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Online-Nachricht - Mittwoch, 31.01.2018

Bewertung | Berücksichtigung von Sanierungskosten in einem Sachverständigengutachten (BFH)

Ist im Ertragswertverfahren dem schlechten Zustand eines Gebäudes bei Erträgen, Bewirtschaftungskosten und Restnutzungsdauer nicht Rechnung getragen worden, können Instandsetzungskosten durch Abschläge zu berücksichtigen sein. Aus dem Gutachten muss sich jedoch ergeben, wie sich die Mängel und Schäden auf den Verkehrswert auswirken (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 138 Abs. 1 Satz 1 BewG werden Grundbesitzwerte unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt festgestellt. Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens sind die Grundbesitzwerte unter Anwendung der §§ 139 und 145 bis 150 BewG zu ermitteln (§ 138 Abs. 3 Satz 1 BewG). Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit im Besteuerungszeitpunkt niedriger ist als der nach den §§ 145 bis 149 BewG ermittelte Wert, ist gemäß § 138 Abs. 4 Satz 1 BewG der gemeine Wert als Grundbesitzwert festzustellen. Der Steuerpflichtige trägt insoweit die Nachweislast

Sachverhalt: Streitig ist die Bewertung des Grundstücks des Klägers, das er Ende 2017 von seiner Mutter M geschenkt bekommen hatte: Auf dem Grundstück befindet sich ein um das Jahr 1900 erbautes Miethaus mit insgesamt 23 vermieteten Wohneinheiten und einer leer stehenden Wohnung. Eine durchgreifende Sanierung hatte seit der Errichtung des Gebäudes nicht stattgefunden. Der vom Kläger beauftragte Gutachter ging von einen Ertragswert von 800.000 € aus, von dem er pauschale Kosten für die Beseitigung eines Reparaturstaus von 170.000 € abzog und so einen bereinigten Ertragswert/Verkehrswert von 630.000 € berechnete.

Grundlage seiner Berechnung war die Besichtigung des Objekts im Außen- und exemplarisch im Innenbereich. Das Gebäude habe insgesamt einen verbrauchten baulichen Zustand aufgewiesen. Aus Angaben der M schloss der Sachverständige, dass sich die Ausstattung von 16 der 24 Wohneinheiten größtenteils noch im Zustand nach Erstellung des Gebäudes befunden habe. Für die Gebäudehülle und die 16 Wohnungen sei nach überschlägiger Schätzung von einem Investitionsbedarf von mindestens 170.000 € auszugehen. Auf die 16 Wohnungen entfalle ein Anteil von ca. 116.000 €.

Das FA erkannte das Gutachten mangels Plausibilität nicht an und ging von einem nach § 146 Abs. 2 und 4 BewG berechneten Grundbesitzwert von 782.000 € aus.

Die Bausachverständige des FA, die vier Wohnungen des Objekts besichtigen konnte, setzte während des Einspruchsverfahrens den Verkehrswert auf 699.000 € (800.000 € ./. 101.000 €) herab. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Zur Ordnungsmäßigkeit eines Sachverständigengutachtens gehören methodische Qualität und eine zutreffende Erhebung und Dokumentation der Begutachtungsgrundlagen.

  • Ist im Ertragswertverfahren dem schlechten Zustand eines Gebäudes bei Erträgen, Bewirtschaftungskosten und Restnutzungsdauer nicht Rechnung getragen worden, können Instandsetzungskosten durch Abschläge zu berücksichtigen sein.

  • Aus dem Gutachten muss sich jedoch ergeben, wie sich die Mängel und Schäden auf den Verkehrswert auswirken.

  • Je weniger unmittelbare tatsächliche Erkenntnisse des Sachverständigen vorliegen, umso geringer ist der Nachweiswert des Gutachtens.

  • Nach diesen Grundsätzen ist das vom Kläger vorgelegte Gutachten zum Nachweis eines höheren Abzugs von Instandsetzungskosten und damit eines niedrigeren Werts des Grundstücks nicht geeignet. Dem Gutachten ist nicht zu entnehmen, inwieweit sich der Verkehrswert des Grundstücks aufgrund des Reparaturstaus mindert.

  • Nähere Erläuterungen zur Minderung des Verkehrswerts wären vor allem deshalb erforderlich gewesen, weil im Gutachten der vorläufige Ertragswert nach den am Stichtag erzielten Mieten und hinsichtlich der leer stehenden Wohnung nach der erzielbaren Miete ermittelt und der Verkehrswert durch Abzug der geschätzten Renovierungskosten von 170.000 € vom vorläufigen Ertragswert von 800.000 € berechnet wurde.

Hinweis:

Im Ergebnis hat der BFH das Gutachten verworfen, weil der Sachverständige sich nicht hinreichend mit dem Zustand sämtlicher Wohnungen auseinandergesetzt hatte und den Einfluss der Sanierungsmaßnahmen auf die erzielbaren Mieten nicht berücksichtigt hat. Werden Bewertungsgutachten in Auftrag gegeben und geht es um die Berücksichtigung von Instandsetzungsstaus, sollte sichergestellt werden, dass diese den Anforderungen des BFH entsprechen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
PAAAG-71495