BFH Urteil v. - VIII R 1/01

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) verkaufte im Streitjahr 1991 seine im Jahr 1984 erworbene wesentliche Beteiligung (30 v.H.) an der W-GmbH. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die Höhe der Anschaffungskosten sowie die Frage streitig, ob wegen der nach Meinung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) um ... DM niedriger anzusetzenden Anschaffungskosten eine Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1991 gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zulässig ist. Dem liegt im Einzelnen der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die alleinige frühere Gesellschafterin der W-GmbH hatte im Zusammenhang mit der Veräußerung ihrer Geschäftsanteile an drei Erwerber, darunter den Kläger, das Stammkapital gemäß Gesellschafterbeschluss vom (Urkundsrolle Nr. 533 des beurkundenden Notars) um ... DM auf ... DM herabgesetzt.

Mit Vertrag vom selben Tage (Urkundsrolle Nr. 534) verkaufte sie an den Kläger:

”aa) den zweiten Geschäftsanteil im Nennwert von derzeit ... DM

(Nennwert nach Kapitalherabsetzung: ... DM) mit dinglicher

Wirkung zum heutigen Tage und Gewinnbezugsrecht ab

,

bb) von dem Geschäftsanteil, dessen Nennwert nach

Kapitalherabsetzung ... DM betragen wird, einen

Teilgeschäftsanteil im Nennwert von ... DM;”

Als Gegenleistung für den Verkauf und die Übertragung der Geschäftsanteile hatte der Kläger nach dem ursprünglichen Kaufvertrag insgesamt ... DM, nach dem Vertrag vom nur noch ... DM zu zahlen. Ferner ist im Kaufvertrag bestimmt, dass der aus der Kapitalherabsetzung frei werdende Betrag von ... DM allein der Veräußerin zusteht und in folgenden Teilbeträgen, frühestens jedoch nach Vollzug der Kapitalherabsetzung durch Eintrag im Handelsregister auszuzahlen sei: ... DM, ... DM und ... DM.

Mit einem einheitlichen Vertrag vom veräußerten der Kläger und die zwei weiteren Anteilseigner der W-GmbH ihre Beteiligungen an denselben Erwerber. Von dem Gesamtkaufpreis von ... DM entfielen ... DM (30 v.H.) auf den Kläger. Dieser Kaufpreis sollte sich um Kontaminationsschäden mindern, derentwegen noch Gutachten erstellt werden sollten. Wegen des auf den Kläger entfallenden Teils der Kontaminationsschäden behielt die Erwerberin einen Betrag von ... DM ein.

Erst während des Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteueränderungsbescheid für 1991 machte der Kläger einen Verlust aus der Veräußerung seiner GmbH-Anteile gemäß § 17 EStG in Höhe von ... DM geltend. Er hatte bei der Ermittlung dieses Verlustes neben dem gezahlten Kaufpreis und einem Gesellschafterzuschuss von ... DM auch Beträge im Zusammenhang mit der Kapitalherabsetzung als Anschaffungskosten angesetzt.

Der Berechnung des Verlustes von ... DM waren die Kopien sämtlicher Verträge im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Veräußerung der Geschäftsanteile beigefügt.

Das FA erbat das Einverständnis der Kläger mit einer Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, weil eine weitere Überprüfung des Sachverhalts nicht ausgeschlossen sei. Darauf erwiderten die Kläger, dass es ausreiche, den Bescheid ”hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsverlustes gemäß § 165 AO vorläufig ergehen zu lassen, da der Bescheid nur bezüglich dieses Sachverhalts ggf. einer weiteren Überprüfung bedarf”.

Das FA erließ daraufhin am einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1991, in dem es bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb den geltend gemachten Verlust berücksichtigte. Der Bescheid enthält die Erläuterung, dass er nach § 165 Abs. 1 AO 1977 teilweise vorläufig sei ”hinsichtlich der Einkünfte aus § 17 EStG gem. dem der Änderung vorgehenden Einspruchsverfahren”.

Der Kläger erhielt in der Folgezeit aufgrund gerichtlicher Verfahren Zahlungen, die seinen Veräußerungserlös erhöhten. Das FA erließ deshalb am einen Änderungsbescheid mit dem Hinweis:

”Der bisher berücksichtigte Veräußerungsverlust wurde um die Ausgleichszahlung aus dem ersten Rechtsstreit i.H.v. ... DM erhöht. Dieser Bescheid ergeht vorläufig in Bezug auf die Ermittlung der Einkünfte gemäß § 17 EStG.”

Der Änderungsbescheid vom wies einen Veräußerungsgewinn von ... DM aus und enthielt die Erläuterung:

”Dieser Bescheid ergeht vorläufig in Bezug auf die Ermittlung der Einkünfte gemäß § 17 EStG.”

Die Kläger begehrten mit ihrem Einspruch gegen diesen Bescheid die Herabsetzung des Veräußerungsgewinns auf ... DM.

Im Rahmen einer im Jahre 1996 bei den Klägern durchgeführten Betriebsprüfung ermittelte der Prüfer anstelle der vom Kläger für die GmbH-Beteiligung angesetzten Anschaffungskosten einen niedrigeren Betrag. Den vom Kläger aus der Kapitalherabsetzung berechneten Betrag von insgesamt ... DM sah der Prüfer nicht als Anschaffungskosten an.

Die Kläger nahmen daraufhin ihren Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom zurück. Sie machten geltend, eine Erhöhung des Veräußerungsgewinns auf den vom Prüfer ermittelten Betrag von ... DM scheide aus, da die Voraussetzungen für eine Änderung gemäß § 165 AO 1977 nicht vorlägen. Die Tatsachen für die Ermittlung der Anschaffungskosten hätten sich nicht geändert. Der Vorläufigkeitsvermerk habe sich lediglich auf zu erwartende Änderungen bezüglich des Veräußerungsvorgangs aus dem Jahre 1991 im Hinblick auf ausstehende Rechtsstreitigkeiten bezogen. Die Höhe der Anschaffungskosten sei unstreitig gewesen.

Das FA war der Auffassung, die Einkünfte aus der Veräußerung des GmbH-Anteils seien wegen des Vorläufigkeitsvermerks in vollem Umfang nachprüfbar. Es erließ am einen Änderungsbescheid, in dem es einen Veräußerungsgewinn in der vom Betriebsprüfer ermittelten Höhe ansetzte. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Aufgrund weiterer —unstreitiger— Zahlungen an den Kläger setzte das FA den Veräußerungsgewinn mit Bescheid vom auf ... DM und mit Bescheid vom auf ... DM herauf. Es wies den Einspruch am als unbegründet zurück.

Mit der Klage begehrten die Kläger, den Veräußerungsgewinn auf ... DM herabzusetzen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur zu einem geringen Teil insoweit statt, als es die Veräußerungskosten erhöhte. Im Übrigen wies es die Klage mit der Begründung ab, dass der Vorläufigkeitsvermerk im Bescheid vom dahin zu verstehen sei, dass er hinsichtlich der tatsächlichen Ermittlung der Einkünfte gemäß § 17 EStG in vollem Umfang vorläufig sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 543 veröffentlicht.

Die Kläger rügen mit ihrer Revision eine Verletzung der §§ 165, 124 AO 1977.

Sie beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1991 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahin gehend abzuändern, dass der Veräußerungsgewinn auf ... DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass sich der Vorläufigkeitsvermerk in dem geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1991 auch auf die Höhe der Anschaffungskosten erstreckt hat und das FA deshalb gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 auch insoweit zu einer Änderung befugt war. Die Auffassung des FG, die Zahlungen der GmbH von ... DM und ... DM hätten nicht zu Anschaffungskosten des Klägers i.S. des § 17 Abs. 2 EStG geführt, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

1. Die Entscheidung des FG, der Bescheid vom , der durch den angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom geändert wurde, sei wegen der Berechnung des Veräußerungsverlustes oder -gewinns des Klägers aus § 17 EStG in vollem Umfang vorläufig ergangen, ist rechtsfehlerfrei.

a) Ein Vorläufigkeitsvermerk wird als unselbständige Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt in gleicher Weise wie dieser selbst mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird (vgl. §§ 120, 122, 124 Abs. 1 AO 1977; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791). Das bedeutet, dass die Reichweite der Vorläufigkeit dem dafür im Bescheid angeführten Grund zu entnehmen oder aus sonstigen Umständen im Wege der Auslegung zu ermitteln ist (vgl. , BFHE 155, 8, BStBl II 1989, 130; vom IX R 282/87, BFH/NV 1991, 506; vom III R 59/89, BFH/NV 1992, 464; vom V R 106/91, BFH/NV 1995, 466). Dabei ist entscheidend, wie der Adressat den Vorläufigkeitsvermerk nach den ihm bekannten Umständen —seinem ”objektiven Verständnishorizont"— unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. , BFHE 190, 44, BStBl II 2000, 282, 283, m.w.N.).

Im Streitfall hat das FG zu Recht angenommen, dass sich die jeweiligen Vorläufigkeitsvermerke ihrem Wortlaut nach auf die Ermittlung der Einkünfte gemäß § 17 EStG insgesamt und nicht nur auf einen einzelnen Bestandteil des Veräußerungsgewinns erstreckt haben. Die Kläger konnten den weit gefassten Vorläufigkeitsvermerk auch unter Berücksichtigung der Korrespondenz, die sie vorher im Einspruchsverfahren mit dem FA geführt hatten, nicht einschränkend dahin verstehen, dass sich die Vorläufigkeit nur auf den Veräußerungserlös beziehen sollte. Denn das FA hatte sie um die Mitteilung gebeten, ob sie mit dem Erlass eines Bescheides unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO 1977) einverstanden seien; sie hatten darauf erwidert, dass es ausreiche, den Bescheid hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsverlustes gemäß § 165 AO 1977 vorläufig ergehen zu lassen, da der Bescheid nur bezüglich dieses Sachverhalts ggf. einer weiteren Überprüfung bedürfe. In dieser Situation hatten die Kläger keinen Anlass anzunehmen, dass das FA den jeweiligen Bescheid nur wegen der Ungewissheit über die Höhe des vom Kläger tatsächlich erzielten Verkaufspreises und nicht wegen der Berechnung insgesamt für vorläufig erklären wollte.

b) Der danach wegen der Berechnung der Einkünfte aus § 17 EStG insgesamt mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehene Bescheid vom war auch rechtswirksam und nicht nichtig, obwohl der Grund für die Vorläufigkeit in diesem Bescheid nicht —wie von § 165 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 gefordert— angegeben war. Für die Rechtswirksamkeit reicht es aus, dass sich der Umfang der Vorläufigkeit aus dem Wortlaut der Erläuterung und den sonstigen Umständen ergab und diese Nebenbestimmung damit hinreichend bestimmt war (vgl. §§ 119 Abs. 1, 125 AO 1977). Wird —wie im Streitfall— der Rahmen der Änderbarkeit durch den Vorläufigkeitsvermerk hinreichend deutlich abgesteckt, hat nach der Rechtsprechung des BFH der Verstoß gegen § 165 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 lediglich die Rechtswidrigkeit des Bescheides, nicht aber seine Nichtigkeit zur Folge (vgl. , BFH/NV 1992, 579; , BFH/NV 1992, 703; in BFH/NV 1995, 466).

c) Da die Kläger ihren Einspruch gegen den Bescheid vom zurückgenommen haben, ist dieser Bescheid nebst dem darin enthaltenen Vorläufigkeitsvermerk bestandskräftig geworden. Die Bestandskraft hat zur Folge, dass Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung nicht mehr erhoben werden können (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 1991, 506; in BFH/NV 1992, 464; vom IX R 93/97, BFHE 192, 241, BStBl II 2001, 9).

2. Die rechtswirksame und wegen der Berechnung der Einkünfte aus § 17 EStG in vollem Umfang vorläufige Steuerfestsetzung in dem Bescheid vom konnte entgegen der Auffassung der Revision gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 auch wegen der Höhe der Anschaffungskosten geändert werden.

a) Nach der Rechtsprechung des BFH darf nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 eine Steuer nur vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für ihre Entstehung vorliegen. Hierzu hat der BFH wiederholt entschieden, dass die von § 165 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 vorausgesetzte Ungewissheit sich auf Tatsachen beziehen müsse (, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, 280, m.w.N.) und dass eine Unsicherheit in der steuerrechtlichen Beurteilung eines feststehenden Sachverhalts kein hinreichender Grund für die Anordnung der Vorläufigkeit sei (, BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648; in BFH/NV 1991, 506; BFH-Beschlüsse vom II B 71/90, BFH/NV 1992, 719; vom I B 111/97, BFHE 186, 313, BStBl II 1998, 702).

Nach dem BFH-Urteil in BFHE 143, 500, BStBl II 1985, 648 ist eine Änderung eines bestandskräftigen vorläufigen Bescheides selbst dann nicht wegen einer geänderten steuerlichen Beurteilung zulässig, wenn sich der dem vorläufigen Bescheid beigefügten Erläuterung entnehmen lässt, dass sich die Vorläufigkeit auf eine bestimmte Einkunftsart insgesamt beziehen soll. Denn der Umfang der Vorläufigkeit werde durch die Tatsachen bestimmt, die die Finanzbehörde als ungewiss ansehe. Deshalb müsse im Vorläufigkeitsvermerk auch angegeben werden, wegen welcher als ungewiss angesehener Tatsachen sich die Finanzbehörde eine weitere Prüfung vorbehalte (vgl. § 165 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Sei der Vorläufigkeitsvermerk rechtswidrig, weil der Grund der Vorläufigkeit nicht angegeben sei, könne der —bestandskräftige— Bescheid gleichwohl nicht wegen einer veränderten rechtlichen Beurteilung geändert werden. Die Finanzbehörde könne ihren durch § 165 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 gesetzlich begrenzten Handlungsspielraum nicht durch einen erweiterten Vorläufigkeitsvermerk ausdehnen (ebenso BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1992, 719; in BFHE 186, 313, BStBl II 1998, 702).

b) Entgegen der Auffassung der Kläger hing im Streitfall die Entscheidung, in welcher Höhe dem Kläger insgesamt Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG entstanden sind, nicht allein von einer rechtlichen Würdigung der dem FA vorgelegten Verträge ab. Das FA konnte vielmehr bei seiner Ermessensentscheidung zugunsten eines umfassenden Vorläufigkeitsvermerks in dem Bescheid vom davon ausgehen, dass auch wegen der Höhe der Anschaffungskosten noch Fragen tatsächlicher Art aufzuklären waren.

Zum einen lag wegen des vom Kläger als nachträgliche Anschaffungskosten geltend gemachten sog. verlorenen Zuschusses von insgesamt ... DM dem FA nur ein Konzept für eine Zahlungsverpflichtung vor, das von den Gesellschaftern nicht unterschrieben war. Deshalb konnte das FA insoweit trotz der in dem Schreiben der Erwerberin vom erklärten Aufrechnung (vgl. auch § 3 Abs. 3 des Kaufvertrages vom ) annehmen, dass insoweit noch eine abschließende Überprüfung erforderlich sei.

Zum anderen lässt sich auch nicht allein durch eine rechtliche Würdigung des Wortlauts der vom Kläger vorgelegten Verträge zweifelsfrei beantworten, wem die Zahlungen an die Veräußerin von insgesamt ... DM im Zusammenhang mit der Kapitalherabsetzung wirtschaftlich zuzurechnen sind. Vielmehr war für eine abschließende Beurteilung die Frage klärungsbedürftig, aus welchen Mitteln die Zahlungen tatsächlich geleistet worden sind. Die Zahlungsverpflichtung ist im II. Abschnitt des Kaufvertrages vom ausdrücklich als ”Gegenleistung für den Verkauf und die Übertragung der Geschäftsanteile” festgelegt worden. Dies deutet auf eine Leistung hin, die von den Käufern und damit anteilig vom Kläger geschuldet sein sollte. Auf der anderen Seite war in dem Kaufvertrag der sich nach der Kapitalherabsetzung ergebende Nennbetrag bezeichnet und die Zahlungen waren —anders als der für den jeweiligen Erwerber ausdrücklich als Kaufpreis bezeichnete Betrag— von der GmbH zu erbringen. Deshalb bestanden aus der Sicht des FA auch wegen der Höhe der Anschaffungskosten noch Ungewissheiten tatsächlicher Art.

So hätten auch bei einer Zahlung durch die GmbH die in Raten geschuldeten Beträge von insgesamt ... DM beispielsweise dann und insoweit zu Anschaffungskosten der Käufer i.S. des § 17 Abs. 2 EStG geführt, wenn sie aus (offenen oder verdeckten) Gewinnausschüttungen der GmbH an die neuen Gesellschafter erbracht worden wären, die diese Beträge sodann wieder in die GmbH eingelegt hätten (vgl. dazu Senatsurteil vom VIII R 7/99, BFHE 192, 554, BStBl II 2001, 173; vgl. ferner auch , BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43), oder wenn sie aus dem verwendbaren Eigenkapital aufgebracht worden wären. Eine Aufbringung der Zahlung an die Veräußerin aus ausgeschütteten und wieder eingelegten Mitteln konnte auch nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Im Kaufvertrag vom war ausdrücklich festgelegt, dass das Gewinnbezugsrecht den Käufern ab dem zustehen solle, und nach dem Vertrag vom sollte der noch offene Betrag von insgesamt ... DM bis zum gezahlt werden.

3. Die Vorentscheidung lässt auch keine Fehler erkennen, soweit sie die vom Kläger geltend gemachten Beträge von ... DM und ... DM nicht den Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG zugeordnet hat. Das FG hat sich bei seiner Entscheidung zu Recht nicht auf eine Wortlautauslegung der einschlägigen vertraglichen Regelungen beschränkt, sondern ausdrücklich auch darauf abgestellt, dass der Kläger nicht dargetan habe, dass die Zahlungen aus seinem Vermögen bestritten worden seien (S. 15 des Urteils). Es hat also richtig erkannt, dass letztlich für die Qualifizierung der Zahlungen der GmbH an die Veräußerin als Anschaffungskosten des Klägers i.S. des § 17 Abs. 2 EStG die tatsächliche Mittelherkunft ausschlaggebend war. Die Kläger haben mit der Revision nicht geltend gemacht, dass sie entgegen der Feststellung im angefochtenen Urteil im finanzgerichtlichen Verfahren Tatsachen vorgetragen hätten, die die Schlussfolgerung gerechtfertigt hätten, die Zahlung der GmbH an die Veräußerin von insgesamt ... DM sei in Wirklichkeit nicht aus den Stammeinlagen, sondern aus Einlagen des Klägers und deshalb aus dessen Vermögen aufgebracht worden.

Soweit die Revision geltend macht, eigene Anschaffungskosten des Klägers lägen deshalb vor, weil das freiwerdende Nennkapital nicht etwa der Gesellschaft selbst, sondern den einzelnen Gesellschaftern zufließe und somit nur diese eine in ihrer Person begründete Verbindlichkeit gegenüber der Altgesellschafterin hätten begleichen können, folgt der Senat dem nicht. Er hält vielmehr die Würdigung des FG für zutreffend, dass die Käufer wirtschaftlich betrachtet nur die sich nach der Kapitalherabsetzung ergebenden Geschäftsanteile in Höhe von insgesamt ... DM erwerben wollten und sie deshalb bei Aufbringung der Mittel für die Zahlungen an die Veräußerin aus dem freiwerdenden Nennkapital keine Aufwendungen hatten, die zu eigenen Aufwendungen und damit Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG geführt haben.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 465 Nr. 4
XAAAA-68866