Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann, der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH war, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Einkommensteuerbescheid 1992 erfasste der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) eine im November 1993 beschlossene offene Gewinnausschüttung der GmbH an den Ehemann der Klägerin und rechnete Körperschaft- und Kapitalertragsteuern in Höhe von ... DM auf die Einkommensteuer an.
Auf entsprechenden Einspruch erfasste das FA die Gewinnausschüttung nicht mehr im Einkommensteuerbescheid 1992, sondern nunmehr im Einkommensteuerbescheid 1993. Auch die Steueranrechnungsbeträge wurden sodann bei der Abrechnung im Einkommensteuerbescheid 1993 berücksichtigt. Eine Änderung des Abrechnungsteils im Einkommensteueränderungsbescheid 1992 erfolgte jedoch nicht.
Nach Aufdeckung des Fehlers erließ das FA einen auf § 130 Abs. 2 Nr. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützten geänderten Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1992 und forderte den Anrechnungsbetrag nebst angefallener Zinsen von der Klägerin —zugleich als Rechtsnachfolgerin für den Ehemann— zurück.
Die gegen den auf Antrag der Klägerin erlassenen Abrechnungsbescheid nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Änderungsbefugnis folge aus § 129 AO 1977. Die Erfassung der Anrechnungsbeträge in 1992 trotz Nichterfassung der Einnahmen in diesem Jahr habe nur auf einer reinen Unachtsamkeit des Bearbeiters beruht, die einem Schreib- oder Rechenfehler gleichkomme. Es handele sich um eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit im Sinne eines mechanischen Versehens. Der Änderungsbescheid sei auch nicht formell fehlerhaft, insbesondere habe es im Hinblick auf § 119 Abs. 4 AO 1977 einer Unterschrift nicht bedurft. Im Übrigen wäre das Fehlen der Unterschrift gemäß § 127 AO 1977 unbeachtlich.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des FG richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und das Abweichen von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) geltend gemacht wird.
II. Die gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) nach der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum In-Kraft-Treten jenes Gesetzes geltenden Fassung (FGO a.F.) zu beurteilende Beschwerde ist unzulässig, weil in ihrer Begründung keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO a.F. in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entsprechenden Weise dargelegt bzw. bezeichnet ist.
1. Bei einer auf Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde muss der Beschwerdeführer außer der genauen Bezeichnung der Divergenzentscheidung des BFH auch dartun, dass das erstinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. Dabei sind in der Beschwerdeschrift die abstrakten Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau zu bezeichnen, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 258/98, BFH/NV 1999, 819, und vom III B 6/00, BFH/NV 2000, 1121, ständige Rechtsprechung).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Soweit die Klägerin die Abweichung des angefochtenen Urteils von der Entscheidung des (BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372) rügt, fehlt es bereits an der Darlegung und Gegenüberstellung der abstrakten Rechtssätze, welche der BFH einerseits und das FG andererseits den Entscheidungen zugrunde gelegt haben.
Im Übrigen liegt die gerügte Abweichung nicht vor. Das FG stellt seinen Ausführungen unter Bezugnahme auf das (BFH/NV 1988, 277) den Rechtssatz voran, dass offenbare Unrichtigkeiten i.S. des § 129 AO 1977 auch mechanische Fehler seien, die ebenso mechanisch, d.h. ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können. Eine Berichtigung sei ausgeschlossen, wenn die nicht nur theoretische Möglichkeit eines Fehlers in der Tatsachenwürdigung oder bei der Anwendung der Rechtsnorm bestehe. Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliege, müsse nach den Verhältnissen des Einzelfalles beurteilt werden.
Diesen Rechtssatz hat der BFH in der von der Klägerin bezeichneten Entscheidung in BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372 nahezu wörtlich, ebenfalls mit dem Hinweis auf die Entscheidung des BFH in BFH/NV 1988, 277 vorangestellt. Die von der Klägerin der BFH-Entscheidung in BFHE 191, 226, BStBl II 2000, 372 entnommenen Ausführungen, wonach die ”blinde” Übernahme von Werten für einen anderen Veranlagungszeitraum ohne gleichzeitige Korrektur für den ersten Veranlagungszeitraum dem Bereich der unterlassenen Sachverhaltsaufklärung zuzuordnen sei und (im Ergebnis) wegen Verletzung der Amtsermittlungspflicht kein mechanisches Versehen vorliege, stellen keine abstrakten Rechtssätze dar. Es handelt sich dabei vielmehr um die Würdigung des Sachverhaltes unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtssätze. Die Ausführungen der Klägerin zielen damit im Ergebnis darauf ab, dass das FG die höchstrichterliche Rechtsprechung auf den vorliegenden Einzelfall unzutreffend angewandt habe. Die behauptete unrichtige Rechtsanwendung des FG stellt aber keinen Zulassungsgrund dar.
2. Zur ordnungsgemäßen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. bedarf es der Auseinandersetzung mit der dazu bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Darlegung, warum diese Rechtsprechung zu der für grundsätzlich und daher klärungsbedürftig gehaltenen Frage keine Klärung gebracht hat (, BFH/NV 1988, 304).
Der Vortrag der Klägerin entspricht nicht diesen Anforderungen. Die in der Beschwerdeschrift aufgeworfene Frage, ob § 119 Abs. 4 AO 1977 nur für Bescheide gelten könne, für die ein Formular verwendet werde, welches nicht wesentlich handschriftlich geändert worden sei, ist bereits mehrfach durch den BFH entschieden worden. In der Entscheidung vom VI R 41/81 (BFHE 144, 240, BStBl II 1986, 169) hat der BFH ausgeführt, formularmäßig ergingen Bescheide, für die ein Formular verwendet wird, das ausgefüllt werden kann, aber nicht wesentlich abgeändert werden darf. In ähnlicher Weise hat sich der BFH in seinem Urteil vom VIII R 353/83 (BFH/NV 1988, 3) geäußert und hinzugefügt, der Formularmäßigkeit stehe nicht entgegen, wenn kurze Erläuterungen in dem vorgesehenen Freiraum hinzugesetzt würden.
Mit dieser Rechtsprechung des BFH hätte sich die Klägerin in der Beschwerdeschrift auseinander setzen müssen. Das ist nicht geschehen. Im Ergebnis wendet sich die Klägerin auch mit diesem Vorbringen gegen die Rechtsanwendung des FG, worauf aber, wie dargestellt, die Zulassung nicht gestützt werden kann.
3. Soweit die Klägerin eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von der BFH-Entscheidung in BFHE 144, 240, BStBl II 1986, 169 rügt, fehlt es bereits an der Herausarbeitung eines divergierenden Rechtssatzes, welchen das FG bei seiner Entscheidung zugrunde gelegt haben soll.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 920 Nr. 7
BAAAA-68749