abgeschlossenen Vertrags erfüllt. Hieran änderten auch mögliche Ansprüche der Klägerin gegen die bei der Umsetzung ebenfalls tätigen Streithelfer der Klägerin nichts. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, Schaden von der Klägerin abzuwenden. Sie habe bei dem Telefongespräch am pflichtwidrig nicht auf die Notwendigkeit der Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches bis zu der Eintragung der Klägerin hingewiesen, welche der Notar in diesem Termin ohne weiteres hätte vornehmen können. Damit habe sie ihre aus dem Werkvertrag folgende Nebenpflicht verletzt. Für die auf dem Gebiet der Gestaltungsberatung besonders erfahrene Beklagte habe es auf der Hand gelegen, dass die Klägerin durch die verspätete Beurkundung von Kapitalerhöhung und Anteilseinbringung Gefahr laufe, die Vorteile des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs nicht in Anspruch nehmen zu können. Dies hätte ihr auch in der Folgezeit, in der sie dabei behilflich war, einen anderen Notar zu finden, ins Auge springen müssen. Die anderweitige fachliche Beratung durch die Streithelfer der Klägerin entlaste sie nicht, weil sie aufgrund ihres eigenen Wissens hätte erkennen müssen, dass diese bei der Umsetzung des Konzepts keine Maßnahmen ergriffen habe, um die rechtzeitige Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches sicherzustellen. Darauf, dass die Voraussetzungen der Anwendung des Schachtelprivilegs zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise noch nicht eindeutig geklärt gewesen seien, komme es nicht an, weil sie den sichersten Weg hätte wählen müssen.

12Das pflichtwidrige Handeln der Beklagten sei für den geltend gemachten Schaden kausal. Zwar hätten die Streithelfer der Klägerin vor der steuerschädlichen nachträglichen Anteilsübertragung ebenfalls nicht gewarnt. Dies lasse die Ursächlichkeit des Handelns der Beklagten aber nicht entfallen. Für den Nichteintritt des Schadens im Fall zutreffender Aufklärung spreche die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens. Im Hinblick auf den Gesamtvermögensvergleich sei anzunehmen, dass SC bei sachgemäßer Aufklärung am die höheren Kosten der Beurkundung bei dem zuerst befassten Notar in Kauf genommen hätte. Ein Mitverschulden der Klägerin scheide aus. Diese müsse sich eine Verletzung der Beratungspflichten seitens der Streithelfer nicht zurechnen lassen.

13Soweit die Beklagte mit der Widerklage eine Gebührenforderung wegen ihrer Tätigkeit im Rahmen der im Jahr 2011 durchgeführten Betriebsprüfung geltend mache, stehe ihr ein solcher Anspruch nicht zu. Aufgrund der fehlerhaften Beratung, die ursächlich für die Begleitung und Teilnahme an diesem Verfahren gewesen sei, hätte die Beklagte einen entsprechenden Betrag unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes sofort wieder an die Klägerin zurückzuerstatten. Dies schließe eine entsprechende Forderung gemäß § 242 BGB aus.

II.

14Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Prüfung stand. Der Beklagten ist eine haftungsbegründende Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 Satz 1, §§ 631, 675 Abs. 1 BGB) anzulasten. Die Klägerin kann aufgrund ihrer Einbeziehung in den Schutzbereich des Steuerberatervertrags den ihr durch die Pflichtwidrigkeit entstandenen Schaden nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gegen die Beklagte geltend machen. Eine die Inanspruchnahme der Beklagten ausschließende alleinige Verantwortlichkeit der Streithelfer der Klägerin aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kommt nicht in Betracht.

151. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte es pflichtwidrig unterlassen hat, aufgrund des Anfang November 2009 abgeschlossenen Steuerberatervertrags den Vertragspartner auf die Voraussetzungen für das Eingreifen des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs hinzuweisen und diesen und die Klägerin vor dem Verlust der entsprechenden Vorteile zu bewahren.

16a) Welche Aufgaben der Steuerberater zu erfüllen hat, richtet sich nach Inhalt und Umfang des ihm erteilten Mandats ( IVa ZR 222/85, WM 1987, 661, 662; vom - IX ZR 10/94, BGHZ 128, 358, 361). Der Steuerberater ist verpflichtet, sich mit den steuerrechtlichen Punkten zu befassen, die zur pflichtgemäßen Erledigung des ihm erteilten Auftrags zu beachten sind ( aaO Rn. 14). Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Steuerberaters gehört es, den Mandanten vor Schaden zu bewahren (§ 242 BGB) und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zutage liegen, hinzuweisen (, WM 1991, 1303, 1304; vom , aaO S. 362; vom - IX ZR 6/02, WM 2005, 1904, 1905 unter B. I. 1.a; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 6. Aufl., Rn. 259 mwN). Ist nur ein eingeschränktes Mandat gegeben, muss der Berater den Mandanten auch außerhalb dieses Mandats vor Gefahren warnen, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich dieser Gefahr nicht bewusst ist (vgl. , NJW 2002, 1117, 1118; Beschluss vom - IX ZR 184/08, NJW-RR 2012, 305 Rn. 6; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 20, jeweils mwN). Entsprechende Pflichten, bei denen es sich in aller Regel nur um Nebenpflichten handelt, können sich unter besonderen Umständen nach Treu und Glauben auch über die Vertragsabwicklung hinaus daraus ergeben, dass kein Beteiligter den Vertragszweck nachträglich vereiteln oder gefährden darf (, NJW-RR 1990, 459, 460; Gräfe, aaO Rn. 271 mwN).

17Die Pflicht des Steuerberaters, seinen Mandanten auch vor außerhalb seines Auftrags liegenden steuerlichen Fehlentscheidungen zu warnen, wenn sie ihm bekannt oder für einen durchschnittlichen Berater auf den ersten Blick ersichtlich sind (, WM 2005, 1904, 1905; vom - IX ZR 12/05, WM 2009, 369 Rn. 14 mwN), gilt zwar nur eingeschränkt, wenn der Mandant hinsichtlich dieser Frage anderweitig fachkundig beraten ist. Der Steuerberater muss den Mandanten aber vor etwaigen Fehlleistungen des anderen Beraters dann warnen, wenn er diese erkennt oder erkennen kann und zugleich annehmen muss, dass der Mandant die Gefahr möglicherweise nicht bemerkt ( aaO S. 1905; Vill, aaO).

18b) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass die Beklagte mit dem unterbliebenen Hinweis auf die Steuerschädlichkeit der Eintragung der Klägerin in das Handelsregister vor der Beurkundung der Kapitalerhöhung und der Übertragung der Anteile der GmbH auf sie ihre Hinweis- und Beratungspflichten aus dem Auftrag, die GmbH und deren Gesellschafter SC im Hinblick auf eine Übertragung der Gewinnvorträge zur Vermeidung der Publizierung dieser Gewinne zu beraten, verletzt hat.

19Bei dem Anfang November 2009 abgeschlossenen Steuerberatervertrag handelte es sich nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um eine werkvertragliche Verpflichtung mit Geschäftsbesorgungscharakter, die nicht auf eine dauernde Beratung der GmbH gerichtet war, sondern die eingeschränkte Aufgabe enthielt, einen Weg aufzuzeigen, auf dem der Gewinn der GmbH auf einen Dritten übertragen werden konnte, ohne damit die steuerlichen Folgen einer Gewinnausschüttung an den Gesellschafter auszulösen. Dieser Auftrag war zwar auf die Entwicklung eines entsprechenden Konzepts beschränkt. Mit der Umsetzung der Gestaltungsvorschläge der Beklagten hatte SC die Beklagte nicht beauftragt. Die Begleitung dieser Umsetzung oblag vielmehr den Streithelfern der Klägerin. Unabhängig von der Frage, ob der Auftrag der Beklagten mit der Übersendung der Aktenvermerke mit Schreiben vom abgeschlossen war, wie die Beklagte meint, oder ob aufgrund der fortdauernden Kontakte zwischen der Beklagten und den Streithelfern der Klägerin noch nicht von einer Erfüllung der werkvertraglichen Pflichten ausgegangen werden kann, muss aber von einer Verletzung der Beratungs- und Hinweispflichten der Beklagten anlässlich des während der notariellen Beurkundung am geführten Telefongesprächs ausgegangen werden.

20aa) Die Beklagte erhielt spätestens durch den Anruf des Geschäftsführers SC die Information, dass das von ihr entwickelte Konzept umgesetzt werden sollte, sofern ihr dies nicht schon aufgrund der fortdauernden telefonischen Kontakte mit den Streithelfern der Klägerin bekannt war. Sie konnte den Ausführungen des SC entnehmen, dass die Möglichkeit bestand, neben der Gründung der Klägerin auch die Kapitalerhöhung und den Tausch der Gesellschaftsanteile zeitgleich beurkunden zu lassen. Damit wären die Voraussetzungen des Schachtelprivilegs erfüllt gewesen, weil die Klägerin schon zu Beginn des Erhebungszeitraums mit mindestens 15 v.H. am Grund- und Stammkapital der GmbH beteiligt gewesen wäre. Da die Beklagte in dieser Situation nicht auf die Risiken des Auseinanderfallens der Beurkundung der Gründung der Klägerin und der nachlaufenden Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches hinwies, verletzte sie zumindest ihre nachvertragliche Pflicht, erhebliche Rechtsnachteile von der Klägerin abzuwenden. Ihr musste die Gefahr des Verlustes der Vorteile des Schachtelprivilegs, welche ihr als für derartige Vertragsgestaltungen besonders qualifizierter Beraterin bekannt sein musste, ins Auge springen. Die Gefahr, dass eine Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches erst nach der Eintragung der Klägerin erfolgte, war offensichtlich. Die Beklagte hätte deshalb SC auf keinen Fall in dem Vorhaben bestärken dürfen, die noch ausstehenden Beurkundungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Wenigstens hätte sie ihn darauf hinweisen müssen, dass noch vor der Eintragung der Klägerin in das Handelsregister die entsprechenden Beurkundungen vorgenommen werden mussten. Insoweit lagen im Hinblick auf die besondere Sachkunde, aufgrund derer die Beklagte beauftragt war, besondere Umstände vor, die sie verpflichteten, die drohenden Rechtsnachteile von der Klägerin abzuwenden. Damit kommt es schon nicht mehr darauf an, dass die Beklagte es auch in der Folgezeit, in der sie die Klägerin bei der Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches unterstützt und begleitet hat, weiterhin unterließ, auf die gewerbesteuerrechtlichen Risiken der Gewinnausschüttung innerhalb des Erhebungszeitraums ohne Sicherstellung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zu Beginn dieses Zeitraums hinzuweisen.

21bb) Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, nicht gewusst zu haben, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin als Gesellschafterin der GmbH die Gewinnausschüttung vornehmen wollte. Ihr war aufgrund des Inhalts ihres Auftrags, der auf eine Verlagerung des Gewinns noch im Jahre 2009 abzielte, bekannt, dass SC noch in diesem Jahr handeln wollte. Dies ergab sich auch aus der kurzfristigen Umsetzung ihres Konzepts, von der sie Kenntnis hatte. Zwar wäre eine steuerlich privilegierte Gewinnausschüttung im Folgejahr nach einer Anteilsübertragung im laufenden Jahr wieder möglich gewesen. Die Beklagte konnte aber ohne einen Hinweis auf den möglichen Verlust des Privilegs, den sie versäumte, nicht erwarten, dass die Klägerin die Gewinnausschüttung im Jahr 2009 nicht vornehmen würde. Die Vornahme der Ausschüttung im Jahre 2009 entsprach der Umsetzung ihres eigenen Konzepts, welches SC mit der Gründung der Klägerin ersichtlich in Angriff genommen hatte. Die Annahme, die nicht aufgeklärte GmbH könnte die Gewinnausschüttung erst 2010 vornehmen, um sich so die Vorteile des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs zu sichern, lag fern. Die Beklagte trägt auch nicht vor, die Klägerin wenigstens im Rahmen der Unterstützung der Suche nach einem kostengünstigeren Notar und der Begleitung der Beurkundung durch diesen Notar darauf hingewiesen zu haben, die Gewinnausschüttung erst im Folgejahr unter Inanspruchnahme des Schachtelprivilegs durchführen zu können.

22cc) Die Hinzuziehung der Streithelfer der Klägerin bei der Umsetzung des Konzepts entlastet die Beklagte nicht. Die Beklagte musste als besonders sachkundige Beraterin erkennen, dass die Streithelferin zu 1 die fehlende Einhaltung der Voraussetzungen des Schachtelprivilegs übersah und die Mandantin damit in die Gefahr brachte, den möglicherweise eintretenden Verlust des Privilegs nicht zu bemerken. Dies ergab sich ohne weiteres aus dem Anruf des Geschäftsführers am , der offensichtlich um die Risiken einer nachlaufenden Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches nicht wusste und damit in der Gefahr schwebte, die Vorteile des gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs zu verlieren. Mit Fallgruppen, in denen eine Hinweis- und Warnpflicht nur eingeschränkt besteht, weil der Mandant anderweitig beraten ist (vgl. , nv Rn. 2 mwN), ist der Streitfall deshalb nicht vergleichbar. Von einer zutreffenden Beratung durch die Streithelferin konnte die Beklagte nicht ausgehen. Die Beklagte hatte im Gegenteil erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die Streithelfer die Klägerin der Gefahr aussetzten, die Vorteile des Schachtelprivilegs zu verlieren. Diese Gefahr hat die Beklagte selbst vertieft, weil ihr Partner anlässlich des Telefonats am Beurkundungstag SC darin bestärkte, einstweilen von der Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches abzusehen.

232. Soweit die Beklagte sich gegen die Auslegung des Berufungsgerichts wendet, nach der die Klägerin in den Schutzbereich des zwischen SC beziehungsweise der GmbH und der Beklagten abgeschlossenen Steuerberatungsvertrags einbezogen war, sind diese Bedenken nicht berechtigt. Die Rechtsprechung, nach der ein Dritter mangels Schutzbedürftigkeit dann ausgeschlossen ist, wenn er wegen des Sachverhalts, aus dem er seinen Anspruch herleitet, einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch gegen den Gläubiger oder einen anderen hat, greift nicht ein.

24a) Ob ein bestimmter Dritter im Einzelfall in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen ist, ist zunächst eine Frage der Auslegung und insoweit vom Tatrichter zu entscheiden ( IVa ZR 20/82, NJW 1984, 355, 356; vom - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 6; vom - III ZR 156/13, ZIP 2014, 972 Rn. 9; D. Fischer in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, aaO, § 10 Rn. 2 mwN). Das Revisionsgericht prüft insoweit nur, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen wurde (st. Rspr., aaO mwN).

25b) Durchgreifende Bedenken bezüglich der Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte im Streitfall aus den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, ergeben sich nicht. Die Klägerin war in den Schutzbereich des Anwaltsvertrags einbezogen. Denn gerade sie war Gegenstand der Beratung, welche die Beklagte dem Gründungsgesellschafter schuldete; das Ergebnis der Beratung hatte unmittelbaren Einfluss auf ihren Vermögensstand, wie die Beklagte wusste. Sie war deshalb bei der Erfüllung ihrer Beratungspflichten der Klägerin gegenüber verantwortlich. Dieser kann daher ein Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch eine fehlerhafte oder unzulängliche Beratung bei ihrer Gründung eingetreten ist, erwachsen sein (vgl. , NJW 1985, 581, 582 mwN). Auf die von der Revision hervorgehobene Frage, ob es bedeutsam ist, dass die Pflicht, die Klägerin vor Schaden zu bewahren, die Beklagte nur als Nebenpflicht trifft, und die Streithelfer der Klägerin dagegen als Hauptpflicht, kommt es nicht an. Insoweit kann dahinstehen, ob den Streithelfern der Klägerin überhaupt eine Verletzung ihnen gegenüber der Klägerin obliegender Schutzpflichten anzulasten ist, was das Berufungsgericht nicht festgestellt hat.

26aa) Die Beklagte übersieht, dass die Streithelfer im Hinblick auf die Klägerin allenfalls gleichstufige Nebenpflichten trafen. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten hatten die Streithelfer den Auftrag, die Umsetzung des Konzepts aufgrund ihres Dauermandats zu begleiten, welches nicht mit der Klägerin, sondern mit SC und der GmbH bestand. Drittschützende Pflichten aus diesem Mandat, die Klägerin bei der Durchführung des Anteilstausches nicht zu Schaden kommen zu lassen, konnten damit auch nur als sekundäre Nebenpflichten und nicht als Hauptpflichten bestehen.

27bb) Damit ist auch der Angriff der Revision unbegründet, die Auslegung verstoße gegen die Rechtsprechung, nach der das Rechtsinstrument des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht eingreife, wenn der Geschädigte wegen des erlittenen Schadens über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfüge. Mögliche Ansprüche gegen die Streithelfer schließen die Haftung der Beklagten nicht aus.

28(1) Zwar ist, um die Haftung des Beraters nicht unbegrenzt auszudehnen, ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (vgl. , WM 2011, 2334 Rn. 6; vom - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 25; vom - IX ZR 56/15, ZIP 2016, 371 Rn. 26; Gehrlein, Anwalts- und Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn. 24 mwN; Gräfe in Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 6. Aufl., Rn. 437). Dies kann aber nicht gelten, wenn der in den Vertrag einbezogene Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts nur über einen inhaltsgleichen sekundären Schadensersatzanspruch verfügt. In diesem Fall kommt nur eine gesamtschuldnerische Haftung der aus mehreren Verträgen mit Schutzwirkung verantwortlichen Anspruchsgegner entsprechend der Haftung mehrerer Schädiger als Gesamtschuldner (vgl. Gehrlein, aaO Rn. 102 f mwN) in Betracht. Ein Verweis des geschützten Dritten auf den jeweils anderen Schädiger, der gleichstufig haftet, scheidet aus, weil andernfalls der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in einer derartigen Konstellation trotz Vorliegens der Voraussetzungen im Übrigen leerliefe. Die aufgrund der Schutzwirkung haftenden mehreren Schädiger könnten sich dem sekundären Schadensersatzanspruch des Geschädigten entledigen, indem sie auf den jeweils anderen verwiesen. Obwohl beide die drittschützenden Pflichten aus einem Beratervertrag verletzt hätten, könnten sie sich allein aufgrund des Umstandes, dass der in den Schutzbereich einbezogene Dritte doppelt oder sogar mehrfach geschädigt ist, ihrer Haftung entziehen. Eine solche Sichtweise würde dem aus der ergänzenden Vertragsauslegung und dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Zweck des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. D. Fischer in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, aaO) widersprechen.

29Die Auslegung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne sowohl die Beklagte als auch die Streithelfer der Klägerin in Anspruch nehmen, ist deshalb nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist bestimmungsgemäß sowohl mit der Hauptleistung der Beklagten, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln, als auch mit der Hauptleistung der Streithelfer, SC und die GmbH bei der Umsetzung dieses Konzepts zu begleiten, in Berührung gekommen. Ein unterschiedlicher Rang der Pflichten kann nicht festgestellt werden.

30(2) Die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Schädiger, die wegen eines gleichgelagerten Schadens aus Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Anspruch genommen werden, entspricht der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Rechtsanwälte, die haftungsrechtlich mehrere Ursachen für den eingetretenen Schaden setzen. Für sie gilt, dass grundsätzlich eine Haftung als Gesamtschuldner eintritt, wenn ein Schaden haftungsrechtlich auf mehreren Ursachen beruht, die von verschiedenen Personen gesetzt worden sind. Zivilrechtlich wird in diesen Fällen nicht danach unterschieden, ob einzelne Ursachen wesentlicher sind als andere (, NJW 1990, 2882, 2883 mwN; Gehrlein, aaO Rn. 102). Die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs auch gegen die Streithelfer der Klägerin würde deshalb nichts an der Haftung der Beklagten für den von ihr verursachten Schaden ändern.

313. Die pflichtwidrig unterlassene Beratung hinsichtlich der einzuhaltenden zeitlichen Abfolge der Gründung der Klägerin und der Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches ist ursächlich für den der Klägerin entstandenen Schaden geworden. Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (vgl. , ZIP 2015, 1684 Rn. 25 mwN, st. Rspr.; Gehrlein, aaO Rn. 104 ff) ausgegangen. Die Annahme, SC hätte die Beurkundung der Kapitalerhöhung und des Anteilstausches am auch dann unterlassen, wenn ihn die Beklagte auf die Risiken einer nachlaufenden Beurkundung der weiteren Teilakte hingewiesen hätte, ist nicht gerechtfertigt. Dass er die Alternative der Verschiebung der Gewinnausschüttung in das Folgejahr auch bei sachgerechter Beratung ernsthaft in Erwägung gezogen hätte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Zu dem Anlass für den Auftrag der Beklagten, ein Konzept zu entwickeln, mittels dessen der hohe Gewinn der GmbH nicht öffentlich wurde, gehörte es, dass dieses Konzept noch 2009 umgesetzt wurde.

324. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs und das Feststellungsinteresse der Klägerin, die einen weiteren Schaden erleiden könnte, wenn der von der Beklagten zu leistende Schadensersatz der Steuerpflicht unterworfen wird, wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

III.

33Die Revision der Beklagten gegen die Abweisung der Widerklage ist unbegründet, weil die Einbeziehung der Beklagten in das 2011 gegen die Klägerin geführte Betriebsprüfungsverfahren nur im Hinblick auf die Bedenken des Betriebsprüfers gegen die Anerkennung des Schachtelprivilegs erfolgt ist. Insoweit folgt der von der Revision in Abrede gestellte innere Zusammenhang mit dem von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus dem Aufforderungsschreiben des SC vom . Ein entsprechender Schadensersatzanspruch ist gegeben. Einen Anspruch auf Vergütung dieser Tätigkeit hat das Berufungsgericht deshalb mit Recht als nicht durchsetzbar angesehen (§ 242 BGB), weil die Beklagte einen entsprechenden Betrag sofort wieder im Wege des Schadensersatzes zu erstatten hätte.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:071217UIXZR25.17.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2018 S. 591 Nr. 5
DB 2018 S. 440 Nr. 8
DB 2018 S. 6 Nr. 8
DStRE 2018 S. 1334 Nr. 21
GmbH-StB 2018 S. 172 Nr. 6
GmbHR 2018 S. 410 Nr. 8
NWB-Eilnachricht Nr. 10/2018 S. 616
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2018 S. 272
WM 2018 S. 378 Nr. 8
ZIP 2018 S. 483 Nr. 10
MAAAG-72776