Erbrecht | Verrechnung Pflichtteil mit Darlehensschuld (OLG)
Kann eine Erbin gegenüber einem
Pflichtteilsanspruch mit einer zum Nachlass gehörenden Darlehensforderung gegen
den Pflichtteilsberechtigten aufrechnen, muss sie keinen Pflichtteil zahlen
(; Revision
anhängig).
Sachverhalt: Der Kläger
und die Beklagte sind Geschwister. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der
Kläger den Pflichtteil nach der im September 2011 im Alter von 86 Jahren
verstorbenen Mutter der Parteien. Nach dem Tode ihres Ehemanns im Jahre 1994
war die ihren Mann allein beerbende Mutter Alleineigentümerin eines
Hausgrundstücks. Auf diesem hatte der Kläger in den 1970er Jahren einen Anbau
an das Wohnhaus seiner Eltern errichtet. Im Rahmen einer Umschuldung des
Klägers Anfang der 1990er Jahre erwarb sein im Jahre 1970 geborener Sohn das
Teilgrundstück mit dem Anbau. Von seinen Eltern erhielt der Kläger nach einem
notariell beurkundeten Vertrag aus dem Jahre 1992 ein Darlehen, welches in Höhe
von 95.000 DM (entspricht 48.572,73 Euro) noch nicht getilgt
ist.
Mit einem im Jahre 1998 errichteten Testament bestimmte
die ihren Ehemann allein beerbende Mutter die Beklagte zu ihrer Alleinerbin und
ordnete an, dass sich der Kläger den nicht zurückgezahlten Darlehensbetrag auf
seinen Pflichtteil anrechnen lassen müsse. Nach dem Tode der Mutter hat der
Kläger von der Beklagten einen mit ca. 44.650 Euro berechneten Pflichtteil
geltend gemacht, dessen Zahlung die Beklagte nach Aufrechnung mit dem
zwischenzeitlich gekündigten Darlehen verweigerte. Zur Begründung seiner gegen
die Beklagte erhobenen Zahlungsklage hat der Kläger unter anderem vorgetragen,
keine Darlehensrückzahlung zu schulden. Der Darlehensvertrag aus dem Jahre 1992
sei ein Scheingeschäft gewesen und von seiner damaligen Bank erzwungen worden.
Seine Bankschulden hätten seine Eltern gegen seinen Willen bezahlt und eine
Erstattung von ihm, dem Kläger, nie eingefordert.
Das OLG Hamm führte hierzu u.a. aus:
Dem Kläger steht zwar ein Pflichtteilsanspruch in der geltend gemachten Höhe zu. Dieser ist jedoch durch die Aufrechnung der Beklagten mit der Darlehensrückzahlungsfoderung erloschen.
Infolge des Erbfalls hat die Beklagte den Darlehensrückzahlungsanspruch ihrer Mutter gegen den Kläger erworben. Mit diesem Rückzahlungsanspruch konnte sie gegenüber dem Pflichtteilsanspruch aufrechnen.
Dem Kläger ist 1992 von seinen Eltern ein Darlehen zur Ablösung seiner Schulden gewährt worden, das in Höhe von 95.000 DM (48.572,73 Euro) noch nicht getilgt ist. Die notarielle Vereinbarung aus dem Jahre 1992 bestätigt diese Rückzahlungsverpflichtung, die der Kläger in der Urkunde anerkannt hat.
Dass die beurkundete Vereinbarung ein Scheingeschäft gewesen oder vom Kläger seinerzeit durch ein unlauteres Verhalten seiner Bank erzwungen worden ist, hat der Kläger nicht bewiesen.
Das Verfahren ist beim BGH unter dem Az. BGH IV ZR 118/17 anhängig.
Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung v. 26.01.2018 (Ls)
Fundstelle(n):
KAAAG-71329